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                   Reinhold Steig, Heinrich von Kleists Berliner Kämpfe 
                    (Berlin, Stuttgart: Spemann 1901), 189f. 
                     
                    6. Der Ton des Tages. 
                     
                      
                    Dem Gruße folgte, noch plänkelnd, die Kritik auf dem Fuße: 
                    im 4. Abendblatte. Iffland war am 2. October zu 
                    ersten Male in dem von Julius v. Voß nach dem Französischen 
                    bearbeiteten Luststpiele der Ton des Tages wieder 
                    aufgetreten, das seit dem Jahre 1806 dem Berliner Repertoire 
                    angehörte. Es erübrigte sich, auf den damals allbekannten 
                    Inhalt einzugehen. Das Neue aber war, daß Iffland als Schauspieler, 
                    in der Rolle des Wechslers Dumas, kritisirt wurde, in einer 
                    Weise, die er in Berlin nicht gewöhnt war. Der <190:> 
                    Aufsatz erinnert, scheinbar unabsichtlich, an eine Stelle 
                    in Kants Kritik der Urtheilskraft, wo von der sich ergänzenden 
                    Wechselwirkung zwischen dem Verstande und der Hand des Menschen 
                    die Rede sei. Die Stelle finde durch Ifflands Spiel 
                    Bestätigung: er drücke in der That, auf die erstaunenswürdigste 
                    Art, fast alle Zustände und innerliche Bewegungen des Gemüths 
                    damit aus. Nicht, als ob bei seinen Darstellungen nicht 
                    seine Figur überhaupt zweckmäßig mitwirke: Aber von 
                    allen seinen Gliedern, behaupten wir, wirkt, in der Regel, 
                    keins, zum Ausdruck eines Affekts, so geschäftig mit, als 
                    die Hand; sie zieht die Aufmerksamkeit fast von seinem so 
                    ausdrucksvollem Gesicht ab: und so vortrefflich dies Spiel 
                    an und für sich auch sein mag, so glauben wir doch, daß ein 
                    Gebrauch, mäßiger und minder verschwenderisch, als der, den 
                    er davon macht, seinem Spiel (wenn dasselbe noch etwas 
                    zu wünschen übrig läßt) vortheilhaft sein würde. Man 
                    bemerke, wie hier in den Abendblättern die Phöbus-Beurtheilung 
                    der klugen, sinnvollen Bewegungen Ifflands 
                    fortgesetzt wird. Im Phöbus schrieb es Adam Müller, im Abendblatt 
                    jetzt unter der Chiffre xy Heinrich von Kleist, 
                    wie dem Stile des Aufsatzes nach zu glauben ist. Die Gleichheit 
                    der Grundanschauungen Kleists und Müllers wird 
                    hier wieder sichtbar. 
                     
                    
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