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<Friedrich Baron de la Motte Fouqué (Pelegrin)>, Othar’s Brautwerbung, 47-55; darin: Die Befreiung, 53f.

Die Befreiung.

Nun, o Eichen, nun o Felsen,
Nun Ihr waldumkränzte Wiesen,
Länger haltet Ihr die Jungfrau
Nicht im menschenleeren Ringe!
Flüchtig geht’s an Euch vorüber
Kaum gesehn, bleibt Ihr dahinten;
Othar hält sein Lieb’ im Arme,
Führt es, trägt es, hebt es, schwingt es
Leicht am Bergeshang hinunter,
Hoch ob schneller Bäche Riesel.
Schlimme Waldfrau, hast das Nachsehn!
Wahre selbst nun deiner Ziegen,
Schüre selbst des Heerdes Flammen,
Kehre selbst des Hauses Winkel!
Hell schon durch des Thales Oeffnung
Strahlt das Meer in blauen Schimmern;
Da beginnt der schnelle Retter
Schmeichelworte zur Geliebten:
„Schönes Mägdlein, zartes Mägdlein,
Leicht dich mir im Arme wiegend,
Hast nun lang’ genug der Wälder,
Der Gebürge Nacht durchstrichen?
Lang’ genug vor Ries’ und Waldfrau
In der Wüst’ allein gezittert? <54:>
Oeffn’, o öffne mir die Augen,
Strahlt mich an, Ihr süßen Lichter!
Seht schon nah die weißen Segel
Flattern, und die bunten Wimpel!
Das ist Othar’s mächt’ge Flotte,
Schätze drauf und mächt’ge Krieger,
Allbereit, o Königstochter,
Deinen Worten, deinen Winken,
Kühn des Meeres Ebnen pflügend
Eilen wir mit günst’gem Winde,
Fort und fort zur hohen Lethra,
Ziehn an’s Thor mit Jubelliedern.
Anders wird man uns empfangen,
Als vordem den wilden Riesen,
Anders auch, als er hinwegritt,
Kehrt der freud’ge Othar wieder.“
So noch hofft’ er, so noch sang er,
Aber schon vom Arm geglitten
War ihm scheu die zarte Jungfrau,
Wandte mit geschlossnen Wimpern
Ab sich vom betrübten Retter.
Der (was half ihm That und Bitte?)
Gieng in Leid und Schaam erröthend
Still hinab zu seinen Schiffen.

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Letzte Aktualisierung 28-Jan-2003
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