Reinhold Steig, Heinrich von Kleists Berliner Kämpfe
(Berlin, Stuttgart: Spemann 1901), 297f.
2. Ueber die wissenschaftlichen
Deputationen.
Trotz derartiger Verstimmungen,
die gewiß auch Kleist und Müller zuflogen, fuhren die Abendblätter
fort, die Discussion über das Verhältniß von Wissenschaft
und Administration, von Universität und Staat weiter zu spinnen.
Schon das 7. Abendblatt brachte einen neuen Artikel über
die wissenschaftlichen Deputationen, der trotz seiner
Anonymität Müllers Verfasserschaft jedem Kenner seiner
Schreibart verrieth und noch verräth. Es gebe zwei Mittel,
um den Staat durch die Wissenschaften zu veredlen, seine Wirksamkeit
zu versichern, seinen Lauf zu beschleunigen. Ein directes:
durch wissenschaftliche Deputationen, d. h. durch gelehrte
Corporationen, welche den einzelnen Verwaltungszweigen zu
Rath, Hülfe und Bericht angehängt seien, die das Reich der
Wissenschaften gleichsam als Deputirte entsende, um in allen
einzelnen Fällen die gerade benöthigte Portion Wissenschaft
der administrativen Behörde zuzumessen. Ein indirectes:
den Geist der lebendigen Wissenschaft den Staatsbeamten von
vorn herein durch eine verbesserte politische Erziehung so
mitzutheilen, daß das Reich der Wissenschaften den Staat durchdränge
und daß es weiter keiner Deputirten von außenher bedürfte.
Unter neuen Ausfällen gegen den hemmenden Einfluß der Systeme
und Principien, welche die moderne Zeit ausgegohren, und die
nun in einer verführerischen Reife dastünden und trotzten,
ohne daß sie gerade durch Gewalt oder bloße Klugheit zu beseitigen
wären erklärt sich Adam Müller für den indirecten
Weg. Er macht zwar eine Respectbezeugung vor den in Preußen
bereits eingerichteten wissenschaftlichen Deputationen, <298:>
welche aus Gelehrten gebildet seien, auf deren Besitz die
Nation mit Recht stolz sein könne. Ja, er erklärt ihr einstweiliges
Fortbestehen für eine Nothwendigkeit, bis eine verbesserte
politische Erziehung der folgenden Generation zu Gute gekommen
sei. Indeß ihr höchster Zweck, schließt er, könne nur der
sein, im Laufe der Zeit sich selbst unnöthig zu machen.
Wohin Müllers Polemik zielte, war leicht ersichtlich.
Wilhelm von Humboldt, als Chef der Unterrichtssection, hatte
sich gerade die Errichtung und Besetzung der wissenschaftlichen
Deputation angelegen sein lassen. Unlängst noch war in einem
officiösen Artikel des Berliner Hausfreundes, 1810 Nr. 54,
über die Frage, was im preußischen Staate, seit seiner Umformung,
für den öffentlichen Unterricht geschehen sei, die Stiftung
der wissenschaftlichen Deputation als wichtige Neuerung hingestellt
worden. Der Widerspruch
der Abendblätter konnte an leitender Stelle nicht anders als
unangenehm empfunden werden.
Emendation
Widerspruch] Widersprch
D
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