Reinhold Steig, Heinrich von Kleists Berliner Kämpfe
(Berlin, Stuttgart: Spemann 1901), 377f.
23. Theateranekdote (von Unzelmann).
Steht im 34. Abendblatt, vom 8. November 1810; anonym;
entspricht der Fassung nach Kleists Art, die Dinge zu
behandeln. Sie ist nicht Anekdote überschrieben,
sondern
Korrespondenz-Nachricht.
Herr Unzelmann, der, seit einiger Zeit in Königsberg Gast-Rollen
giebt, soll zwar, welches das Entscheidende ist, dem Publico
daselbst sehr gefallen: mit den Kritikern aber (wie man aus
der Königsberger Zeitung ersieht) und mit der Direction viel
zu schaffen haben. Man erzählt, daß ihm die Direction verboten,
zu improvisiren. Hr. Unzelmann, der jede Widerspenstigkeit
haßt, fügte sich in diesen Befehl: als aber ein Pferd, das
man, bei der Darstellung eines Stücks, auf die Bühne gebracht
hatte, in Mitten der Bretter, zur großen Bestürzung des Publikums,
Mist fallen ließ: wandte er sich plötzlich, indem er die Rede
unterbrach, <378:> zu dem Pferde und sprach: Hat
dir die Direction nicht verboten, zu improvisiren?
Worüber selbst die Direction, wie man versichert, gelacht
haben soll.
In Berlin machte diese Theateranekdote gewiß vielen Spaß.
Man kannte Unzelmanns Gewohnheiten. Nach der Frau von
Berg, Königin Luise (2. Aufl. 1849, S. 211) improvisirte
er schon 1806 dermaßen in Wallensteins Lager und im Politischen
Zinngießer, daß es ihm bei Strafe verboten wurde: er konnte
es nicht lassen. Der etwas kräftige Spaß war so wirksam, daß
er im Nürnberger Korrespondenten 1811 Nr. 143 unter der
Überschrift Das gebrochene Verbot wieder
zum Vorschein kam.
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