Königlich privilegirte
Berlinische Zeitung von Staats- und gelehrten Sachen (Vossische Zeitung), 25. 4. 1811, Nr.
50 (Rubrik: Königliches Nationaltheater; unpag.)
Penthesilea-Pantomime
Madame Schütz gab am 23sten dieses den 3ten Cyclus
ihrer pantomimischen Darstellungen. Sie Wiederholungen zu nennen,
hieße sie herabwürdigen, da sie immer den Reiz der Neuheit haben, immer auf die
allmählige lebendige Entwickelung des Gegenstandes, die Überraschung der hingezauberten
Statüe, Gruppe oder Mahlerey folgen lassen. Ob, ohne die vorhergehende
Toilette (außer bei der weltlichen Magdalena, wo sie wesentlich ist) diese
Überraschung nicht größer, täuschender wäre, will ich an seinen Ort gestellt seyn
lassen; wie auch, ob es, zur Schadloshaltung der rechten Hälfte des Publikums, nicht
billig wäre, die erst links stehende Beleuchtung in der zweiten Hälfte der
Darstellung rechts zu stellen? Die neue Darstellung, Penthesilea, wurde
vom Herrn Prof. Schütz vorläufig erklärt, und durch Vorlesung einer Stelle aus einem
neuen Trauerspiel dieses Namens erläutert. Beides war für die Ungeduld der Zuschauer
etwas langweilig, zumal da die Stelle, mit ihrem Hez! Hez! Hez! unpoetisch, flach und
gehaltlos ist. Daß die Amazonenkönigin einen Mord begangen, erst von den Priesterinnen
mit Fluch belegt, dann entsündigt wird; daß sie den Leichnam des Ermordeten vor sich
sieht und neben ihm seelenlos und entseelt (wie sich der
Cicerone ausdrückte) hinsinkt, sah man hernach besser, als man es
vorher gehört hatte. Welcher Sage der Verfasser des Trauerspiels gefolgt ist,
wenn er Achill von Penthesilea tödten läßt, wurde nicht angegeben. Homer erwähnt
dieser Heldin nicht. Virgil nennt sie unter den Vertheidigern von Troja. Justin läßt sie
vor Troja fallen; Propertius besiegt, und von ihrem Sieger geliebt werden. Noch andere
nennen den Sieger Achill, und lassen ihn sogar einen Sohn mit ihr zeugen. Allein,
daß sie ihn getödtet hat, findet man nicht bei den Alten.
Cyclus] vgl. a. die
Dokumente in Hermann F. Weiss, Funde und Studien zu Heinrich von Kleist, Tübingen 1984,
174-177.
Zur Penthesilea-Pantomime cf. >> Berlinische
Nachrichten von Staats- und gelehrten Sachen (Spenersche Zeitung), 20. 4. 1811, Nr. 43
(unpag.)
>> Berlinische Nachrichten von Staats- und
gelehrten Sachen (Spenersche Zeitung), 25. 4. 1811, Nr. 50 (unpag.)
>> Privilegirte gemeinnützige
Unterhaltungs-Blätter (Hamburg), 22. 5. 1811, Nr. 27, Sp. 215f.: Das Neueste in der
Kürze; darin: Sp. 216
>> Morgenblatt für gebildete Stände, 28. 5.
1811, Nr. 127, 508: Korrespondenz-Nachrichten; darin: Berlin, 30 April (86 Zeilen); (bis
Z. 13)
>> Zeitung für die elegante Welt (Leipzig), 10. 6.
1811, Nr. 115, Sp. 913-917: Briefe aus Berlin (172 Zeilen); (a:) Sp. 913 (bis Z. 16);
(b:) Sp. 915-917 (ab Z. 102)
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