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                   Reinhold Steig, Heinrich 
                    von Kleists Berliner Kämpfe (Berlin, Stuttgart: 
                    Spemann 1901), 478f. 
                     
                    1. Sonntagsruhe. 
                     
                      
                    Fouqué vertrat in Kleists Blättern den positiven, hochkirchlichen 
                    Standpunkt des evangelischen Märkerthums, wie er von den meisten 
                    Lesern und Mitarbeitern getheilt wurde. Derartige Artikel 
                    waren für Kleist eine Nothwendigkeit. Denn Adam Müller brachte 
                    in seine Darlegungen immer einen katholisirenden Zug hinein. 
                    Kleist wieder nahm die religiösen Dinge, wie im Gebet des 
                    Zoroaster, von einem zu hohen Gesichtspunkte aus, als daß 
                    er Lust gehabt hätte, in die kleinen Bedürfnisse des Tages 
                    einzugehen. Fouqué war dazu geneigt und geeignet. Seine Art, 
                    diese Dinge zu behandeln, hatte nichts Aufreizendes und den 
                    Widerspruch Herausforderndes an sich. Adam Müller und Kleist, 
                    auch Arnim, hätten sich sofort, wenn sie das Wort ergriffen, 
                    die Gegner auf den Leib gezogen. 
                     Es war die Zeit, wo die Abendblätter noch einen gewaltigen 
                    Absatz fanden und das Publicum mit Ungeduld der Ausgabe jeder 
                    Nummer entgegensah. Alle Tage ein Blatt! Immer etwas ganz 
                    Neues und Unerhörtes! Das war in Berlin noch nicht dagewesen! 
                    Aber: Warum werden die Abendblätter nicht auch Sonntags 
                    ausgegeben? fragte man wohl, eine Frage, die Fouqué 
                    folgender Maßen beantwortete (18. Blatt, vom 20. October 
                    1810): <479:> 
                     
                    Warum werden die Abendblätter nicht auch Sonntags ausgegeben? 
                    Diese Frage that ein junger Bürger an seinen Vater und verwunderte 
                    sich dabei sehr über eine solche Unterbrechung. Der alte Mann 
                    antwortete: Weil Schreiber, Drucker, Herumträger und was dazu 
                    gehört, am heiligen Sonntage Gott dem Herren dienen wollen 
                    und nachher auch fröhlich sein, im Herrn. Da ist nichts zu 
                    verwundern. Daß aber in einer Christenstadt ein Christenmensch 
                    so was fragen kann, da muß ich mich sehr darüber verwundern 
                    und auch sehr betrüben, mein Sohn! 
                     d. l. M. F. 
                     
                    Hier erscheint zum ersten Male der alte Mann als 
                    der Träger guter alter Gesinnung dem jungen, neuen 
                    Ideen hingegebenen Bürger gegenüber. Berlin eine Christenstadt  
                    welche Erinnerung damals an eine Thatsache, die fast nicht 
                    mehr zu bestehen schien! 
                     
                     
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