Reinhold Steig, Heinrich von Kleists Berliner Kämpfe
(Berlin, Stuttgart: Spemann 1901), 452-462
V. Frau Henriette Schütz.
Die als ehemalige Schauspielerin an der Berliner Bühne und
als pantomimische Darstellerin in jener Zeit berühmte Frau
Professor Henriette Schütz ist gleichfalls in Kleists
<453:> Abendblättern mit Beiträgen betheiligt. Vier
Nummern der Abendblätter, die vom 13. bis 16. Februar
1811, enthalten ihre Schilderung einer Reise von Wien nach
Salzburg, aus dem Beginn des Jahres 1809. Eigentlich ein großer
Brief der Frau Schütz an Jemand, der nicht genannt sein wollte.
Zur Mittheilung desselben war Heinrich von Kleist, auch ohne
vorher die Genehmigung der Schreiberin selbst eingeholt zu
haben, freundschaftlich berechtigt.
Wer wie Kleist in Berlin zu Hause war, kannte natürlich
Frau Händel-Schütz (ehemalige Schüler, wie ihr Mädchenname
war) als eine der hervorragenden Schauspielerinnen in Berlin.
Damals nahm man kein Journal zur Hand, ohne auf das immer
wiederholte Lob ihrer pantomimischen Darstellungen in den
meisten Städten Deutschlands zu stoßen. Sie führte ein freies
Kunst- und Wanderleben. Mit allen bedeutenden Männern ist
sie, im Namen ihrer Kunst, zusammengekommen, und sie haben
sich in ihr Stammbuch, das einer Blumenlese gleicht, eingeschrieben.
Nach den mannichfaltigsten Schicksalen und Erlebnissen heirathete
sie 1810 den jüngeren Professor Schütz aus Halle, und mit
ihm erschien sie 1810 im August von Hamburg her, nur auf wenige
Tage in Berlin, ohne jetzt auftreten zu können, aus Gründen,
die im Morgenblatte von 1810 (Nr. 227 und 233) angedeutet
werden und natürlich sind.
Ihr Gatte traf hier wieder mit der Patriotengruppe
zusammen, aus der er Brentano von Jena her, Arnim und Kleist
von früherem Berliner Aufenthalte her kannte. Sein Vater,
Professor Christian Gottfried Schütz, der Herausgeber der
Allgemeinen Litteratur-Zeitung, an der auch der Sohn betheiligt
war, hatte, als Halle 1806 verloren ging, in Berlin persönlich
seine Wiederverwendung in preußischen Diensten betrieben.
Darüber ist mancherlei Material auf dem Geheimen <454:>
Staats-Archiv vorhanden. Der Sohn repräsentirte immerhin ein
Stückchen litterarischer Macht seines Vaters. Aus der Allgemeinen
Litteratur-Zeitung hat Kleist für die Abendblätter Nr. 77,
vom 31. December 1810, seine ausführlichen Mittheilungen
über die in Oestreich erschienene neue Censurverordnung
geschöpft. Genug, es spann sich damals ein neuer Verkehr des
Schützischen Ehepaares mit den Freunden von den Abendblättern
an. Arnim schätzte die Talente der Frau Schütz, wie auch Grimms
in Cassel. Wir haben Kenntniß davon, daß sie den Brüdern Grimm
Volks-Reime und Märchen lieferte. Und so erklärt sich, daß
die Theaterartikel der Abendblätter ihren Namen, wo sie ihn
gelegentlich nennen, mit Achtung und Auszeichnung umgeben.
Das schloß nicht aus, daß doch der Klatsch gedieh und so derbe
Aeußerungen, wie die Zelters zu Goethe, über sie ausgesprochen
wurden.
Kleist hat der Veröffentlichung ihrer Reisebeschreibung
in den Abendblättern (13. Februar 1811) eine Einleitung
vorangeschickt, in der er sagt: Die herrliche Darstellung,
welche Frau Professor Schütz auch in ihre, an Freunde während
ihrer Reisen gerichtete, Briefe zu legen weiß, bewegt den
Besitzer, einen derselben, seines allgemein interessanten
Inhaltes wegen, mit Weglassung aller Privat-Angelegenheiten,
in diesen Blättern öffentlich mitzutheilen. Das Schöne, in
welcher Form es auch hervortritt, darf nicht gänzlich verborgen
bleiben; und die treffliche Künstlerinn selbst wird in dieser
Bekanntmachung ihres Schreibens, nicht ohne Beifall, das Bestreben
eines Freundes anerkennen, ihren Werth auch als sinnige
Beobachterinn geltend zu machen, welche die seltne Gabe zugleich
besitzt, mit der Feder dasjenige lebendig darzustellen, was
sie gesehen, gedacht und empfunden; so wie sie das Gleiche
auf der höchsten Stufe der dramatischen Mimik, und der mimischen
Plastik längst geleistet hat. Als Freund <455:>
der genialen Frau bezeichnet sich Kleist hier öffentlich.
Der Besitzer des Schreibens, nehme ich an, war ihr
nunmehriger Gatte selbst, der Kleist Einblick in das Schriftstück
und die Erlaubniß zur Veröffentlichung gab. Nach dem Morgenblatte
(1809, Nr. 46) war die Künstlerin in Wien während des
Februar 1809 aufgetreten. Ihre Weiterreise von dort ging
ihrer eigenen Schilderung zufolge über den Semmering
nach Grätz (frühere Schreibung für Gratz oder Graz) dann nach
Werfen an der Salzach, und über Golling nach Salzburg: von
hier, den 12. April 1809, datirt das Schreiben.
Es enthält in der That merkwürdige Schilderungen von
Land, Leuten, Sitten und Zuständen. Die Verfasserin schafft
ungesucht wirksame Contraste. In Steier findet sie bereits,
im März, die Berge und Thäler ganz mit Veilchen, Schlüsselblumen,
blühenden Gesträuchen und Schmetterlingen bedeckt: aber um
wieviel häßlicher die Menschenart mit ihrer fürchterlichen
Menge Cretins und Mißgestalteter! Die Zustände der Wege, der
Häuser, der Sennhütten, in denen die Schwögerinn
so unabgesondert mit der Milch hantire, daß man sie, zu Hause
und auf der Straße, auf zehn Schritt riechen könne, nöthigen
ihr manchen drastischen Tadel ab. Wirth und Kellner in den
Gasthöfen, anstatt behülflich dem Ankommenden zu sein, stünden
blos herum und fragten: was schofens zNacht
zspeisen? schofens a Bratnes, a Kälbernes? a Brodsuppen
mitn Ah, an Sallat mit n El? u. s. w.
Die Verfasserin bekundet ihre Gabe, auch das Volksmäßige in
der Sprache aufzufassen, und ich bemerke dazu, daß Wilhelm
Grimm damals nach ihrem Vorsagen Reime im pommerischen Platt
aufgeschrieben hat.
Immer aber nimmt sie auch und das war
etwas, was einem Kleist in seine Zeitung paßte!
auf Truppenzüge und Landesbefestigungen gegen den Einbruch
der Fran- <456:> zosen Bedacht. Bei Werfen
bestieg ich den hohen Berg, auf welchem, am Ufer der tobenden
Salzach, die alte Feste dieses Namens liegt: ein Riesenwerk,
schon zwölfhundert Jahre alt, aber noch völlig erhalten. Die
Thürme, mit ihren Zugbrücken und angrenzenden, unüberwindlichen
Festungswerken, die prachtvolle alte Kapelle, im Innern der
Burg, in welcher noch alle Jahre siebenmal Gottesdienst gehalten
wird: Alles deutet die Kraft und die Herrlichkeit der verflossenen
Jahrhunderte an. Die letzten Worte, wie wenn Kleist
selbst sie geschrieben hätte! Am andern Morgen kam ich
durch den Salzburger Paß, wo eben damals, auf dem Gipfel
des Felsens, beträchtliche Festungswerke angelegt wurden,
um den Feind, wenn er von hier aus vordringen sollte,
abzuwehren. Mehrere Bastionen, auf den vorspringenden Winkeln,
waren schon fertig und eben beschäftigte man sich, die Casematten,
für die Garnison, in Stein zu hauen. Die Landwehr passirte
eben durch Salzburg hindurch, und Niemand wurde über die bairische
Grenze hinübergelassen, bevor sie nicht das österreichische
Militär zum Kampfe gegen die Franzosen überschritten hätte!
Man muß bedenken, was Patrioten, wie Heinrich von Kleist,
mit solchen scheinbar nur Vergangenes berührenden Artikeln
ausdrücken wollten, in einem Momente, wo sich schon die französische
Kriegsbewegung nach Rußland hin ankündigte, und die Berliner
Kriegsparthei dahin zu arbeiten begann, daß Napoleon der Durchzug
durch die preußischen Lande versperrt werde.
Was die äußere Gestalt des Artikels anbelangt, so
hat Kleist in der Einleitung betont, daß Stellen weggelassen
worden seien: Gedankenstriche deuten auch bisweilen Lücken
an, und die Gedankensprünge bestätigen das. Trotzdem ist Einheitlichkeit
nicht ganz erzielt, und Wiederholung nicht durchweg vermieden
worden. Die Streichungen aber mußten <457:> Aenderungen
nach sich ziehen. Ich glaube, daß Kleist an der letzten Gestaltung
für den Druck sehr eindringlich betheiligt ist.
Die Veröffentlichung geschah sechs Wochen, bevor
die Frau Schütz und ihr Gatte abermals in Berlin erschienen.
Die Künstlerin betrat wieder zu kurzem Gastspiel, als Braut
von Messina, Maria Stuart, Kotzebues Octavia und in
anderen Rollen, die Bühne des Königlichen Nationaltheaters.
Am 8. April 1811 begann sie vor überfülltem Zuschauerraum
ihre mimischen Darstellungen von Werken älterer, italienischer
und namentlich auch deutscher Kunst. Der Freimüthige z. B.
berichtet darüber. Von Jedermann wurde die berühmte Frau gefeiert.
Anfangs Mai schon verließ das Ehepaar Berlin, um eine große
Kunstreise nach dem Norden anzutreten, von der sie erst zwei
Jahre später nach Deutschland zurückkehren sollten.
In diesem April des Jahres 1811 herrscht nun sofort
wieder ein angeregter Verkehr zwischen dem Ehepaare Schütz
und Heinrich von Kleist. Wir haben drei von einander unabhängige
Zeugnisse dafür, von denen zwei aus jenen Tagen selbst stammen,
das dritte aber, aus viel späterer Zeit, in einer Darstellung
und Zuspitzung erscheint, die sich nicht mit jenen beiden
reimen läßt. Wir prüfen sie und versuchen, was aus ihnen für
Kleists Leben sich ergeben möge.
Einem dramatischen Dichter wird der Umgang mit darstellenden
Künstlern immer erwünscht und lehrreich sein, um sich darüber
aufzukären, was dramatisch wirksam, bühnengerecht und aufführbar
sei. War Heinrich von Kleist der Freundschaft des Schützischen
Ehepaares sicher, so konnte er mit der Künstlerin, die in
die Berliner Verhältnisse und Personen eingeweiht war, ohne
Rückhalt über die Gründe sprechen, die seinen Dichtungen den
Zugang auf die Berliner Bühne versperrten. Die Penthesilea
hatte in Weimar nicht <458:> gefallen, durch Goethes
Schuld, wie Kleist überzeugt war. Für das energische Junkergefühl
Heinrichs von Kleist, das er auch im Aesthetischen bethätigte,
bedeutete aber Goethes abweichende Anschauung noch lange
nicht die Instanz, der er sich unterordnen müßte. Im Gegentheil,
Kleist ging in seinen Distichen aggressiv auf Goethe los.
Kleist glaubte an seine Penthesilea, und seine Freunde theilten
diesen Glauben. Frau Schütz war erbötig, die Darstellbarkeit
der Scenen im Kleistischen Sinne zur Erscheinung zu bringen.
Das mußte Kleist mit Genugthuung erfüllen. Am 23. April
1811 fand, vorher angekündigt, eine öffentliche Vorlesung
des Professors Schütz aus der Penthesilea mit pantomimischen
Darstellungen seiner Gattin Statt.
Vorlesung und Vorstellung leiteten auf den Höhepunkt
des Trauerspiels. Professor Schütz erzählte die Fabel von
den Amazonen und recitirte aus Kleists Dichtung, während
seine Frau nachher die Hauptscenen in bewegter Plastik folgen
ließ. Zeitungsberichte von damals, wie unvollkommen sie sein
mögen, geben immerhin einen Anhalt herauszubringen, welche
Scenen dargestellt wurden. Ich glaube: wie Penthesilea, verwirrt
in ihren Sinnen, Achill mit ihrem Pfeile trifft; wie sie,
über ihn sich werfend, die Zähne in seinen Körper schlägt
und dann, nach vollbrachter That, lautlos dasteht und starr
in das Unendliche hinausblickt; wie sie, bereits aller irdischen
Schranken frei, unbekümmert um Fluch und Entsühnung der Oberpriesterin todt neben Achilles niedersinkt. Es handelte
sich also um die beiden letzten Auftritte des Trauerspiels.
Wir haben in den Zeitungen keine unbefangene Stimme über die
Wirkung des Dargebotenen auf das Publicum. Man denke sich
die Vossische Zeitung! Wie konnte Catel, der nur Iffland und
Kotzebue räucherte, der von Kleist in den Abendblättern so
unsanft gerüttelt worden war, über <459:> die Penthesilea
anders als mißgünstig schreiben! Er konnte sich nicht einmal
abringen, Kleists Namen nur zu nennen. Er fand natürlich
Alles für die Ungeduld der Zuschauer langweilig, zumal da
die Stelle mit ihrem Hez! Hez! Hez! also die Stelle,
wo Penthesilea auf Achill die Hunde hetzt unpoetisch,
flach und gehaltlos sei. Während in der Vossischen Zeitung
sich ästhetische Urtheilslosigkeit erging, schallte aus dem
Morgenblatte die Sprache eines Saul Ascher zurück, der mit
Schmutz bewarf, was in Berlin nicht seines Gleichen war: Das
von Herrn Professor Schütz gelesene Bruchstück des Gedichts
langweilte (schrieb er) und ward zuwider durch verrenkte Sprache
und gemeine Malerei im Ausdruck! Nur die Spenersche
Zeitung, wenn sie auch an der recitativen und mimischen Darstellung
auszusetzen hatte, besaß Geschmack genug, an Kleists
Dichtung selbst sich nicht zu vergreifen. In seinen damaligen
Verhältnissen mögen Kleist solche bösen Urtheile in gelesenen
Zeitungen nicht gleichgültig gewesen sein. Wir aber betrachten
sie historisch heute als Erscheinungen von innerster Nothwendigkeit.
Von denjenigen Richtungen, die sich in Catel und Saul Ascher
verkörpern, war Kleist weltenweit geschieden. Und gerade dadurch,
daß sie aus dem überreichen Programm des Abends das Kleist
Betreffende, wenn auch mißgünstig und gehässig, hervorheben
mußten, erkannten sie wider Willen Kleists geniale Ueberlegenheit
an.
Eine gute Woche später, im Anfang Mai 1811, reiste
das Schützische Ehepaar von Berlin ab, gegen Norden zu, ohne
Kleist je wiederzusehen. In den April des Jahres 1811, und
in keine andre Zeit, muß das Thatsächliche einer Geschichte
fallen, die Peguilhen in Gubitz Berühmten Schriftstellern
(1854, S. 309) über Kleist und die Frau Schütz vorgelegt
hat. Kleist und die Frau Professorin seien als <460:>
berühmte Leute von einem jüdischen Geldprotzen zu Tische geladen
worden. Die Frau redet da Unsinn und macht dem Dichter Zumuthungen.
Kleist entflieht plötzlich, wie Joseph dem Weibe Potiphars.
Ohne Hut auf dem Kopfe, stürmt er auf Peguilhens Stube.
Am andern Tage kommt die Frau Schütz in die Wohnung Kleists,
der sich verleugnen läßt. Und Peguilhen deutet frecher Weise
an, er habe selbst die von Kleist verschmähten Erfolge gehabt.
Ihm sei später alles klar geworden: denn wenige Monate
später habe eben Kleist, wie die geschmacklose Wendung
lautet, neben seiner Himmelsbraut entseelt in der waldumkränzten
Grube gelegen. Eine große Anzahl Seiten verbraucht Peguilhen,
um mit geschwätziger Seichtigkeit seinen Unsinn herauszuhaspeln.
Leider steht die Geschichte unbeanstandet in den Biographien
des Dichters. Nirgends aber wäre eine kritische Reinigung
nöthiger gewesen, als hier. Wenige Monate darauf
von April bis zum November sind aber volle sieben Monat noch:
Peguilhen hatte von den chronologischen Zusammenhängen keine
Ahnung mehr. Welcher jüdische Mäcen, wie Peguilhen
sagt, gemeint sein könne, ist unerfindlich, zumal wenn man
bedenkt, daß damals schon zwischen der Kleistischen Gruppe
und den Juden die Spannung eingetreten war, die sich bald
zum öffentlichen Eclat entladen sollte. Nach Maßgabe gesellschaftlicher
Gepflogenheiten wäre dem Mäcen doch auch unmöglich gewesen,
die Frau Professor Schütz ohne ihren Gatten einzuladen. Was
Peguilhen die Frau Schütz zu Kleist bei Tische faseln läßt,
ist seine freie Erfindung, da er ja nicht zugegen war, und
der wortkarge Kleist mit solcher Fülle completten
Unsinns ihm nicht aufgewartet haben kann. Peguilhen war ein
taktloser Mensch, dessen unbesonnene Schritte Kleist, als
er in der Erde lag, mehr geschadet haben, als alle Ränke seiner
Gegner. Die <461:> Geschichte mit der Frau Schütz ist
eine verfratzte Entstellung irgend eines thatsächlichen Vorganges,
der sich zugetragen hat. Peguilhen will um jeden Preis pikant
und geistreich sein. Er giebt der Geschichte, um sie interessant
zu machen, einen antijüdischen und unmoralisch laxen Beigeschmack.
Kleist benutzt er als Pose, um sich gehen zu lassen. Uebrig
bleibt, meinem Gefühle nach, nur das: In einer Gesellschaft
unbestimmt, in welcher sind Kleist und die Frau
Schütz Tischnachbaren; Kleist, von Unwohlsein (das Peguilhen
als vorgeschützten Grund ausgeben möchte) befallen, verläßt
das Haus; am anderen Tage erkundigt sich Frau Schütz nach
seinem Befinden. Wie oft mag sie und ihr Gatte, zur Einstudirung
der Penthesileascenen, bei ihm oder mit ihm zusammengewesen
sein. Die Biographen mögen aufhören, Peguilhens Geschichte
nachzuschreiben, und gar daraus eine Art Vor-Wahnsinn Kleists
zu fabriciren, der nie existirt hat.
Nein, Kleist und das Schützische Ehepaar sind in gutem
Einvernehmen von einander geschieden. Wir freilich, die wir
Schütz ganzes Leben überschauen, halten nicht zu viel
von ihm. Aber damals lagen keine Dinge vor, die Kleist den
Umgang mit Schütz hätten widerrathen müssen. Als die Künstlerin
fortging aus Berlin, schrieb ihr Kleist mit leichter Veränderung
Verse Wilhelm Schlegels aus den soeben, 1811, erschienenen
Poetischen Werken (1, 172) in das Stammbuch:
Arion
spricht: ein wandernd Leben
Gefällt
der freien Künstlerbrust.
Die
Kunst, die Dir ein Gott gegeben,
Sie
sei noch vieler Tausend Lust!
An
wohl erworbnen Gaben
Magst
Du Dich fröhlich laben,
Des
weiten Ruhmes Dir bewußt
Berlin.Heinrich von
Kleist. <462:>
Und als Professor Schütz 1815 die Blumenlese aus dem
Stammbuche seiner Frau zusammenstellte, in der Kleists
Zeilen abgedruckt sind, da erinnerte er sich in der Vorrede
(S. XII) unter anderen, die nicht mehr lebten, auch seines
für die dichtende Kunst allzu früh verstorbenen theuern Freundes
Heinrich von Kleist.
Emendation
Oberpriesterin]
Operpriesterin D
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