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[ APPENDIX: MATERIALIEN ]

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Karl Wilhelm Ferdinand v. Funck, Robert Guiscard Herzog von Apulien und Calabrien, in: Die Horen 9 (1797), 1. Stück, 1-58; 2. Stück, 1-33; 3. Stück, 1-14; darin: 3. Stück, 9-14

Roger führte seinen Auftrag mit unerschroknem Muthe aus. Er zerstreute schnell den Schwarm der leichten Brigantinen, drang bis in die Mitte des furchtbaren Halbcirkels vor. Aber hier hatten ihn die Venetianer erwartet; auf ein gegebnes Zeichen fiengen alle ihre Maschinen auf einmal an zu spielen. Pfeile, Wurfspiesse, mit eisernen Zacken beschlagne Klötze und Felsenstücke stürzten von allen Seiten auf die Schiffe des Prinzen herab. Ihr Verderben kam aus der Luft, sie hatten nicht einmal den <10:> Trost, Rache an ihren Feinden zu nehmen. Roger war verwundet, keiner der Schiffleute mehr seiner Glieder mächtig, seine Ruderknechte erschlagen. Ohne Steuer trieben die Galeeren, ein Spiel der Wellen umher, unfähig sich den feindlichen Schiffen zu nähern, und eine sichre Beute der leichten Fahrzeuge, so bald sich die Flotte des Herzogs zurückziehen würde. In wilder Verzweiflung griff Robert mit seiner ganzen Macht die feindlichen Flügel an, und indem es ihm endlich gelang, die Griechen und einige venetianische Galeeren bis in den Mittelpunct der Schlachtordnung zu drängen, brachte er das dahin gerichtete Geschütz der Feinde zum Schweigen. Diesen Augenblick nüzte er, die beschädigten Galeeren aus dem Gedränge zu reissen, und den Rückzug anzubefehlen. Verschiedne Schiffe waren gesunken, mehrere unbrauchbar geworden, aber keines in die Gewalt der Feinde gerathen.
In dem Kriegsrathe dieses Abends überlegte er, ob es nicht weiser sey, einen sichern Hafen zu suchen und sich der Herrschaft des Meeres bis auf günstigere Umstände zu begeben. Der Rath eines Überläufers bestimmte ihn zu der dritten Schlacht. Um alle Fahrzeuge bewaffnen zu können, hatten die Venetianer nicht nur den Mundvorrath, sondern auch die ungeheuern Steinlasten, welche sie gegen die Feinde schleuderten, anstatt des Ballastes auf die grossen Kriegsschiffe geladen. Durch die Menge der in den ersten Tagen verschoßnen Steine, waren die hohen Gebäude zu sehr erleichtert worden, sie giengen nicht mehr tief genug im Wasser, und schwankten bey dem Gegendruck <11:> der arbeitenden Maschinen. Robert änderte daher nichts in seinen Befehlen, und die Richtigkeit seiner Schlüsse zeigte sich bey dem ersten Angriff. Unsicher war die Wirkung des Geschützes, bey jedem Wurf tauchten die Vordertheile sich tief in die See, und die Steuer ragten in die Luft empor. Die vierzehn Galeeren der Venetianer ergriffen erst nach einem hartnäckigen Kampfe die Flucht, aber von den grossen Schiffen, die sich jetzt nur mit äusserster Unbehülflichkeit bewegen konnten, versanken sieben in den Wellen, die beiden übrigen wurden nebst einer Menge leichter Fahrzeuge eine Beute der Sieger. Zehntausend Menschen fanden im Meere ihr Grab, zweytausend fünfhundert geriethen in Roberts Gefangenschaft und dienten ihm als Geissel, die Unterwerfung ihrer Mitbürger in den Seestädten und Inseln zu erzwingen.
Vollkommner war nie ein Sieg gewesen, wichtiger in seinen Folgen versprach keiner zu werden. Die stolzen Despoten des Meers in ihrem eignen Element überwunden, wagten nicht mehr vor den Normannen zu erscheinen. Alexius Seemacht war vernichtet, bis an die Küsten des Hellesponts kein Feind, der Roberts Fortgang hemmen konnte. Seine Besatzungen in Epirus jauchzten ihrem Erretter entgegen, alle SeeHäfen von Durazzo bis Bothrent, alle feste Städte Griechenlands, jeder Ort, vor dem er erschien, gehorchte seinen Befehlen. Die späte Jahrszeit des Octobers allein konnte ihn aufhalten. Er ließ seine Schiffe in der Mündung eines kleinen Stromes überwintern, und gab der Reuterey Quartiere in den fettesten Gegenden des Landes. <12:>
Mit der Wiederkehr des Frühlings musterte er seine Truppen, und bereitete sich, an der Küste von Griechenland hin, von seiner Flotte unterstützt, bis an die Kaiserstadt vorzudringen. Die Weite des Umwegs wurde durch den Vortheil, in einem reichen, des Kriegs ungewohnten Lande, Überfluß an allen Bedürfnissen, und nirgends Widerstand zu finden, weit überwogen, die Herrschaft des Meeres sicherte jeden seiner Fortschritte, und Robert überließ sich der glänzenden Hofnung, in dem kurzen Zeitraum zweier aufeinander folgenden Jahre, seine Siege von dem Capitol bis an die goldnen Thore des neuen Roms auszudehnen.
Ein geringer Umstand erfüllte das Heer mit neuem Enthusiasmus für einen Helden, dem selbst die Kräfte der Natur zu Gebot standen. Der unerwartete Erfolg, daß nach heftigen Regengüssen die Schiffe in der Mündung des Flusses, wo sie vor Anker lagen, plötzlich sich auf dem Troknen  befanden, schlug den Muth der Truppen nieder. Der Aberglaube staunte dies Wunder an, und zog daraus abschreckende Folgerungen für den nächsten Feldzug. Robert schloß sogleich, daß der Strom in den höheren Gegenden das Land überschwemmt habe und daher beym Ausfluß versiegt sey. Ein kleines Corps, das mit einer grossen Anzahl von Arbeitern abgeschickt wurde, leitete durch vorgezogne Dämme die Gewässer wieder in ihr altes Bette, und mit der wiederkehrenden Fluth kehrte auch der Muth der Krieger und ihr Zutrauen auf den Feldherrn zurück. <13:>
Roger bekam den ehrenvollen Auftrag, voraus zu gehn, und die freiwillige Unterwerfung der Inseln zu empfangen. Bohemund konnte seinen Vater nicht begleiten; von einem heftigen Fieber ergriffen, mußte er sich an der Calabrischen Küste aussetzen lassen, um in der Luft seiner Heimath zu genesen. Ungern willigte Robert in diese Trennung, und nur um dem Volke eine stets heitere Stirn zu zeigen, verbarg er seine Betrübniß. Bald aber verschlang die Freude endlich den letzten Schritt zur Erfüllung aller seiner Wünsche zu thun, jedes andere Gefühl. Unter den glücklichsten Vorbedeutungen, von dem frohen Zuruf der Landmacht begleitet, und mit Jubelgeschrey von dem Schiffsvolk empfangen, das jetzt mit der nie besiegten normännischen Reiterey um den Preis der Tapferkeit wetteiferte, bestieg er seine Galeere. Ein wolkenleerer Himmel spiegelte sich in der klaren Fluth, und beide verhießen die glücklichste Fahrt; Constantinopel war der Sammelplatz.
Anders hatte es das Schicksal beschlossen. Mit fürchterlicher Schnelligkeit verbreitete sich auf den Schiffen ein ansteckendes Übel. Die Hitze des Sommers vermehrte die Wuth der tödtlichen Seuche, und unter den Kranken befand sich jetzt auch der Herzog. Er wurde zu Antonia ans Land gebracht, aber das Mittel, welches das Leben des blühenden Bohemund rettete, blieb unwirksam bey dem sechszigjährigen Robert. Seine Gemahlin konnte kaum früh genug herbey eilen, um ihn in ihren Armen sterben zu sehn. <14:>
Der 17te Julius 1085 war sein Todestag. Mit ihm sanken alle seine hohen Entwürfe ins Grab und der Glanz des apulischen Staates erlosch. Das Heer, von panischem Schrecken ergriffen, verließ seine Eroberungen, und stürzte sich auf die Schiffe. Mit einer solchen Eil drängten sie sich zur Rückkehr, daß viele mit ihren Pferden ins Meer sprangen, und über der Begierde, sich zu retten, ertranken. Kein Feind hatte sie gedrängt, erst nach einigen Tagen wagten sich die Griechen an die Küste hervor, und machten zitternd die Zurückgebliebenen zu Sklaven. Ein fürchterlicher Sturm ergriff die Flotte, und nur ein kleiner Theil des mächtigen Heeres, das noch vor wenig Tagen einem Kaiserthum den Umsturz drohete, sah die Ufer der Heimath wieder. Auch die Galeere, welche Roberts Gemahlin überführte, versank in den Wellen. Gaita rettete sich auf einen Kahn, aber nur mit Mühe konnte man dem wüthenden Element die leblosen Überreste des Helden entreißen.


Emendationen
Troknen] Trokuen D
konnte] kounte D
Heer] Herr D

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Letzte Aktualisierung 22-Jan-2003
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