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                   Reinhold Steig, Heinrich von Kleists Berliner Kämpfe 
                    (Berlin, Stuttgart: Spemann 1901), 235 
                     
                    23. Censurverbot gegen die Abendblätter. 
                     
                     
                     Während die von der Untersuchung 
                    und zeitweisen Ausweisung Betroffenen die kleinen Plackereien 
                    und Unannehmlichkeiten, die mit der Theatergeschichte für 
                    sie verbunden waren, leicht ertragen konnten, bekam Kleist 
                    die Folgen, sehr empfindlich für den Fortbestand seiner Abendblätter, 
                    zu kosten. Iffland erwirkte einen Erlaß an die Censurbehörde, 
                    die sich nun, lähmend und erstickend, auf die Theaterkritik 
                    der Abendblätter legen mußte. Auch nicht einem einzigen Theaterartikel 
                    mehr wurde von der Censur das Imprimatur ertheilt. Und genau 
                    so wie den Abendblättern erging es dem Feimüthigen: auch in 
                    diesem verstummt fortan jede Theaterkritik. Für den Freimüthigen 
                    erscheint die Verhinderung um so befremdlicher, als er gerade 
                    in Sachen der Schweizerfamilie einen Artikel offiziösen Ursprungs 
                    zu Gunsten der Theaterdirection aufgenommen hatte. Die Erklärung 
                    dieser Erscheinung ist sehr einfach die, daß man sich an der 
                    obersten Verwaltungsstelle doch gescheut hatte, in einer zuletzt 
                    rein litterarisch-künstlerischen Angelegenheit die Abendblätter 
                    einseitig zu treffen. Es muß also eine allgemeine Anweisung  
                    ob schriftlich oder mündlich  an die Censur erlassen 
                    worden sein, des Inhalts, daß nur noch den beiden alten privilegirten 
                    Zeitungen, nicht den neuen gemischten Blättern, 
                    Theateranzeigen zu gestatten seien. Diese Verfügung wird um 
                    den 1. December 1810 ergangen sein; denn der Freimüthige 
                    benachrichtigte am 10. December seine Leser, daß die 
                    immer 8 Tage umfassende Wochenchronik mit den Theaterkritiken 
                    aus Gründen, die nicht vor das Publikum gehören, 
                    unterbrochen worden sei. Diese allgemeine Redewendung ist, 
                    gerade wie öfters in den Abendblättern, eine Umschreibung 
                    für Censurverbot: auch im Freimüthigen durften fortan keine 
                    Berliner Theaterkritiken mehr erscheinen. <236:> 
                     
                    
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