3. Studium
der positiven Wissenschaften.
A.–
Lies – o lies vor allen die Schriften von Burke!
B.Du
sagtest ja, es wären Gelegenheitsschriften, welche den
Zustand der Dinge angingen, wie er zur Zeit des Autors
gewesen sei. So müssen sie also antiquirt <39:>
sein: es muß jetzt auf ganz andre Dinge und Fragen ankommen. –
Wozu soll ich so etwas veraltetes lesen? derweil ist
ja die Zeit reißend fortgeschritten, und schreitet während
des Lesens immer mehr fort.
A.Lies
dennoch den Burke! und grade die Gelegenheitsschriften.
B.Aber
es liegt doch so vieles dem Interesse des Augenblicks
näher: Eggers, Villers und Buchholz, und die Angelegenheiten
von Rom, von Spanien, von Preußen. Du sagst selbst,
man müsse in seiner Zeit, in der Gegenwart leben vor
allen Dingen.
A. Wohl, nur daß ihr
diese Kunst nicht versteht! nicht bloß eure Augen, auch
eure Herzen, euer ganzes Leben soll gegenwärtig sein.
Dies sollt ihr lernen, indem ihr unermüdet betrachtet,
wie ein andrer Rechter, Ächter, in seiner Zeit gegenwärtig
gewesen. Darum leset den Burke!
B.Aber
die Handbücher der Staatswissenschaft, die nicht bei
vorübergehender Gelegenheit, sondern für alle Gelegenheit
und Zeiten geschrieben, müsen doch lehrreicher sein.
A.Sie
sind es nicht; selbst das größte, das herrlichste, der
Adam Smith selbst nicht. Grade, weil sie für
alle Zeiten, für alle Örter geschrieben und an alle
Leser gerichtet sind, sind sie für keine Zeit, keinen
Ort und keinen Leser vollständig passend. – Was
dagegen tüchtig und vollständig für oder gegen eine
bestimmte Zeit, bei einer recht ordentlichen Gelegenheit
geschrieben, das gehört allen Zeiten an. Es nöthigt
ja die Zeit, den Ort und die Gelegenheit, welche es
veranlaßte zu studiren, und den Helden (den Autor) recht
gegenüber den Umständen zu ergreifen. Wer einen solchen
Autor lesen will, muß mit ihm, in seinem Geiste agiren;
welche Schrift nicht dazu nöthigt, wie sie auch von
todter Weisheit strotzen möge, nenne ich nicht lehrreich.
Die Regeln in den Handbüchern, und die bloßen Fälle
in den Zeitungen, sind nichts; aber der lebendige Staatsmann,
den großen reichen lebendigen Welthändeln gegenüber,
der ist es: beides will immer mit einander geschaut
werden. Demnach betrachtet Burken, und ihm gegenüber
die brittische Constitution, Amerika, Ostindien, die
Revolution von Frankreich etc. und ihr habt die größte
Schule der Staatsweisheit durchgemacht. Ihr habt ideenweise
und künstlerisch agirt: nicht begriffsweise oder
nach Handwerker-Art.