Ich habe schon früher
bemerkt, daß auf der giechischen Bühne, meistentheils
am selbigen Tage, drei auf einander folgende Tragödien
desselben Dichters dargestellt wurden, und daß zum
Beschluß ein s. g. satyrisches Drama gegeben
wurde: satyrisches Drama genannt, nach dem beständig
sich gleichbleibenden Chore von Satyrn, das in allen
Schauspielen dieser Art vorkommen mußte. Wie die Scene
in der Tragödie meistentheils heilige Örter, Tempel,
Palläste darstellte, so war der Schauplatz des satyrischen
Dramas immer freies Feld und Wald, mit dem Eingang
einer Grotte. Und so war es gleichsam, als sei in
den Zuschauern der drei vorangegangenen Tragödien,
durch die zu ernste Betrachtung des Schicksals und
der zerschneidenden Kraft, mit der es die Heroen und
die Ahnherren der griechischen Völker verfolgte, eine
Art von Betrübniß zurückgeblieben; es war, damit ich
mich der Worte eines deutschen <8:> Dichters
verändernd bediene, als wenn das Schicksal den Menschen
zwar erhoben, aber doch noch mehr zermalmt als erhoben
hätte; es war als müsse sich die Seele in dem Muthwillen
der Satyrn, und in einer Art von Travestirung einer
heroischen Handlung wieder erheben. So ist denn auch
das satyrische Drama ein Ergänzungsstück für das durch
die Tragödien noch unvollendet gebliebene künstlerische
Ganze dieses dramatischen Tages: es ist sehr verschieden
von der Comödie, deren Gebiet mehr die Gegenwart,
deren Regel mehr die völlige Ungebundenheit war, wo
hingegen der Gegenstand des satyrischen Drama schlechterdings
aus der Vergangenheit, aus der Heroenzeit hergenommen
sein, und seine ursprüngliche jetzt nur verkleidete
travestirte Natur tragisch sein mußte. Das satyrische
Drama war ein kleiner Repräsentant, den die Comödie
der Tragödie hinübersenden mußte, damit diese als
Ganzes sich geltend machen konnte. Bekanntlich hat
uns das Alterthum nur ein einziges vollständiges satyrisches
Drama, nemlich den Cyklopen des Euripides hinterlassen,
so daß wir also die ganze Exposition eines theatralischen
Tages (Tetralogie) zu übersehn fast unvermögend sind. –
Betrachten wir auch nur unbefangen die Wirkung einer
einzelnen griechischen Tragödie auf uns, so fühlen
wir, daß, wie harmonisch, wie vollständig die Handlung
derselben sich auch aufgelöst hat, wie besänftigend
der ruhige Wellenschlag des Chors, eben durch seinen
Rythmus, in die schroffe Erhabenheit des Dramas eingegriffen
sein mag, daß immer noch ein leichter Stachel in uns
zurückbleibt. Alles was der Chor und die Gewalt, wie
die Kunst des Dichters, vermocht hat, ist folgendes:
das individuelle Leiden, die Verfolgung des Schicksals
gegen Einzelne, ist erhoben worden zu einem allgemeinen
Gefühl, vom Walten des Schicksals über alle, über
die Götter, Heroen und Menschen; aber der niederschlagende
Gedanke des Schicksals selbst ist unversöhnt geblieben,
dem Gefühle der Freiheit ist kein Weg eröffnet worden,
sich religiös geltend zu machen. In dem Ideal der
Tragödie, das ich oben aufgestellt habe, lebt, quält
und verfolgt ebenfalls das Schicksal die Handelnden
oder den Helden, aber nur um in diesen den Gedanken
der Freiheit in seinem vollsten Glanze zu entzünden,
der dann mächtig eingreift, und in seinem Feinde,
im Schicksal selbst, den Urheber seines Lebens erkennt.
Der Zuschauer oder Egmont selbst, erkennt, daß die
Mauern des Gefängnisses die Seele zusammenpressen
müssen, damit sie sich gewaltiger entbinde; daß der
Gang durch den unterirdischen Kerker aufs Schafot
grade der Weg sei, der zur allerhöchsten Freiheit,
zur Überlegenheit des Gemüths über Welt und Schicksal,
zum Allerherrlichsten, nemlich zum Gefühl des Sieges
über den Tod führe. – Übersehen Sie treu und
unpartheiisch das ganze griechische Alterthum: Sie
werden Thaten der höchsten Entschlossenheit, Beispiele
der unbedingtesten Todesverachtung finden; aber es
ist eben allenthalben Todesverachtung, nicht eigentliche
Todesbesiegung. Sie werden erschüttert durch die Betrachtung
der Helden des griechischen Alterthums, Sie werden
erhoben, aber alle Heiterkeit griechischen Himmels,
alle Musik ihres Lebens vermag nicht das düstre Licht
zu zerstreuen, was in ihrer Seele zurückbleibt, wenn
ein solcher Held gefallen ist. Das Vaterland ist ihnen
alles, der schöne Boden, auf dem sich ihr frisches
<9:> Leben umhertummelt, das Gedeihn der einzig
schönen vaterländischen Gemeinschaft verdient allein,
daß ihm das Leben zum Opfer gebracht werde. Jenseits
des Todes in Aides Reich ist auch Leben, aber blasses,
trübes Leben. Höchst treu dem Alterthum läßt Göthe
die entführte Proserpina in der Unterwelt beim
Anblick von Elysium ausrufen: in euren lispelnden
Haynen, in euren dämmernden Wohnungen, rauschts nicht
von Leben wie droben, schwebt nicht von Freude zu
Schmerz der Seligkeit Fülle. – Der Held des Alterthums
mochte begeistert von der Größe der Tugend, im Augenblick
da er sich opferte, der Dämmerung, die ihn jenseits
am Kozyt erwartete, uneingedenk sein; der Zuschauer
seiner Catastrophe fühlt jene Dämmerung hinzu, wenn
er das Alterthum versteht. Der Fluß Lethe, aus dem
die Vergessenheit getrunken wird, ist von sentimentalen
deutschen Dichtern des achtzehnten Jahrhunderts, den
Matthissons u. s. w. übel gemißbraucht worden,
indem man sich vorstellte, daß die gekränkte, traurige
Psyche die Vergessenheit nur ihrer Sorgen aus dem
Strome tränke, um nun in ungetrübter Seligkeit ein
reineres Leben hinflattern zu können, dahingegen der
staub- und schweißbedeckte Held vielmehr damit die
Lebenslust abkühlte, vielmehr Vergessenheit der Lust
als der Sorge aus dem wunderbaren Strome schöpfte,
um die Farbenlosigkeit, die drückende Ruhe des Zustandes
ertragen zu können, der ihn erwartete.
Wenn
ich demnach in der vorigen Stunde Ihnen Äschylus und
Euripides als die beiden Extreme, und Sophokles als
den Mittler zwischen beiden, und als den Vollender
der tragischen Kunst dargestellt habe, so ist dort
blos von der beschränkten tragischen Kunst die Rede
gewesen; blos mit Beziehung auf das Drama, im engeren
Sinne des Wortes, sind die Dichter auf die angegebene
Weise geordnet worden.
Mit
Rücksicht auf die vollendete religiöse Beruhigung
steht Äschylus oben an, ihm folgt Sophokles, und diesem
Euripides. Sie erinnern sich nemlich, daß ich Äschylus
ihnen als rüstigen Kriegshelden dargestellt, von Euripides
hingegen bemerkt habe, daß er Mitschüler des Platon
und mehr Philosoph als Held gewesen sei. Das Zeitalter
des Äschylus und der drei Schlachten bei Marathon,
Platäa und Salamis, denen er beiwohnte, war der höchste
Tummelplatz des griechischen Lebens; die Zeit hingegen,
in der Sophokles und Euripides glänzten, war weniger
durch Krieg und Sieg verherrlicht, vielmehr neigten
sich die Athener schon allzusehr nach den Künsten
des Friedens, nach philosophischer Ruhe und Weichlichkeit
hin. In dem Zeitalter des Äschylus hatte jede noch
so erschütternde Erinnerung an die unerbittliche Gewalt
des Schicksals ein Gegengewicht, nemlich die Thaten,
zu denen die Lage des Vaterlandes aufforderte. Wie
die erbitterten Kriege gegen die Perser in den Griechen,
ganz besonders das Gefühl der bürgerlichen Freiheit
rege machten, so vermochte auch der Gedanke des Schicksals
nirgends das Gefühl der innern Freiheit zu unterdrücken.
Als hingegen Friede und Philosophie Athen entnervte,
da ward die Erinnerung an die Härte, mit der das Schicksal
das Haus des Ödipus und des Agamemnon verfolgt hatte,
wieder mächtiger; und wenn die Nation sich auf der
einen Seite der Weichlichkeit <10:> ergab, so
muß sie auf der andern destomehr das Schicksal, welches
aus dem griechischen Alterthume her drohte, und dessen
ferner Donner durch alle Erinnerung an die jüngeren
Siege, an das Glück der Griechen bei Marathon und
Salamis nicht übertäubt werden konnte, befürchten.
Ich habe schon bemerkt, wie diese Drohungen des Schicksals
nach dem Tode des Sophokles erfüllt worden, da zuerst
Athens Größe am Heldenmuthe der Spartaner gebrochen,
und endlich vom Norden Alexander die ganze Freiheit
und Nationalität der Griechen zu Boden schlug. –
Vergleichen Sie nun den Eindruck, den das Schicksal
in den Darstellungen der drei Dichter auf Sie macht,
so werden Sie finden, daß Äschylus, trotz seiner Rauheit,
seiner schroffen Größe, Sie dennoch am wenigsten verletzt,
Sophokles durch die Harmonie seiner Kunst, durch seine
menschliche Größe und Stille zwar beruhigt, aber allenthalben
eine trübe Empfindung in Ihnen zurückläßt, Euripides
endlich als die weichste Natur, wie unter dem Drucke
des Schicksals selbst, lebt und dichtet, und um Ihnen
wieder wohlzuthun, das einzige zu Hülfe ruft, was
ihn trösten mochte, die Philosophie, daß um mit den
Worten des Götheschen Tasso zu reden, Sie also noch
die Absicht merken, den Freunden wohlzuthun, und diese
Absicht Sie nun erst doppelt verstimmt. – Wenn
also Sophokles als Dichter, im Umkreise seiner Kunst
wirkend, der vollendetste von den dreien zu nennen
ist, so ragt vielmehr als Mensch und Grieche Äschylus
vor ihnen hervor, wo man dann aber natürlich in Rechnung
bringen muß, was er außer der Bühne und vornehmlich
auf den Schlachtfeldern gewesen. – Unter allen
Tragödien des Äschylus, die auf unsre Zeiten gekommen,
verdient besondre Auszeichnung der Prometheus. Äschylus
hatte diesen großen, seiner trotzigen Seele so angemessenen
Gegenstand in drei Tragödien abgebildet, die also
einen griechischen theatralischen Tag, nebst dem vielleicht
noch hinzugefügten satyrischen Drama vollständig erfüllten:
die erste Tragödie stellte dar, wie Prometheus für
die Menschen das Feuer geraubt, und vom Himmel auf
die Erde heruntergebracht habe, die zweite zeigte
die Strafe, die er dafür erhalten, wie er am Kaukasus
angeschmiedet worden, und dort noch den Göttern getrotzt
habe, in der dritten sah man, wie er endlich vom Herkules,
der den Geier, der an seiner Leber nagte, erschoß,
befreit wurde. Aus diesem erhabenen Cyklus hatte das
Alterthum die erste und die dritte Darstellung vor
uns voraus; nur die zweite, der gefesselte Prometheus,
die Geschichte seiner Strafe ist auf unsre Zeit herunter
gekommen. Auf der Spitze des Felsens ist Prometheus
angeschmiedet; Wolken oder Quellgeister, die Töchter
des Oceans, nahen sich ihm, aufgeschreckt durch das
Krachen der schmiedenden Hämmer, das sie innen im
Berge vernommen haben, kommen sie herauf zu ihm, und
bilden das tröstende, mildernde Chor. Dem Prometheus,
der dem Zorne des Zevs zu unterliegen scheint,
stellt der Dichter gegenüber die Jo, die der Liebe
des Gottes unterliegt. Durch die Eifersucht der
Juno in eine Kuh verwandelt, schweift sie von der
Bremse verfolgt über die Erde hin, und erhält hier
am Kaukasus, vom Prometheus die Weissagung ihrer künftigen
Schicksale, aus ihr wird im spät nachfolgenden Gliede
sein Retter, der Herkules entstehn; Zevs Thron sei
noch nicht so fest, er <11:> werde erschüttert
werden dereinst. Diese Worte am Kaukasus gesprochen,
vernimmt Zevs, und sendet den Hermes, ihn zu fragen
und zu peinigen, daß er sagen solle, was er über Zevs
Schicksal wisse. Prometheus widersteht, wie Hermes
ihn quälen mag; die Erde bebt, der Kaukasus will ineinander
stürzen, Blitze des Zevs fahren auf ihn hernieder,
ihn zu zwingen, aber Prometheus verschweigt, was er
von der Zukunft weiß, und so endigt die Tragödie. –
Die Kraft des Leidens und die Kraft des Duldens stehn
einander gegenüber, beide aber unterworfen dem gemeinschaftlichen
Schicksal. Denken Sie sich einstweilen den Prometheus
als die Klugheit, die Vernunft, die Vorsicht, denken
Sie ihn sich als eben jenes unauslöschliche Feuer,
von dem gesagt wird, daß er es geraubt habe, um die
Menschen zu beglücken, und den Trieb zu holden Künsten,
die er alle gelehrt haben soll, ihren Busen einzuflößen,
so sehn Sie vielmehr in dieser Tragödie das Schicksal
mit dem leidenden Menschen im Bunde, denn Prometheus
weiß ja den Rath des Schicksals, und ist unsterblich.
Wenn nun auch diese Tragödie wegen der darin enthaltenen
Schmähungen des Zevs von den Griechen als irreligiös
verdammt wurde, so können wir doch nicht umhin, den
höchsten Kampf um die Religion und für die Religion
in diesem Werke zu schauen. In dem erhabenen Protestantismus
der Lebenskraft und der Freiheit gegen die Naturkraft
und Tyranney, der hier dargestellt wird, läßt sich
eine viel reinere Beruhigung schöpfen, als in der
griechischen Religiosität, mit der die Tragödien des
Sophokles sich schließen. Wo Äschylus den Tod oder
das Schicksal darstellt in den Eumeniden, in den sieben
gegen Theben – da allenthalben werden sie überschrien
vom Tumulte des Lebens. So war die große Natur, die
auf ihrem Grabmale wohl der Mitgenossenschaft im Kampfe
gegen die Perser, der Thaten des Kriegs, die sie verrichtet,
gedachte, von den Tragödien aber, von allem Dichterruhme
schwieg. – Sophokles hingegen, dessen Jugend
in die kriegerische, dessen Alter in die philosophische
Zeit Athens gefallen war, stellt uns das menschliche
Gute und Schöne, was im Gefolge der großen Triumphe
über Griechenland gekommen war, dar; da aber das reizende
Wort seiner Kunst nicht mehr getragen und begleitet
wurde von entsprechenden Thaten, so mußte, wie harmonisch
seine Kunst auch redete, wie rein das griechische
Wesen auch von seinem Munde ausging, dennoch ein viel
unversöhnteres Gefühl nach seinen Darstellungen hinterbleiben;
immerfort schreckt und betrübt das Traumbild, von
dem Novalis sprach:
Das
furchtbar zu den frohen Tischen trat
Und
das Gemüth in wilde Schrecken hüllte.
Hier
wußten selbst die Götter keinen Rath,
Der
die beklommne Brust mit Trost erfüllte.
Geheimnißvoll
war dieses Unholds Pfad,
Des
Wuth kein Flehn und keine Gabe stillte;
Es
war der Tod der dieses Lustgelag
Mit
Angst und Schmerz und Thränen unterbrach.
Ich nehme den Begriff Tod hier
in seiner allerweitesten Bedeutung, als Untergang
überhaupt. Da nun dieser in den Tragödien des Sophokles
überall zwar gemildert <12:> durch die Kunst,
aber nicht besiegt durch die Kunst dargestellt wird;
da das Schicksal nie abgebildet wird, als erzeugend
das Gefühl der Freiheit, sondern alles sich darauf
bezog, das Schicksal darzustellen, als harmonisch
eingreifend in die Erzeugnisse der Freiheit; wie furchtbar
die Götter auch mit dem Leben der Sterblichen schalteten,
dennoch wenigstens einen schönen Akkord zwischen dem
Göttlichen und Menschlichen zu bilden versucht wurde –
so konnte nie durch die Tragödie jene vollständige
Einheit des Glaubens bewirkt werden, die die zukünftige,
von mir hinlänglich angedeutete Tragödie in dem Herzen
der Zuschauer hinterlassen muß. In diesem Glauben
werden Nothwendigkeit und Freiheit einander gegenüber
stehn und ineinander leben, ein ruhiges Gesetz wird
darin das Göttliche und das Menschliche umfangen,
wenn die Griechen nur die unruhige Willkühr des Schicksals
zwischen beiden schalten sahn. Es kommt darauf an,
das reine Verhältniß zwischen den Griechen und unsern
Forderungen an die Menschheit zu bestimmen; dies konnte
nicht anders geschehn, als indem ich jenes herrliche
Volk augenblicklich diesen Forderungen unterwarf.
Lassen Sie uns jetzt ungestört durch diese Forderungen
die Darstellung der griechischen Tragödie ruhig beschließen. –
Ich
befürchte nicht, daß irgend ein Mitglied dieser verehrungswürdigen
Versammlung meine Würdigung des griechischen Alterthums
und seiner Tragödie, wie einen Tadel desselben verstanden
haben könnte. Das Ideal einer vergangenen Zeit kann
man aus der Geschichte herausheben, und mit dem Ideale
vergleichen, was man in seiner Brust trägt, aber ruhig
füge man es zuletzt an die heilige Stelle der Geschichte
wieder ein, von der man es fortgenommen. Sie trauen
mir zu, daß nur mit diesem Vorbehalt, ich es auf eine
kleine Weile aus seinem Zusammenhang herausgerissen.
Voltaire in seinen lettres sur Oedipe verfährt etwas
anders mit dem Sophokles. Nachdem er vermittelst der
Dacierschen Übersetzung des Sophokleischen Ödipus,
diese Tragödie aus dem griechischen Boden herausgerissen,
das was ihm die Blüthen an diesem Werke zu sein schienen,
abgepflückt, und in seiner Blumenfabrik, wie es sich
versteht, einen neuen und bessern Ödip in der Eil
zu Stande gebracht hat, wirft er die ehrwürdige Antike
fort, und meint: l’harmonie des vers et le pathetique
qui regne dans le style de Sophocle ont pu seduire
les Athéniens, qui avec tout leur esprit et toute
leur politesse ne pouvoient avoir une juste idée de
la perfection d’un art qui etoit encore dans son enfance,
und um seinen Tadel oder vielmehr um die Griechen
zu entschuldigen, nimmt er sich die Mühe zu sagen:
nous devons nous mémes en blament les tragédies des
Grecs, respecter le génie de leurs auteurs: leurs
fautes sont sur le compte de leur siède, leurs
beautés n’appartiennent qu’a eux; et il est à
croire, que, s’ils étoient nés de nos jours, ils auroient
perfectionné l’art qu’ils ont presque inventé de leur
temps. Es gehöre, meint dieser beherzte Mann ferner,
zu den Ungerechtigkeiten unserer Zeit (der Voltaireschen
Zeit,) daß man die Griechen nicht lesen wolle, da
sie doch zu viel Schönheiten hätten, pour qu’on les
méprise entièrement. – Weit entfernt auch
nur vom Skelett der griechischen Tragödie eine Vor-
<13:> stellung zu haben, glaubt er dasjenige
mit männlicher Reife auszuführen, was die Griechen
nur im ersten kindischen Wahne entworfen hätten. –
Wir dagegen erkennen als Künstler den Sophokles für
unsern ewigen Meister, wir glauben an seiner Hand
am sichersten eingeführt zu werden in die Geheimnisse
der Kunst, von ihm am sichersten zu lernen, was uns
fehlt, eben jene Einheit des Geistes und des Werks,
jene Vollendung, jene Gediegenheit, jene dramatische
Ganzheit, und jenen in dem Werke selbst gegründeten
und ihm ganz eigenthümlichen Rythmus, wir vermessen
uns keiner Forderung, als solcher etwa, die aus den
religiösen Tiefen unsers Gemüthes entspringt! Wir,
die wir Göthen haben, halten noch immer Sophokles
für seinen und unsern Meister!