Zeitung für die elegante
Welt, 5. 2. 1808, Nr. 21, Sp. 167f.: Korrespondenz- und Notizen-Blatt. (3 Meldungen u. d.
Titel: Aus Weimar.) (82 Zeilen); darin: Sp. 167f. (Z. 41-69; 2. Meldung)
Phöbus
Frau von Stael empfängt in Wien alle Beweise von Hochachtung, die Delphine-Corinna nur erwarten
kann. Man will versichern, daß sie bald im Frühjahr einen Besuch in Weimar ablegen und
dort erst ihre Lettres sur lAllemagne, wozu sie vor 5 Jahren dort zuerst Materialien
zu sammeln anfing, vollenden werde, weil sich nur dort so etwas vollenden lasse.
Das vor Kurzem im Journal de lEmpire über sie und den Prinzen August von
Preußen ausgesprochne Urtheil beweist die Gesinnungen, die eine gewisse Partei in
Frankreich wohl nie in Absicht ihrer ablegen wird. Die Urtheile der Deutschen über ihre
Corinna scheint ein Aufsatz, der in dem eben erschienenen ersten Stück des Phöbus
von Müller und Kleist den Beschluß macht, endlich aus dem
Schwankenden zu einer erfreulichen Bestimmtheit bringen zu wollen. Die Frau v. Stael hat nach ihrem eigenen
Ausdruck über Hrn. Necker, un clavier dune singulière étendue. Der
Umfang des Instruments, auf dem sie spielt, ist außerordentlich; die streitendsten
Empfindungen stehn ihr zu Gebot: für jede ist die Saite schon gespannt und gestimmt, und
erwartet nur noch die Berührung. Gegen das musikalische Gehör der Seele ist auch nichts
einzuwenden. Welche Melodie ihr irgend ein Herz vorempfunden hat, weiß sie mit großer
Präzision nachzuspielen. Nur gegen die Resonanz des Instruments und gegen die Manier
darauf zu spielen ist viel zu sagen. Die geistreichen Verfasser bleiben die
Beweise nicht schuldig. Auf diesen ersten Abschnitt über die schriftstellerische
Persönlichkeit der Frau von Stael wird im zweiten Stück die Betrachtung über ihre
Corinna zu einer Vergleichung der deutschen und französischen Sentimentalität führen.
Corinna] nach Mme. de Staëls Roman Corinne
ou lItalie (Paris 1807); deutsche Übersetzung von Friedrich Schlegel
(Corinna oder Italien, Berlin 1807/08)
Die (
)
sagen] Zitat nach Phöb. I 54: Der Geist der Frau von Stael hat es
läßt sich nicht besser ausdrücken als mit ihren eignen Worten über Herrn Necker
un clavier (
). Nur gegen die Resonanz des Instruments und gegen die Manier, in
welcher die Meisterinn darauf phantasirt, ist viel zu sagen.
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