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Wohlklang

»Doch der Wohlklang entsteht nicht allein durch die Verbindung der langen und kurzen Sylben: es kömmt auch sehr auf die Wahl harmonischer Wörter an.«

[Gedanken über die Natur der Poesie, X 221]

»Der Wohlklang, oder der Klang der Wörter, wie er überhaupt, und im Einzelnen, durch Stärke, oder Sanftes zum Inhalte paßt, der Wohlklang ist der Verskunst zwar auf keine Weise gleichgültig: allein er ist schwächerer Ausdruck. Überdieß ist er im Einzelnen auch selten anzutreffen. Denn es sind eben nicht viel Wörter in den Sprachen, deren Klang mit dem Sinne überein komme.«

[Vom deutschen Hexameter, X 129]

Wohlklang entsteht, wenn Vokale und Konsonanten so zusammengesetzt werden, daß die Laute dem Ohre gefallen; hier muß der Zusammenstoß rauher und harter Mitlaute und die Häufung derselben Vokale möglichst vermieden werden. Man pflegt dis wohl auch Melodie zu nennen, wie wenn man von dem Italiänischen sagt, es sei eine melodische Sprache; allein dis Wort bezeichnet mehr eine Abwechslung der Töne in Hinsicht auf Höhe und Tiefe.

[Klopstock’s Oden und Elegien, Bd.2, 137 (Anm.)]

Wortbewegung

Die ›Bewegung der Worte‹, die sich einerseits durch die Sylbenzeit mit den Größen Langsamkeit und Schnelligkeit, andererseits durch Zeitausdruck und Tonverhalt bestimmt wird.

»Sie [die Wortbewegung] ist die Hauptsache, worauf es in der Verskunst ankommt.«

[Vom deutschen Hexameter, X 129]

»Wir bekommen die Vorstellungen, welche die Worte, ihrem Sinne nach, in uns hervorbringen, nicht völlig so schnell, als die, welche durch die Worte, ihrer Bewegung nach, entstehen. Dort verwandeln wir das Zeichen erst in das Bezeichnete; hier dünkt uns die Bewegung gerade zu das durch sie Ausgedrückte zu seyn. Diese Täuschung muß dem Dichter eben so wichtig seyn, als ob sie ihm vortheilhaft ist.«

[Vom deutschen Hexameter, X 149f.]

Außer dem Wohlklange und dem Tonausdruck ist dem Dichter die Bewegung der Worte wichtig. Diese bezieht sich auf die Länge und Kürze der Zeit, womit die Laute gesprochen werden. Sieht man bloß darauf, daß sich die Worte langsam oder schnell bewegen, so heißt sie Zeitausdruck.

[Klopstock’s Oden und Elegien, Bd.2, 137 (Anm.)]

Wortfuß

»Durch den Gebrauch der künstlichen oder der Füße der Regel entstehen Wortfüße, welche die eigentlichen Theile des Verses sind, und auf die auch der Zuhörer, den die künstlichen gar nichts angehn, allein achtet.«

»Die der Vorschrift gemäß gebrauchten Wörter werden, in Ansehung ihrer Bewegung, und nur von dieser Seite betrachtet man sie hier, Wortfüße genannt. […] Diese bestehen nicht immer aus einzelnen Wörtern, sondern oft aus so vielen, als, nach dem Inhalte, zusammen gehören, und daher beynah wie Ein Wort müssen ausgesprochen werden; doch dieß unter der Einschränkung, daß, wenn ein Wort viele Sylben hat, es nicht mit zu dem, welchem es dem Sinn nach zugehört, genommen wird. Denn es füllt in diesem Falle das Ohr zu sehr, um nicht für sich einen Fuß auszumachen.«

[Vom deutschen Hexameter, X 131]

»Die Wortfüße, die wir mit den Griechen haben, sind:

xx, xxx, xxx, xxxx, xxxx, xxxxx,

xx, xxx, xxx, xxxx, xxx

[Vom deutschen Hexameter, X 52]

»Die in den Wortfüßen versteckten künstlichen gehn die Zuschauer gar nichts an. Er hört sie nicht; er hört nur die Wortfüße: und fällt, nach diesen allein, sein Urtheil über den Vers.«

[Vom deutschen Hexameter, X 132]

»Man betrachtet die künstlichen Füße für sich allein, und schlägt sich dabey alles, was Wort heißt, aus dem Sinn. Hierauf bemerkt man, wenn man will, auch die Wortfüße, deren versteckte Schooßkinder die künstlichen sind.«

[Grammatische Gespräche
›Die Verskunst‹, IX 303]

Jenen Eindruck auf das Ohr und Gemüth machen die Sylbenfüße, pedes, nicht für sich, sondern die aus ihnen gebildeten Rhythmen oder Wortfüße, d.i. die kleinen Teile der Sätze oder Perioden, die in richtigem Sprechen, ohne alle Pause, zusammengefaßt werden. Die, in den Wortfüßen versteckten künstlichen oder Sylbenfüße (pedes) unterscheidet der Zuhörer oder beachtet sie nicht; ihm sind nur die Wortfüße, als Teile des Verses, hörbar. (Doch macht zuweilen ein längerer Vers z.B. der Choriamb, einen Rhythmus aus.) Der Dichter will nicht, daß man die pedes hören lasse oder skandire, sondern, daß man ihn in gewöhnlichem, natürlichem Ton fortlese, da sich denn der Rhythmus oder der Numerus von selbst ergiebt.

[Klopstock’s Oden und Elegien, Bd.2, 138 (Anm.)]

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