Reinhold Steig, Heinrich von Kleists Berliner Kämpfe
(Berlin, Stuttgart: Spemann 1901), 507f.
X. Ludolf Beckedorff.
Ludolph Beckedorff hatte, wie wir uns erinnern, für die Abendblätter
eine Folge von Kunstartikeln mit einem etwas langen Athem
geschrieben. Was ihnen aber Werth verleiht, sind die von ihm
berichteten Kunsturtheile der Hofkreise und des Königs über
Portraits der Königin. Beckedorff übte eine Art von Luisencult.
Und als der Sonnabend vor dem Weihnachtsfeste herankam, der
Tag, an dem die Königin mit ihrem Gemahl vor einem Jahre in
die Hauptstadt eingezogen war, lieferte er zum
1. Andenken an die Königin Luise
einen Artikel in das Abendblatt vom 22. December 1810.
Er beschreibt das leuchtende Wetter des Einzugstages, den
<508:> Schmuck der Straßen, die Stimmung des Publicums.
Damals, als das Königliche Paar wieder einzog, schien man
an die Schwelle einer neuen goldnen Zukunft getreten zu sein.
Das vergangene Jahr habe Mancherlei gebracht: Aber viel,
sehr viel, das Beste und Herrlichste, was wir besaßen, haben
wir auch verlieren müssen. Auch dieses schmerzlichen Verlustes
muß heute gedacht werden, mit neuer, tiefer, inniger Trauer,
aber zugleich mit dem ewigen Troste, den das nahe segensreiche
Fest Desjenigen gewährt, der nur in die Welt kam, um zu sterben,
durch dessen Tod kein Tod mehr furchtbar ist und mit des heiligen
Namen auf der erblassenden Lippe Sie heilig entschlafen
ist, um welche wir trauern. Gott erhalte den König!
So
durfte in Berlin doch nur in einer Zeitung, die wie die Abendblätter
auf christlich-positivem Boden stand, gesprochen werden: in
den alten Berliner Zeitungen wäre diese Sprache damals ganz
unmöglich gewesen.
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