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<Friedrich Wilhelm Basilius von Ramdohr>, XX. Noth- und Hülfsbüchlein für Künstler und Kunstliebhaber in Mildheim, 71-83; darin: 71-77

XX. Noth- und Hülfsbüchlein
für Künstler und Kunstliebhaber in Mildheim,
aus den Schriften des Herrn von Ramdohr mit Fleiß zusammengetragen.
I. Allgemeine Ansichten, Grundsätze und Urtheile über die Kunst.

1. Verhältniß der Kunst zur Natur. Charis, Buch 7. Cap. 10. Alle bildenden Künste schaffen entweder das Wirkliche nach, oder bilden es nach; das Wirkliche heißt hier so viel als der Inbegriff sichtbarer Körper, welche nach den Kenntnissen, welche wohlerzogenen Menschen eigen zu sein pflegen, Begriffen von dem Wesen und der Bestimmung ihres Äußeren unterworfen sind. Man nennt dieses Wirkliche auch Natur.
2. Vom Verhalten der Seele gegen die schönen Künste. Über Malerei und Bildhauerkunst in Rom. Th. 3. pag. 8. Die Unterhaltung, welche die <72:> bildenden Künste gewähren, ist leicht, weil sie sinnlich ist; sie ist beschäftigend, weil sie die Einbildungskraft ausfüllt und das Empfindungsvermögen zur sanften Theilnehmung einladet. Diese Kräfte der Seele, wenn sie gleich nicht zu den obern gehören, sind bei der Ausführung vieler Geschäfte nicht ohne Wirksamkeit, sie werden durch die bildenden Künste erhalten, ausgebildet, ohne in die lebhafte Thätigkeit gesetzt zu werden, welche die obern Erkenntniß- und Urtheils-Kräfte schwächen könnte.
3. Psychologische Gründe der Rührungen und Gefühle. Charis, B. 1. C. 1. Eine Rührung, oder ein Gefühl, ist die Bemerkung der wahrnehmenden Kraft, von einer ungewöhnlichen Maaße in der Aufeinanderfolge und Bewegung meines Wesens. Die Empfindungen, aus denen ich das Bewußtsein meines Daseins ziehe, succediren sich in ungewöhnlicher Eilfertigkeit und Langsamkeit. Dies regt meine erkennende Kraft auf. Sie weiß, es ist etwas da, was sie ungewöhnlich bewegt hat, aber was es ist, erkennt sie nicht.
4. Vom Erhabenen und seinen Gründen. Charis, B. 3. C. 10. Das feierlich Schöne, oder das Erhabene, ist eine besondere Modification des Schönen, welche es dadurch erhält, wenn der Affect des Schönen uns in Gesellschaft einer zusammenziehenden Spannung unserer Kräfte zugeführt wird. Der Grund dieser Spannung liegt darin, daß gewisse Gegenstände, indem sie uns den Affect des Schönen zuführen, uns zu gleicher Zeit an eigennützige Begierden nach abzuhelfender oder abgeholfener Nothdurft dunkel erinnern.
5. Wie die Schönheit mit dem Häßlichen zu würzen sei. Charis, B. 6. C. 13. Eben so, wie ein Fehler im Character, am Körper des geliebten menschlichen Ganzen, an den ich mich, zur Belustigung auf die Länge in meinen geselligen Verhältnissen binde, gar wohl das Gewebe von Trieben, welches man Liebe nennt, verstärken und die Vereinigung im Ganzen pikanter machen kann; eben so kann in einem schönen Kunstwerke das Häßliche, das Vernachläßigte, das Mangelhafte, zuweilen das Vergügen erhöhen, welches dessen Anschauung mir machen soll.
6. Endlicher Begriff des Wesens und der Bestimmung der schönen nachbildenden Künste. Charis, B. 7. C. 13. Das Wesen und die Bestimmung der schönen nachbildenden Künste besteht also darin: durch Wahrnehmung der Ähnlichkeiten des künstlich abgenommenen sichtbaren, aber todten, Scheins mit dem Vorbilde eines natürlichen Scheins specifiker, wirklicher, sichtbarer Körper, im Ganzen und im Detail, den wohlerzogenen Menschen im Durchschnitt unter begleitenden Affecten des Schönen, dergleichen sichtbare Eigenschaften an todten durch schöne Fertigkeiten des Geistes und von der Hand des Menschen verfertigten Körpern erwecken können, zu belustigen.
7. Wie der Affect bloß dadurch zur Poesie werde, daß ihm die Zunge gelöst wird. Charis, B. 7. C. 21. Ein Mensch, der sich in einem hohen <73:> Grade leidenschaftlich bewegt fühlt, kann dadurch schon ein Dichter werden, daß er seine Gefühle mit Worten ausdrückt.
8. Ermunterung für die Geistlosen, sich den Künsten zu widmen. Charis, B. 7. C. 21. Es ist bekannt genug, wie die größten Maler zuweilen vortreffliche Werke geliefert haben, ohne daß man ihnen eigentliche Begeisterung zuschreiben könnte. Ich weiß von zuverläßiger Hand, daß Mengs einmal ein sehr schönes Bild bloß darum verfertigt hat, weil er ein leeres Tuch nicht unbedeckt und ungenutzt stehen lassen und einmal versuchen wollte, mit Wasserfarben zu malen. Er setzte erst eine academische Figur darauf, und berathschlagte sich dann mit seinem Farbenreiber, mit welcher andern er sie in Verbindung setzen könnte. So entstand das Gemälde.
9. Vom Galvanismus des Colorits. Charis, B. 8. C. 11. Das Frische, Saftige, Duftige, Markigte, Sammetne, Pikante der Farben und des Lichts wirkt nicht bloß auf das Auge, sondern auch unmittelbar auf die Sinne des Geschmacks, des Geruchs, und sogar des betastenden Gefühls. Das Zusammenstehen der Farben und Lichter, ihr Abweichen von einander, bringt ein Spiel hervor, welches unmittelbar unsre innere Rührungsfähigkeit in Bewegung setzt.
10. Wie mannichfach der Schönheitssinn afficirt werde. Charis, B. 5. C. 11. Endlich gehört zur unbedeutenden Wohlgestalt die Ähnlichkeit, welche wir zwischen der Form einzelner Theile des menschlichen Körpers mit der Form anderer angenehmer oder nützlicher Körper finden. So sind uns die Hand, welche die Gestalt einer Birn an sich trägt, der Finger, der wie eine allmählig sich verjüngende Säule gestaltet ist, u. s. w. wohlgefällig. Man darf nur das Hohelied Salomonis nachlesen, um noch manchen Beleg zu diesem Satze zu finden.
11. Endlicher Begriff des Wesens und der Bestimmung der schönen Künste. Charis, B. 6. C. 8. Also besteht das Wesen und die Bestimmung der schönen Künste in Folgendem. Es sind schöne Fertigkeiten des Menschen, vermöge deren dem wohlerzogenen Menschen im Durchschnitt eine Belustigung am Schein der Wahrheit und der Zweckmäßigkeit, unter begleitenden Affecten des Schönen, zugeführet wird.
12. Vom Schönen. Charis, B. 6. C. 10. Eine Kunstschönheit ist ein durch schöne Fertigkeiten hervorgebrachtes, wirklich existirendes, specifikes Ganze, in dem der Schein eines wirklich existirenden, oder wirklich brauchbaren, specifiken Ganzen zu der Absicht enthalten ist, wohlerzogene Menschen im Durchschnitt zur Belustigung an Wahrheit und Zweckmäßigkeit, unter begleitenden Affecten des Schönen, auf den Wegen zu dienen, die jeder besondern schönen Kunst dazu angewiesen sind, und welches mittelst einer solchen vollständigen, richtigen, zweckmäßigen Nachahmung oder Nachschaffung, zu gleicher Zeit dem Instinkte und dem Geiste des Genießers Affecte des Schönen zuführt, und dadurch seine Persönlichkeit erhält. <74:>
13. Wie weit die Kunstliebe getrieben werden könne. Charis, B. 6. C. 11. Das geliebte menschliche Ganze, wie wir uns mit demselben auf die Länge aber zur bloßen geselligen Belustigung verbinden, ist das Vorbild, wornach die Kunstschönheit geformt und beurtheilt wird. Man darf daher dreist sagen: ein schönes Kunstwerk ist zwar ein todtes, aber als lebendig angesehenes, Wesen, das alle wohlerzogene Menschen im Durchschnitt beinahe eben so lieb haben können, als sie einen Menschen in ihren geselligen Verhältnissen mit ihm, zur Belustigung im Ganzen und auf die Länge, lieb haben würden.
14. Wie runde Dinge dem Kritiker durch Beleuchtung platt werden. Charis, B. 8. C. 11. Es ist eine höchst wichtige Bemerkung. Wenn ich einen runden Tempel, der auf Säulen ruhet, ganz en façe in vollem Lichte sehe, so erscheint er mir als platt.
15. Von Thierstücken. Charis, B. 8. C. 19. Aber auch bei Thierstücken ist Individualität und malerische Wirkung allemal Hauptsache. Diesen Stücken wird die Schönheit der Form immer aufgeopfert. Daher haben die größten Maler lieber Karrengäule mit langen Mähnen, Schweifen und behangenen Füßen gemalt, als feine, wohl gar coupirte Reitpferde. Kühe, Ziegen, Schaafe sind im Ganzen viel geschickter für die Malerei, als das Pferd, weil sie zu mehrerer Abwechselung in Farben, in hellen und dunklen Partien, Veranlassung geben.
16. Von der Illusion. Über Malerei und Bildhauerkunst in Rom. Th. 2. S. 41. Die Malerei ist privilegirt, uns zu täuschen. Wir erblicken ein Gemälde wie ein Phantom, wie eine Erscheinung an der Wand, die verschwindet, sobald wir darnach greifen.
17. Vom Farbentone. Über Malerei und Bildhauerkunst in Rom. Th. 3. S. 347. 348. Der beste, angenehmste Ton, den der Maler seinen gefärbten Gegenständen geben zu können scheint, ist der, den der Abglanz des warmen Sonnenstrahls über sie verbreitet. Aber in seiner ursprünglichen Stärke würde ihn die Kunst des Malers nicht erreichen. Er nimmt ihn also lieber gebrochen an, wie er ungefähr von einem bemoosten Mauerwerke von Backsteinen auf die Gegenstände zurückprallen würde. Der Anstrich, den die Objecte dadurch erhalten, steht ungefähr zwischen roth, gelb und braun in der Mitte. Ich sage ungefähr, decidirt darf der Ton nimmer sein. Aber so erscheint er in vielen Bildern von Correggio, von Albano, und dies macht auch in den mehresten des A. Sachi den kräftigen warmen Ton aus, den wir so sehr darin lieben.
18. Von der Erfindung. Über Malerei und Bildhauerkunst in Rom. Th. 1. S. 13. Wenn man von der Erfindung in der Malerei spricht, so denkt man nie an Hervorbringung eines neuen, dem Zuschauer unbekannten, Vorwurfs, sondern an Erfindung einzelner Theile, wodurch ein bekannter Gegenstand auf eine neue Art zusammengesetzt wird. <75:>
19. Vorschlag für Kunstacademien in Rom. Malerei und Bildhauerkunst. Th. 3. S. 154. Und daß ich mir hier die Ausführung eines Projects zu einer Anstalt denken dürfte, die für Sittlichkeit und Ausbildung fremder Künstler von so unendlichem Nutzen wäre! Ich wünschte nemlich Männer von gutem Herkommen und guter Erziehung, die bei gehörig gebildetem Geschmack und einer Liebhaberei zu den Künsten, die bis zur Aufopferung aller übrigen Neigungen gienge, den Pensionairs, die ein oder mehrere Höfe hier erhalten, statt der Directeurs der Academien, welche Künstler sind, vorgesetzt zu sehen. Ich wünschte, daß es Männer von gewissen Jahren wären, die, verheirathet und reichlich besoldet, sich der moralischen Erziehung der jungen Künstler annehmen, ihnen bei ihrer Bildung als Künstler mit Rath und That zu Hülfe kommen könnten, ohne geradezu ihre Lehrer in der Kunst sein zu wollen. Sie könnten ihnen den Zutritt in ihrem Hause vergönnen, wo sie gute Gesellschaft, zu ihrer Bibliothek, wo sie Bücher und Kupferstiche antreffen würden. Sie könnten ihnen Gelegenheit verschaffen, nach nackenden Modellen zu zeichnen, ihnen den Eintritt in die Gallerien erleichtern, und sie vorzüglich in die Werkstätte der Künstler bringen, wo sie Gelegenheit zur Arbeit und dadurch Kenntniß der mechanischen Behandlung erhalten würden. Das eigentlich Wissenschaftliche der Kunst, die Perspective, die Optik, die Statik zu lehren, dazu möchte ein eigener Professor mit geringen Kosten angesetzt sein.

II. Gallerie der großen italienischen Meister.

1. Leonardo da Vinci. Über Malerei und Bildhauerkunst in Rom. Th. 2. S. 311. Seine Figuren haben Ausdruck: nur ist die Lieblichkeit seiner Weiberköpfe Minauderie, gezwungene Lieblichkeit. Auch sehen sie sich an Form alle untereinander ähnlich. Alle haben gekniffene Augen, gezogene Lippen, Grübchen in den Wangen. Wenn er Männer von schlechtem Character hat schildern wollen, so hat er den Ausdruck bis zur Carricatur übertrieben. Die Carnation fällt bei jugendlichen Figuren ins Weinhefenartige, bei älteren ins Nußbraune. Wahre Mezzotinten kannte er nicht: aber die Localfarben der Gewänder sind rein, und noch jetzt frisch und wohl erhalten. Vom Helldunkeln, und der damit correspondirenden Gruppirung hatte er keinen Begriff. Er rundete jede Figur durch Abschwächung des Weißen, vertrieb die Umrisse nicht und kannte keine Reflexe. Daher die geringe Wirkung auf den großen Haufen. Der äußerste Fleiß, der an das Überflüßige, wie an das Nothwendige, verschwendet wurde, herrscht in der Behandlung: daher das Kleinliche, das Trockene. Leonardo da Vinci war in vielen Wissenschaften stark, die mit seinem Hauptgeschäfte der Kunst in keinem genauen Verbande stehen. Er war für seine Zeit ein universelles Genie und erlangte als solches, bei denen, die das Centrum kannten, in dem so viele Vollkommenheiten zusammentrafen, einen erhöheten Grad von Achtung. Aber dem jungen Künstler kann man nicht genug einprägen, daß die Nachwelt das Werk getrennt von dem Meister sieht, und dem Todten nichts von seiner Geschicklichkeit anrechnet, als was auf sie gekommen ist und was sie gegenwärtig sieht. <76:>
2. Michael Angelo. Malerei und Bildhauerkunst. Th. 1. S. 177. Michael Angelo hatte um die Kunst für die Epoche, worin er lebte, große Verdienste. Er war der erste, der große Flächen mit Figuren auszufüllen wagte, die mit dem Platze, für den sie bestimmt waren, im Verhältnisse standen. Er lehrte zuerst das Überflüßige von dem Nothwendigen unterscheiden und das Auge durch große Massen in der Zeichnung anzuziehen. Er brachte die Lehre von Verhältnissen auf richtige Grundsätze, und lehrte den Zusammenhang des Knochen- und Muskelbaues in ganzen Figuren. – –
Für den Künstler ist in den Werken des M. A. eine reichere Erndte als für den Liebhaber. Diesen muß man vielleicht mehr auf die Fehler unsers Künstlers, als auf seine Vorzüge, aufmerksam machen, damit das Anziehende, was jene begleitet, ihn nicht verführe, sie mit diesen zu verwechseln. – –
Die Gegenstände, die den Pinsel des M. A. beschäftigten, waren selten angenehm, und wenn sie es waren, so wurden sie unangenehm durch die Art, wie er sie behandelte. – –
S. 178. Seine Gedanken sind oft so ungeheuer, und dies wird oft mit Größe verwechselt. – –
Eine Menge von Figuren in schweren Stellungen neben einander zu vereinigen, scheint das Grundgesetz seiner Anordnungen gewesen zu sein; seine Personen so zu stellen, wie es der vorzügliche Antheil, den sie an der Handlung nehmen, oder die Regeln der Gruppirung erfordern, daran scheint er nicht gedacht zu haben. – –
Seine Extremitäten sind ohne Noth verdreht und convulsivisch verzerrt; die Gewänder willkührlich geworfen und die Falten zu ängstlich gelegt. – –
Das jüngste Gericht. S. 179. Wenn meine Einbildungskraft, sagt Herr von Ramdohr, sich dieses Sujet malerisch darstellt, welches Bild steigt in meiner Seele auf – (nun kömmt eine Beschreibung des jüngsten Gerichts, wie Herr v. R. meint, daß es dargestellt sein sollte; von dem was M. A. dargestellt hat, sagt er:)
S. 180. Aber was findet man von diesen und andern Ideen, wodurch dieses Sujet so reich an interessanten Eindrücken werden könnte, in diesem Gemälde? Nichts! Es gleicht einer Beschreibung, wodurch eine feurige und fruchtbare Einbildungskraft, die weder von Gefühl noch Geschmack geleitet wird, bei langen Winterabenden, horchenden Kindern und Weibern, ein Grausen würde abjagen wollen. – –
S. 182. Am Plafond sind einige Begebenheiten aus dem ersten Buche Moses in verschiedenen Abtheilungen vorgestellt. Man lobt darin die Figuren Gottes. Allein mir scheinen sie durchaus den zurückstoßenden Ernst zu haben, der sich mehr für einen Zauberer als den Weltregierer paßt. In dem Bilde, wo der Schöpfer die beiden großen Lichter ans Firmament setzt, hat er den Anstand eines schlechten Schauspielers. Der Engel, der sich in eben diesem Bilde in dem Schoose des Schöpfers aus Furcht vor dem Monde verkriecht, ist eine lächerliche Idee. – –  <77:>
S. 183. Rund um den Plafond herum sieht man mehrere Sybillen und Propheten in academischen Stellungen, sie zeichnen sich durch eine repräsentirende Anmaßung, durch eine Anstrengung von Kräften aus, deren Grund man nicht absieht, die über die Gränze der Wahrheit verstärkt ist. – –
Der Ausdruck in den Figuren des Michael Angelo, verhält sich zu dem Ausdrucke in den Figuren des Raphael, wie die Bewegung eines vorexercirenden Flügelmanns zu den Bewegungen eines Soldaten in Reihe und Glieder.
Th. 3. S. 307. Christus von Michael Angelo (in der Kirche S. Maria sopra Minerva in Rom) stehet, meiner Einsicht nach, nicht seinem Ruhm. Er ist von gemeiner Natur, sowohl was Kopf und Körper anbetrifft. Er trägt einen Stutzbart; die Beine sind schwerfällig, die Hände unnatürlich; die ganze Stellung ist verdreht und unedel: die Muskeln sind viel zu stark angegeben. Inzwischen ist die Kenntniß des Knochen- und Muskelbaues und die Behandlung des Marmors unserer Aufmerksamkeit werth. – –
S. 226. Eine berühmte Pieta oder Madonna, bei dem todten Christ, Gruppe aus Marmor von Michael Angelo Buonarotti. H. D. Volkmann rühmt den Ausdruck von Traurigkeit in der heiligen Jungfrau, aber mir scheint er verfehlt, und mehr mürrische Unzufriedenheit als Schwermuth auszudrücken. Die Figur Christi ist zu mager, zu knöchern, und die Gelenke sind wie zerschlagen. Die Madonna ist noch zu jung gegen ihren Sohn. Taille und Hüften sind zu lang, die Extremitäten zu klein. Man wirft dem einen Arm vor daß er ausgesetzt sei. Ihr Gewand beutelt sich statt Falten zu schlagen: eine Wirkung, die man von einem nassen Gewande, das an der Hand klebt, vermuthen kann. Diese Fehler abgerechnet, ist die Zeichnung richtig, und die Behandlung weich. – –

Emendation:
Bildhauerkunst] Bildhauerkunt D

 

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Letzte Aktualisierung 30-Mär-2003
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