Karl Wilhelm Ferdinand
v. Funck, Robert Guiscard Herzog von Apulien und Calabrien,
in: Die Horen 9 (1797), 1. Stück, 1-58; 2. Stück, 1-33;
3. Stück, 1-14; darin: 1. Stück, 14-18
Richard Graf von Aversa und Humphred, die beiden
Oberhäupter der Normannen, versammleten die ganze Macht der Nation, aber sie konnten
nicht mehr als dreytausend Reuter zusammenbringen, und nachdem ihre longobardischen
Unterthanen sie bey der Annäherung Leos verlassen hatten, machten Roberts Calabresen den
größten Theil ihres Fußvolkes aus. Die überlegne Anzahl der Feinde, und die erhabne
Würde des Anführers prägten ihnen Ehrfurcht ein. Sie schickten eine Gesandtschaft an
den Papst, und erbothen sich, in seine Dienste zu treten, und ihre Besitzungen von ihm zur
Lehn zu nehmen. Aber sie wurden mit Verachtung abgewiesen: Sie sollten
die <15:> Waffen strecken, und wehrlos in ihr Vaterland zurückkehren, oder
alle des Todes gewärtig seyn, lautete die Antwort.
Jetzt
erwachte der kriegerische Geist der Normannen wieder, den mehr der Aberglaube als die
Furcht gedämpft hatte, und sie beschlossen mit einem Papst, der ein Heiliger und ein
Wunderthäter war, den Kampf zu wagen. Ein flacher Hügel nahe bey dem Städtchen Civitade
in Capitanata trennte die feindlichen Heere. Bey Sonnenuntergang bestiegen ihn die Söhne
Tancreds und Richard, und sobald sie auf dem linken Flügel des päpstlichen Lagers die
regellose Stellung der Italiäner, die gar keine Spur von kriegerischer Verfassung zeigte,
auf dem rechten hingegen die furchtbare Ordnung der Deutschen erblickt hatten, war auch
der Plan zu dem morgenden Angriff entworfen. Sie wählten die schräge Schlachtordnung.
Richard übernahm es, mit dem rechten Flügel, der zuerst angreifen sollte, die Italiäner
in die Flucht zu jagen, Humphred stellte sich mit dem Mitteltreffen den Deutschen
gegenüber, und Robert hielt sich noch etwas weiter zurück, um erst im entscheidenden
Moment die Feinde durch eine halbe Wendung zu überflügeln.
Mit dem
Anbruch des Tages breiteten sich die Normannen auf dem Hügel aus, und Richard rannte mit
eingelegtem Speer gegen die Italiäner; bestürzt, vergassen sie ihre Schußwaffen zu
gebrauchen, die Vordersten wichen zurück und drängten die hinteren Haufen, und in wenig
Minuten kehrte die ganze zahllose Menge den Rücken. <16:> Die Anführer der
Deutschen deckten ihre entblößte linke Seite, so gut sie konnten, und empfiengen den
Angriff Humphreds mit unerschüttertem Muth. Pfeile und Wurfspieße wurden verschossen,
und als man von beiden Seiten zum Schwerdt griff, entstand ein fürchterliches Gemetzel.
Diese Art des Kampfs war die Stärke der Deutschen, die, weniger geschickte Reuter als die
Normannen, sich mehr auf das Schwerdt als auf die Lanze verließen. Selbst wenn sie vom
Pferde geworfen wurden, wichen sie nicht; sie hielten ihre Ordnung auch zu Fuß, und waren
da erst am furchtbarsten. Nachdem der Sieg eine Zeitlang geschwankt hatte, fiengen die
Normannen an zu weichen, und in diesem Augenblick brach Robert mit seiner Schaar in die
Reihen der Deutschen. Ein neuer, wüthender Kampf begann jetzt. Drey Pferde stürzten
unter Robert nieder, dreymal erschien er wieder an der Spitze der Seinigen. Auch nachdem
schon der größte Theil der Deutschen, mit einer noch größern Anzahl ihrer Feinde auf
dem Schlachtfeld niedergestreckt war, setzte der Überrest das Treffen noch mit gleicher
Hartnäckigkeit fort, bis zuletzt Richard, der vom Nachsetzen zurückkam, ihnen in den
Rücken fiel. Nicht eher konnten sich die Normannen des Sieges rühmen, als bis der letzte
der Deutschen auf der Wahlstatt lag.
Die
Ehre dieses Tages wurde nach dem einmüthigen Zeugnis der Sieger und Besiegten Roberten
zugeschrieben, der Erfolg war unerwartet. Leo fiel bey der Übergabe von Civitade in die
Hände der Normannen, aber Klugheit und Aberglaube stürzte die Sieger zu den Füssen
ihres <17:> Gefangnen. Sie flehten mit Thränen um die Vergebung ihrer Sünden,
und er nahm jetzt mit Freuden die Bedingungen an, die er vor der Schlacht verworfen hatte.
Als Lehnsherr seiner Überwinder kehrte er im folgenden Jahre nach Rom zurück, und nicht
nur ihre gegenwärtigen Besitzungen, sondern auch ihre zukünftigen Eroberungen empfiengen
dadurch den Stempel der Rechtmäßigkeit, denn auch für die letzteren leisteten sie ihm
in Voraus den HuldigungsEid.
Humphred
sah mit eifersüchtigen Augen das große Ansehen, welches Robert seit der Schlacht von
Civitade bey seinen Landsleuten erworben hatte. Er hinderte ihn, unter dem Vorwand, daß
seine Gegenwart bey den noch nicht ganz gestillten Unruhen in Apulien nothwendig sey, nach
Calabrien zurückzukehren, und indem er ihm die Gelegenheit nahm, seine Anhänger durch
Beute zu bereichern, suchte er diese nach und nach von ihm abwendig zu machen. Bey der
Austheilung der Belohnungen, wo Humphreds jüngere Brüder Besitzungen in Capitanata und
Basilicata bekamen, wurde Robert übergangen. Er hielt sich dafür durch Plünderungen in
Humphreds eignen Gütern schadlos. Die Erbitterung der beyden Brüder stieg aufs
äuserste, und eines Tages, da sie mit einander zu Tische saßen, entrüstete sich
Humphred in einem Wortwechsel so sehr, daß er sein Schwerdt zog, und Roberten durchbohrt
haben würde, wenn nicht Goscelin, ein edler Normann, der ihm in den Arm fiel, den
Stoß abgewendet hätte.
Robert
wurde ins Gefängniß gebracht, aber durch die <18:> Vermittlung der
vornehmsten Ritter bekam er bald seine Freyheit wieder, und eine feierliche Umarmung
söhnte die Brüder wenigstens öffentlich aus. Humphred erlaubte ihm nach Calabrien zu
gehen, und seine Eroberungen in diesen Gegenden fortzusetzen. Er konnte nicht hindern,
daß eine beträchtliche Anzahl junger Krieger ihn dahin begleitete, und tröstete sich
mit der Hofnung, daß Mangel an Geld und den nöthigsten Bedürfnissen bald den größten
Theil dieser Abentheurer nach Apulien zurückführen würde.
In der
That fand auch Robert jetzt weit größere Schwierigkeit, diesen Bedürfnissen abzuhelfen,
als vor seiner Abreise aus Calabrien. Die Bewohner des Landes hatten sich aus der Nähe
von Sanct Marco zurückgezogen, und eine Reihe befestigter Städte hemmte seine weiteren
Fortschritte. Er sah die Nothwendigkeit ein, sich zum Meister einer dieser Städte zu
machen, und vorzüglich war sein Augenmerk auf Bisignano gerichtet, dessen Besitz
ihm den Weg in das Herz des Landes würde geöfnet haben; aber er war von allen Mitteln
entblößt, eine Belagerung zu unternehmen, die schon damals einen nicht geringen Aufwand
von Kosten erfoderte.
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