Reinhold Steig, Heinrich von Kleists Berliner Kämpfe
(Berlin, Stuttgart: Spemann 1901), 375f.
20. Anekdote (vom Kapuziner).
Steht im 53. Abendblatt, vom 30. November 1810,
anonym. Sie lautet:
Anekdote.
Ein Kapuziner begleitete einen Schwaben bei sehr regnigtem
Wetter zum Galgen. Der Verurtheilte klagte unterwegs mehrmals
zu Gott, daß er, bei so schlechtem und unfreundlichem Wetter,
einen so sauren Gang thun müsse. Der Kapuziner wollte ihn
christlich trösten und sagte: Du Lump, was klagst du viel,
du brauchst doch bloß hinzugehen, ich aber muß, bei diesem
Wetter, wieder zurück, denselben Weg. Wer es <376:>
empfunden hat, wie öde Einem, auch selbst an einem schönen
Tage, der Rückweg vom Richtplatz wird, der wird den Ausspruch
des Kapuziners nicht so dumm finden.
Ich
habe den Eindruck, als ob hier Kleist die Feder führt. In
den Quellen ist die Anekdote mir nirgends sonst vorgekommen.
Der schließende Satz spricht eine Erfahrung aus, die für Kleist
biographischen Werth haben würde.
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