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[ DOKUMENTE UND ZEUGNISSE ]

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S

Reinhold Steig, Heinrich von Kleist’s Berliner Kämpfe (Berlin, Stuttgart: Spemann 1901), 55-65

1. Die Fehde um Christian Jakob Kraus.


Saß also die Smith-Kraus’sche Lehre an der höchsten Verwaltungs- und an der höchsten Unterrichts-Stelle Preußens concurrenzlos fest, so wuchs ihr gerade in diesen Jahren ein neuer Vortheil zu.
Kraus war den 25. August 1807 gestorben. Seine nachgelassenen Werke wurden sofort von seinen Schülern und Freunden gesammelt. Kriegsrath Scheffner hatte zu Kraus’ Lebzeiten noch die Unternehmung angeregt. An die Spitze der Herausgeber trat der ostpreußische Kammerpräsident Hans von Auerswald. 1808 erschien in vier Bänden die „Staatswirthschaft“, und im selben Jahre begannen noch die „Vermischten Schriften“ hervorzutreten. Auerswald versah diese Werke mit Vorreden, die von Verehrung für Kraus getragen sind. Mit dem gleichen Respect sprechen andre Ostpreußen, wie Theodor von Schön, Auerswald’s Schwiegersohn, oder Nicolovius, 1810 Humboldt’s Nachfolger in Berlin, von ihrem Lehrer. Während also Kraus, bei seinem Widerwillen gegen Druckenlassen, nur auf erwählte Männer gewirkt hatte, wurde jetzt für die <56:> Verbreitung seiner Lehre auf publicistischem Wege gesorgt. Auerswald war es wohl selbst, der zu den Werken in der Jenaischen Litteratur-Zeitung das Wort ergriff. Das Lob der Hallischen Litteratur-Zeitung klang nicht minder voll. Die kritischen Journale eiferten um die Wette, Kraus’ Schriften ihren Lesern zu empfehlen.
Der Berliner Gruppe Kleist’s schien es an der Zeit, dieser schrankenlosen Verbreitung Adam Smith’scher Ideen entgegenzutreten. Adam Müller schrieb in das elfte Abendblatt, vom 12. October 1810, einen Artikel mit der neutralen Ueberschrift „Ueber Christian Jakob Kraus“.
Ist der Autor eines Werkes todt, so setzt sich der Kritiker leicht dem Vorwurf der Pietätlosigkeit aus. Adam Müller wußte das, er begann und schloß deswegen seinen Artikel mit dem Ausdruck der Verehrung für Kraus’ Person. Er hebt Kraus’ Bearbeitung des Adam Smith unvergleichlich weit über Soden, Lüders, Sartorius und Jakob, aber er charakterisirt Kraus doch im Ganzen als einen „etwas langsamen und unfruchtbaren“ Kopf. Smith’ Werk sei jetzt, dreißig Jahre nach seinem Erscheinen, reif für die Geschichte und ein gründliches Urtheil, und daher müsse er auch die Positivität und Tyrannei der Kraus’schen Bearbeitung für etwas nicht mehr Zeitgemäßes erklären. Die Wissenschaft der Oekonomie könne nicht zu so absoluten Principien und unbedingter Präcision gelangen. Von den Talenten, denen Kraus’ Bearbeitung die erste Richtung gegeben, fürchte er die Herbeiführung eines unheilbaren Zwiespaltes zwischen den Gerichtshöfen und der Administration. Müller warnte geradezu, nicht vor der Kraus-Bearbeitung selbst, aber vor der verführerischen Bestimmtheit derselben. Und wenn er, entgegen der überschwellenden Dankbarkeit seiner Anhänger, Kraus eine Gesetzgeberrolle absprach, für die er nicht geboren sei, so erkannte er damit den maßgebenden Männern <57:> in Preußen den Beruf zur Gesetzgebung und zur Neuformirung des Staates ab. Diese furchtlose Freimüthigkeit hatte etwas Aufreizendes für die Machthaber in Preußen. Ein Schriftsteller und ein Redacteur, von der Erfahrung Müller’s und Kleist’s, konnten sich von vornherein darüber nicht im Ungewissen sein.
Dieser mit der Chiffre Ps gezeichnete Artikel brachte denn auch sofort die Regierungskreise in Berlin und Königsberg gegen sich auf. Inhalt und Sprache desselben sowie sonstige Information ließ Keinen, der die Personen und Dinge übersah, daran zweifeln, daß Adam Müller der Verfasser sei\*\. Schon zwei Tage später, am 14. October, wurde eine „Antwort auf den Aufsatz im Abendblatt Nr. 11“, und wiederum am 17. eine „Antikritik“ auf der Redaction der Abendblätter abgegeben, und Kleist versprach in einer vorläufigen Notiz den beiden „unbekannten Herren Mitarbeitern“ die Aufnahme ihrer Artikel, sobald der Raum der Abendblätter es gestatte. In beiden Artikeln meldeten sich Berliner Anhänger von Kraus-Smith zum Worte. Der erste längere Artikel, den Kleist in Rücksicht auf die Oekonomie seines Blattes brechen mußte, begann im 19. Abendblatt, vom 22. October 1810 an, zu erscheinen und zog sich durch die folgenden beiden Nummern durch.
Die Erregung der Regierungskreise muß sofort eine für das Abendblatt bedrohliche und gefährliche geworden sein. Man verlangte zu wissen, wer für eine derartig ausgreifende Kritik formell die Verantwortung zu tragen habe. Mit Berufung auf die Ankündigung in der Vossischen Zeitung erklärte Heinrich von Kleist nunmehr, daß er mit dem 19. Blatte, 22. October 1810, aus der Masse der anonymen Institute heraustrete, und bekannte sich als den verantwortlichen Heraus- <58:> geber, um dann „dem unbekannten Herrn Mitarbeiter, der ein gründliches Gespräch über die Beförderung der Nationalsache eingehe“, gegen Adam Müller das Wort zu ertheilen.
Diese erste ebenfalls „Christian Jacob Kraus“ überschriebene Entgegnung ist äußerst erregt und bissig gegen Müller. Ihr Verfasser vertritt den Standpunct der Regierungsmänner. Er benutzt amtliches Material, eine Skizze der Thätigkeit der Separations-Commissarien in Ostpreußen. Mit Adam Smith’ und Jacob Kraus’ Lehre identificirt er sich; es gebe schwerlich eine praktische Aufgabe, welche sich durch die Smith’sche Theorie nicht lösen ließe. Zu Kraus und Königsberg verräth er ein unmittelbares Verhältniß. Seine sentimental-erhabene Schilderung der durch Kraus angeblich vorbereiteten Verwandlung der ostpreußischen Schaarwerksbauerdörfer in zinsbäuerliche Dörfer geht in einen wüthenden Ausfall gegen Müller über, dessen Schriften schlimmer seien, als die berüchtigten Feuerbrände des Herrn von Cölln, der sein Vaterland in helle Flammen setzen könnte, wenn die politischen Verhältnisse seinen Bewohnern nicht täglich zuriefen: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht.
Die zweite anonyme Berliner Entgegnung, die „Antikritik“, gezeichnet mit der Chiffre D * *, ist viel ruhiger und sachlicher gehalten, als die erste. Sie steht im 24. Abendblatt vom 27. October 1810. Der Verfasser erkennt an, daß Müller’s Artikel sich eigentlich nicht gegen Kraus, sondern gegen seine „Schüler“ richte, und daher wolle er „im Namen aller übrigen (Schüler), die gemeint seien“ und als Jemand, der Kraus’ „Umgang“ und seinen „Unterricht“ genossen, eine Antwort geben. Er nennt Kraus den Freund des unsterblichen Kant, preist ihn als einen die schwierigsten Lehren der höheren Mathematik schnell ergreifenden und entwickelnden Mathematiker, der daneben ein Gebiet der disparatesten Wissenschaften bebaute. Als Freund der Mannes, der in Preußen <59:> siegreich die der Dienst-Aufhebung entgegen stehenden Hindernisse durchbrochen habe, d. i. des Freiherrn von Stein, habe auch Kraus an seinem Theile zur Vernichtung der Frohndienste beigetragen. Denn – mit einer Wendung gegen Müller’s Feudalismus – „Kraus war entschieden gegen alle Positivität und Tyrannei“ und „um die absoluten Principien der Obscuranten und der Barbarei zu vernichten, mußte er sie auf  eine präcise Weise angreifen“.
Die Anonymität dieser beiden Entgegnungen wird in den Abendblättern nicht gelüftet. Wahrscheinlich aber wußten Kleist und die Seinigen recht gut, mit wem sie es zu thun hätten. Nach dem sachlichen Inhalte der Aufsätze und den in ihnen sich darthuenden persönlichen Verhältnissen spreche ich die Vermuthung aus, daß Staatsrath Hoffmann der Verfasser des ersten, Geh. Staatsrath Nicolovius der des zweiten gewesen sei. Dieselbe Sprache für Kraus und gegen Adam Müller führt Hoffmann 1810 in einem amtlichen Gutachten über die Besetzung der Berliner Professur für Staatswissenschaften. Wie Nicolovius, dem damals der biographische Schlußband der Vermischten Schriften Kraus’ anvertraut war, kannte Niemand in Berlin die Lebensumstände Kraus’; seine Briefe an Schön lehren, wie er alles Kraus Betreffende verfolgte und im Auge hielt.
Jedenfalls ließen die beiden Entgegnungen hören, wie oben der Wind gegen Müller pfiff. Da trat Achim von Arnim mit seiner Namensunterschrift im 27. Blatte (vom 31. October 1810) treu und ritterlich für den verdächtigten Freund ein und erklärte sich mit ihm „ganz einig in der Charakterisirung von Kraus als Schriftsteller“. Ein Verdienst im höheren Sinne erkannte er Kraus insofern zu, als er „in einem Volke, wie die Deutschen, wo das Wissen von dem Thun so ganz geschieden sei, durch eine lange Reihe von Jahren ein Beispiel <60:> gegeben habe, wie ein Lehrer und Gelehrter mit Geschäftsmännern zum allgemeinen Nutzen thätig verbunden, sich ihnen deutlich und nützlich machen könne“. Zur Widerlegung Hoffmann’s (?) betonte er, daß die Separationen und Dienstaufhebungen schon viel früher von Friedrich II. gefordert wurden, ehe Kraus lehrte. Ein würdiger Geschäftsmann, den er jedoch nicht zu nennen das Recht habe – Arnim meint, wie ich glaube, Stägemann – versichere, daß jenes Geschäft in Neuostpreußen ganz allein durch Herrn von Knoblauch (sic!) zu Stande gebracht sei, der mit Kraus in keiner Verbindung gestanden. An Gründen schwach, habe der Gegner Adam Müller, den Andersmeinenden, der Regierung als gefährlich darzustellen gesucht. Arnim schließt mit den nicht mißzuverstehenden Worten: „Bessert euch selbst, ehe ihr Staaten verbessern wollt, werdet erst selbst frei, das heißt edel in Gedanken und Charakter, um zu wissen, was Freiheit eines Volkes sei, und wie sie zu erreichen“.\*\
Wen Arnim bei seiner Mahnung ins Auge faßte, dafür vermag ich seine eigne Erklärung beizubringen. Der Artikel war am 31. October erschienen. Am 2. November schrieb er an Grimm’s (ungedruckt): „ich bin noch immer ein thätiger Mitarbeiter am Abendblatte, unerachtet es mir im Ganzen nicht gefällt, blos um hin und wieder meine Gesinnung über allerlei Minister zu sagen.“ Kein Zweifel, daß Arnims Briefbemerkung auf seinen eignen Artikel sich bezog, der Hardenberg hauptsächlich treffen sollte. Die Mißstimmung hatte sich <61:> gerade in diesen Tagen verschärft, da am 27. October der große Finanzplan des Staatskanzlers erschienen war, der die bisher nur Unzufriedenen in offene Opposition trieb.
Nunmehr wandte sich Müller’s Gegner mit blinder Wuth gegen Arnim: im 34. Abendblatte, vom 8. November 1810. Arnim wird als Ignorant behandelt, seine Einmischung in den Streit als eine unberufene bezeichnet. Worauf Arnim am 10. November unter der Frage: „Wer ist berufen?“ seinem Gegner energisch zu Leibe ging. Berufen sei er gewesen, weil die Angriffe allgemein auf einen geachteten, kenntnißreichen Freund gedeutet würden, dem die Verläumdung unberufener Leute schon vielfach geschadet habe; den der Artikel gefährlicher schildere, als den Verfasser der Feuerbrände, welcher doch wegen dieser Feuerbrände zur Festungsstrafe verdammt worden sei. Zweierlei versteckt sich in diesen Worten: daß Hoffmann (?) innerhalb der Regierung Adam Müller discreditirt habe – wie thatsächlich in dem amtlichen Gutachten geschehen – und daß es zweitens schmählich sei, wie Hardenberg den auf Initiative des Königs seiner Zeit verurtheilten Kriegsrath von Cölln in die Staatskanzlei – eines persönlichen Dienstes wegen, wie wir wissen – zu Gnaden wieder aufgenommen habe.
Aber schon am 22. November 1810, im 46. Abendblatte, erschien ein neuer anonymer Aufsatz gegen Adam Müller. In seiner vorgeschickten Erklärung verrieth Heinrich von Kleist, daß der Aufsatz „von der Hand eines höchst achtungswürdigen Staatsmannes aus Königsberg sei, der sich berufen gefühlt habe, die Sache seines Freundes, des verewigten Christian Jakob Kraus, gegen den Angriff (11tes Blatt) zu vertheidigen“: offenbar Worte, dem Begleitbriefe des Artikels an Kleist entnommen. Kleist versicherte zugleich, daß er selbst über die Frage, ob es zweckmäßig oder unzweckmäßig war, die Grundsätze des Adam Smith’schen Systems der <62:> preußischen Staatsverwaltung einzuverleiben, seine Parthei genommen habe: eine feste Wendung, mit der er sich an die Seite seiner Freunde Müller und Arnim stellte.
Was wir höchstens nur als wahrscheinlich erschließen könnten, erfahren wir aus einem Briefe Arnim’s an Reichardt’s Schwestersohn Wilhelm Dorow in Königsberg, vom 30. Januar 1811\*\: nämlich daß der greise Kriegsrath Johann George Scheffner der Verfasser des Artikels war. Arnim und Kleist kannten ihn persönlich als Königsberger Localautorität, den selbst die Königin Luise in ihre Nähe gezogen hatte. Arnim betrachtete ihn noch 1810 als diejenige litterarische Instanz in Königsberg, der er seine Gräfin Dolores und Halle und Jerusalem überreichen müsse, um ihnen in Preußen Eingang zu schaffen; Arnim ermunterte auch, in seiner Vorliebe für Selbstbiographien origineller Menschen, den greisen Mann „Sein eignes Leben“ zu beschreiben. Nach diesem Werke (S. 237), das in einzelnen Parthien um die Freiheitskriege geschrieben ist, war auch Heinrich von Kleist 1805 oft in Scheffner’s Hause gewesen, nachdem er, wie es dort heißt, nach Verlassung des Kriegsdienstes in Begleitung seiner pyladischgesinnten klugen Schwester in Frankreich und Italien gewesen und von seinem Gönner, dem Minister von Hardenberg (richtig: Altenstein), zur Ausbildung im Finanzfach nach Königsberg geschickt worden war: eine Erinnerung, mit der sich eine briefliche Angabe Kleist’s an Ulrike (S. 110) sehr gut verbindet. Es konnte deshalb für Kleist sowohl aus persönlichen wie aus allgemeinen Gesichtspunkten nur ersprießlich sein, wenn er diesen einflußreichen Mann in seinem Blatte, für unter- <63:> richtete Leser genau genug bezeichnet, zu Worte kommen ließ. Wie Scheffner sich 1807 in der Königsberger Zeitung mit beißendem Witze für die Aufhebung der Erbunterthänigkeit und der Patrimonialgerichtsbarkeit erklärt hatte, so wandte er sich jetzt in Kleist’s Abendblättern gegen diejenige Berliner Parthei, die sich gegen die Smith-Krausischen Ideen zur Wehre setzte. Sein Artikel vertheidigt weniger Kraus, als er Adam Müller, ohne ihn zu nennen, mit witzigen Anzüglichkeiten zu Leibe geht. Müller, der Gorgias-Müller (wie Scheffner ihn titulirt), kommt auch in Scheffner’s Lebensbeschreibung sehr schlecht weg. Man sieht daraus, wie gründlich verhaßt Müller bei den ostpreußischen „Liberalen“ war.
Eine sachliche Förderung über Kraus’ Bedeutung und Lehre brachte Scheffner’s Aufsatz nun freilich nicht, nachdem schon, was er bei der weiten Entfernung nicht berücksichtigen konnte, Kraus’ Berliner Freunde inzwischen die Abwehr aufgenommen hatten. Scheffner erwähnt diesen Artikel in seiner Lebensbeschreibung nicht, obwohl man wörtliche und inhaltliche Aehnlichkeit (auf S. 252 und an anderen Stellen) finden kann. Die Berliner verschnupfte Scheffner’s Art denn doch; Arnim, wie er Dorow gesteht, verdachte es Scheffner, einen im Augenblicke damaliger Staatsverhältnisse so ernsten Gegenstand, wie das leichtsinnige Umwälzen der ältesten inneren Staatsverhältnisse einer Theorie zu Gefallen, blos mit Persönlichkeiten gegen Adam Müller, der sie in keiner Art verdiene, beantwortet zu sehen.
Ruhig und nachdrücklich wahrte Adam Müller noch einmal, im 48. Blatt vom 24. November 1810 („Ps zum Schluß über C. J. Kraus“) seine Stellung nicht blos dem rechtschaffenen Kraus gegenüber, dessen Schatten er nichts abzubitten habe, sondern vor allem der deutschen Secte des Adam Smith gegenüber, der aus Liebe zu unsern alten Continental- <64:> Einrichtungen in den Weg trete, da er es für unanständig halte, sich der ersten besten, über das Meer hergelaufenen Weisheit sogleich auf Discretion zu ergeben. Er achte die vielerlei kleinen Unwürdigkeiten und unziemlichen Persönlichkeiten, die er nebenbei eingefangen habe, nicht; und er werde ehestens wieder eine andre gelehrte Autorität einer solchen kurzen und strengen Betrachtung unterziehn: eine Absicht die jedoch unterblieben ist.
Dies sollte der Schluß der Debatte sein. Doch folgten noch persönliche Bemerkungen nach. Auf Arnim’s scharfe Entgegnung: „Wer ist berufen?“ sandte Hoffmann (?) eine beschwichtigende und zugleich, wie es scheint, neu angreifende Erklärung ein. Heinrich von Kleist, der die Aufnahme lange verweigerte, muß das Manuscript Arnim vorgelegt haben. Dieser richtete daraufhin an Kleist das folgende (nur handschriftlich erhaltene)

Schreiben an den Herausgeber dieser Blätter.
Sie versichern mir, daß Sie Sich aus einer späteren zum Abdruck eingesandten Erklärung vom Verfasser des zweiten Aufsatzes über Kraus völlig überzeugt haben, daß der Ungenannte dem Verfasser des ersten, durch die Zusammenstellung mit dem Verfasser der Feuerbrände nicht habe schaden wollen, daß Sie aber ohne Störung Ihrer Leser diese weiteren Verhandlungen, die ohne Beziehung auf den eigentlichen Gegenstand der Untersuchung, nicht mittheilen können und doch allen Theilen gerecht sein möchten. Da die beiderseitigen Aufsätze gedruckt vor jedermanns Augen liegen, so kann jeder entscheiden, auf wessen Seite die Ursache des Mißverständnisses gelegen; der Wunsch sich zu rechtfertigen beweist in jedem Falle, daß die Absicht des Ungenannten dem Mißverständniß seiner Worte nicht unterworfen gewesen. Ich glaube durch diese Erklärung jene öffentliche Verhandlung, an welcher nur wenige Theil nehmen können, billig und gerecht zu schließen, indem ich dem Ungenannten durch rücksichtslose Nennung meines Namens, Gelegenheit gebe, alle etwaigen Gegenerinnerungen unmittelbar an mich zu senden.
Ludwig Achim von Arnim. <65:>

Dieses Schreiben scheint nicht befriedigt zu haben, so daß der Abdruck in den Abendblättern unterblieb. Aber „auf wiederholtes und dringendes Verlangen“ Hoffmann’s (?) mußte sich Kleist doch dazu verstehen, wenigstens ein „Fragment“ der Erklärung, worin der persönliche Angriff gegen Arnim und Müller zurückgezogen wird, im 52. Abendblatt, vom 29. November 1810, dem Wortlaut nach abzudrucken. Den weiteren Inhalt der Erklärung kennen wir nicht. Denn, bemerkt Kleist: „der Rest dieser Erklärung betrifft nicht mehr die Sache, sondern Persönlichkeiten; und da er mithin das Mißverständniß, statt es aufzulösen, nur vermehren würde, so schließen wir den ganzen Streit, den der Aufsatz C. J. Kraus (11tes Blatt) veranlaßt, mit dieser Berichtigung ab.“

\*\ Ps wird Anfang und Ende von Phöbus sein. Adam Müller sagt übrigens brieflich selbst (unten S. 528), daß Ps in den Abendblättern sein Zeichen sei.
\*\ Der Geheime Oberfinanzrath von Knobloch – die flüchtige Schreibung des Namens wird Arnim von seinem Gegner aufgemutzt – war Mitarbeiter an den von Albrecht Thaer herausgegebenen Annalen des Ackerbaues (z. B. 1810. 12, 384), in denen (1810. 11, 455) ich auch einen Beitrag, die Aufbewahrung des Korns ohne Magazine während der Kreuzzüge, von Achim von Arnim fand.
\*\ Es wird in diesem Zusammenhange sofort ersichtlich, daß das an der Druckstelle (Dorow’s Reminiscenzen 1842, S. 101) angegebene Jahr 1810 irrig und die dort danach getroffene Abfolge der Briefe zu ändern ist.

Emendation
und] nnd D

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Letzte Aktualisierung 06-Feb-2003
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