Reinhold Steig, Heinrich von Kleists Berliner Kämpfe
(Berlin, Stuttgart: Spemann 1901), 247f.
27. Schluß der Theaterkämpfe.
Das Censurverbot des Theaterartikels wurde nicht wieder aufgehoben
oder auch nur gemildert. Eine Zeitlang muß Kleist begründete
Hoffnung dazu gehabt haben. Denn seine mit Raumer um den 13. December
vereinbarte Ankündigung der Abendblätter für das zweite Vierteljahr,
die thatsächlich veröffentlicht wurde (oben S. 123),
versprach den Lesern, das Theater in einem periodisch
wiederkehrenden Artikel einer kurzen und gründlichen Kritik
zu unterziehen. Kleist war bereit, den Theaterartikel dem
unschädlichen Friedrich Schulz förmlich zu übertragen. Umsonst.
Im Januar 1811 sprach sich Arnim zu Dorow (S. 101) über
den Zwang und Druck der Smith-Krausischen Staatsverbesserung
aus, die so unduldsam sei, daß sie alles Schreiben über Landesangelegenheiten
unterdrücke: Diesen Druck hat Kleist bei seinen Abendblättern
sehr lästig gefühlt; über die Hälfte der Aufsätze
wurden von der Censur der Polizei unterdrückt, häufig mußte
er sich mit Lückenbüßern behelfen. Ueber das Theater
ward <248:> gar keine freie Aeußerung erlaubt; Iffland
und Hardenberg hängen wie Rad und Wagenschmiere zusammen.
Ein gewöhnliches Lachen über eine schlechte Sängerin, Mslle
Herbst, die eine Hauptrolle bekommen hatte, auf drei Andere
nähere Ansprüche machten, hat die Verbannung von fünf jungen
Leuten nach sich gezogen; nun soll mir doch Niemand von englischer
Verfassung und Freiheit reden, der zu gleicher Zeit alle äußere
Freiheit in ihren bedeutenden und unbedeutenden Aeußerungen
aufhebt! Kein einziger Aufsatz über das Theater ist
mehr in den Abendblättern bis zum Schlusse, Ostern 1811, zu
finden.
So wurden Kleist die beiden Grundstützen seines Blattes,
der politische Artikel und der Theater-Artikel, durch das
Hardenbergische Regime zertrümmert.
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