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Reinhold Steig, Heinrich von Kleist’s Berliner Kämpfe (Berlin, Stuttgart: Spemann 1901), 378f.

24. Shakespeare-Anekdote.


Steht im 20. Abendblatt, vom 23. October 1810; anonym; der Text lautet:
Anekdote.
Als (William) Shakespear einst der Vorstellung seines Richard des III. beiwohnte, sah er einen Schauspieler sehr eifrig und zärtlich mit einem jungen reizenden Frauenzimmer sprechen. Er näherte sich unvermerkt, und hörte das Mädchen sagen: um 10 Uhr poche dreimal an die Thür, ich werde fragen: wer ist da? und du mußt antworten: Richard der III. – Shakespear, der die Weiber sehr liebte, stellte sich eine Viertelstunde früher ein, und gab beides, das verabredete Zeichen und die Antwort, ward eingelassen, und war, als er erkannt wurde, glücklich genug, den Zorn der Betrogenen zu besänftigen. Zur bestimmten Zeit fand sich der wahre Liebhaber ein. Shakespear öffnete das Fenster und fragte leise: wer ist da? – Richard der III., war die Antwort. – Richard, erwiederte Shakespear, kommt zu spät; Wilhelm der Eroberer hat die Festung schon besetzt. –
Solcher Anekdoten über Shakespeare gab es viele. Die Fassung ist aber hier gewiß von Kleist, und die Wahl der Anekdote wird nicht außer Zusammenhang damit stehen, daß Schlegel’s Übersetzung von Richard III. im Herbste 1810 erschienen war. <379:>
Anhangsweise sei hier ein Scherz erwähnt, zu dem, durch eine humoristischen Überschrift markirt, Kleist eine Stelle aus Schlegel’s Übersetzung von „Was ihr wollt“ (4, 2) verwandte: wo der Narr, als Ehrn Matthias verkleidet, dem Haushofmeister Malvolio weiß zu machen hat, daß er besessen sei. Der Scherz findet sich im 14. Abendblatt, vom 16. October 1810:

Fragment eines Haushofmeister-Examens aus dem Shakespear.
Was ihr wollt.Akt. 4.
Ehrn Matthias. Was ist des Pythagoras Lehre wildes Geflügel anlangend? – –
Was achtest du von dieser Lehre? –
Vx.
Irrthümlicher Weise hat man diesen sehr harmlosen Scherz in Kleist’s Gedichte aufgenommen, wohin er natürlich nicht gehört.

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Letzte Aktualisierung 06-Feb-2003
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