Karl Wilhelm Ferdinand
v. Funck, Robert Guiscard Herzog von Apulien und Calabrien,
in: Die Horen 9 (1797), 1. Stück, 1-58; 2. Stück, 1-33;
3. Stück, 1-14; darin: 3. Stück, 5-9
Ein fürchterliches Blutgericht verlängerte die Schrecken der
verödeten Stadt, nachdem die Wuth des ersten Sturms sich gelegt hatte. Das Beil des
Henkers, Verstümlung oder Sclaverey rächte den Pabst an seinen noch übrigen Gegnern.
Aber der Anblick einer Wüste wurde bald ihm selbst unerträglich, und innere Vorwürfe
oder Furcht verbannten ihn auf ewig aus seiner Hauptstadt. Robert gab ihm eine Zuflucht in
Salerno, wo er seinen traurigen Triumph kaum ein volles Jahr überlebte.
Hier
erneuerte er seinem Beschützer das Versprechen, ihm die Krone Italiens aufzusetzen, und
weihete die Waf- <6:> fen, die Robert abermals zur Eroberung des Morgenländischen
Kaiserthums zu ergreifen bereit war. Nichts konnte den stolzen Besieger Roms von diesem
festen Entschluß abwenden, er wollte nun zum letzten Mahle nach Griechenland übergehn,
und nicht eher, als in dem Pallast der Nachfolger Constantins sein Schwerdt einstecken.
Nur Jordan, der sich zu sichtbar auf die Seite des Kaisers geneigt hatte, sollte erst noch
die Rache des Herzogs empfinden, er wurde in Capua belagert, aber seine Unterwerfung,
Gregors Vermittlung, und mehr noch die aus dem Orient einlaufenden Nachrichten
verschafften ihm einen erträglichen Frieden.
Zweymahl
hatte Bohemund den griechischen Kaiser geschlagen, zuletzt erlag er mehr Alexius Künsten,
als der Gewalt seiner Waffen. Die Schiffe, welche seinem Heere den Sold überbringen
sollten, waren ausgeblieben, und die stets widerspenstigen Normännischen Grafen giengen
mit ihren Vasallen zu den Griechen über. Die Flotte der Venetianer verheerte Durazzo, und
nur durch seine plötzliche Erscheinung erhielt der junge Feldherr seinem Vater die Burg.
Aber jetzt bedroheten die Feinde Corfu, und Bohemund, von seinen Truppen verlassen,
erschien zu Salerno vor dem Herzog, der groß genug dachte, die Folgen unverschuldeten Unglücks und neidischer Treulosigkeit dem
Helden nicht zur Last zu legen.
Aber
alle diese Umstände beschleunigten die Ausführung seines Vorsatzes. Alle Zurüstungen
waren fertig; noch nie hatte sich Robert an der Spitze einer furchtbarern <7:> Macht
gesehen. Durch den Segen der Kirche, durch die Gewohnheit auswärtiger Kriege, und die
Plünderung Roms, war die Neigung der Normannen zu fernen Abentheuern wieder erwacht.
Zwanzig Galeeren mit dreifachen Ruderbänken, hundert und zwanzig bewafnete Fahrzeuge, und
eine noch grössere Anzahl von Lastschiffen, mit Kriegsmaschinen, Gepäck und allen
nöthigen Vorräthen beladen, lagen bereit in den Häfen am ionischen Meer.
Kein
Gegner blieb jezt hinter ihm zurück, der ihn noch einmal mitten in seiner Laufbahn hätte
aufhalten können; Heinrich war mit häuslichen Feinden beschäftigt, Jordan tief
gedemüthigt, und für die innre Ruhe in Roberts Staaten bürgte die Gegenwart Gregors.
Alexius hatte in drey Feldzügen der unwiderstehlichen Tapferkeit einer durch Hunger,
Krankheit und Elend geschwächten kleinen Anzahl unterlegen, das blühende Heer, das
Robert jetzt nach Griechenland führte, mußte den Thron von Constantinopel umstürzen.
Noch war Durazzo sein, das Land und die Küsten ihm bekannt, ein fester Plan für den Feldzug entworfen, und der Flotte der
Venetianer setzte er die Eifersucht von Amalfi entgegen. Erbittert über die Vortheile,
welche ihrer grossen Nebenbuhlerin in dem Bündniß mit dem morgenländischen Kaiserthum
gewährt worden waren, und vorzüglich über den Tribut, den ihre Schiffe in allen
griechischen Häfen dem Schutzheiligen Venedigs bezahlen sollten, hatte diese kühne
Handelsstadt ihre letzten Kräfte aufgebothen, die Unternehmung des Herzogs zu
begünstigen. <8:>
Am Ufer
trennte er sich von seiner Gemahlin, die bis jetzt in allen Gefahren seine treue
Begleiterin gewesen war. Bohemund, Roger und Robert, seine drey ältesten Söhne,
bestiegen mit ihm die Galeeren, und führten, so wie ihr Vater, jeder eine Abtheilung von
fünf Triremen an. Durch widrige Winde und die Wachsamkeit der feindlichen
Flotte, wurden sie länger als ihre Absicht war, in den italienischen Häfen
zurückgehalten, bey der ersten günstigen Luft, spannten sie die Segel auf, sezten
glücklich ihre LandTruppen an der feindlichen Küste ab, und führten sogleich ihre
Schiffe zum Angriff.
Die
leichten griechischen Fahrzeuge wurden schnell gegen die zweite Linie zurükgetrieben,
aber hier empfieng die Normannen ein dichter Regen von Steinen und tödlichem Geschütz,
welches die neun größten venetianischen Schiffe von ihren hoch hervorragenden
Vordertheilen über die Masten der Griechen wegschleuderten. Die nachsetzenden Normannen
wurden stark beschädigt, und nach einem fruchtlosen Versuch, die Schiffe des Kaisers zu
entern, zum Rückzug genöthigt.
Der
Herzog selbst ertheilte dazu den Befehl, und berief die Anführer der Flotte auf seine
Galeere, um Kriegsrath zu halten. Mit Nachsicht und Kälte untersuchte der erfahrne
Krieger die Fehler, welche ihm den Sieg entrissen hatten und entwarf den Plan zu dem
Angriff des folgenden Tages. Die Stärke des Feindes bestand in der hohen Bauart ihrer
schweren Kriegsschiffe, die von ihren, über die Segel der gewöhnlichen Galeeren
hervorra- <9:> genden Maschinen Tod und Vernichtung in weiter Ferne
umherschleuderten, und in der Gewandheit der leichten Fahrzeuge, welche durch schnelle
Bewegungen dem Angriff der Triremen entschlüpften, und so bald sie gedrängt wurden, sich
unter das Geschütz jener furchtbaren schwimmenden Vestungen zurückzogen. Robert glaubte
der tödlichen Wirkung der Maschinen am sichersten durch einen raschen Angriff zu
entgehen, überzeugt, daß, sobald es ihm gelänge, sich an die grossen Schiffe
anzuhängen, die Tapferkeit seiner Normannen im Handgemenge den Sieg entscheiden würde.
Er befahl daher seinem Sohn Roger, welchem die Ehre des Vortrabs bestimmt war, sich durch
die Neckereien des leichten Geschwaders gar nicht aufhalten zu lassen, sondern gerade auf
den Mittelpunkt der Venetianer los zu rudern. Bohemund und der junge Robert wurden den
vierzehn Galeeren auf den beiden vorspringenden Flügeln entgegen gestellt, und er selbst
behielt sich das Hintertreffen vor, um in dem Moment der Entscheidung sich nach jeder
Seite wenden zu können.
Emendationen
Folgen] Fol en D Trennfehler
bekannt] bekanut D
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