Der Freimüthige oder
Berlinisches Unterhaltungsblatt für gebildete, unbefangene Leser (Berlin), 6. 2. 1808,
Nr. 27, 105f.
Phöbus“
Neue Zeitschriften.
(Beschluß.)
Der zweite Aufsatz des Phöbus, über die Bedeutung des Tanzes, verräth eine geübte
Hand, die wir schon vorher einigemal mit Vergnügen in den Horen bemerkt haben. Es sind
nur Andeutungen zwar, aber gedacht und klar.
Der Engel am Grabe des Herrn, von Kleist, veranlaßt durch das
erwähnte Hartmannsche Gemählde, ist ohne Bedeutung.
Ein liebliches Geschenk dagegen ist ein Gedicht von Novalis an
Dorothee, in der wir eine Dresdner verdienstvolle Pastellmalerin wieder zu erkennen glauben. Nun
folgen Fragmente über die dramatische Poesie und Kunst. Es sind Auszüge aus den
Vorlesungen, die Adam Müller im vorigen Jahre über diese Gegenstände hielt. Sie
enthalten sehr viel Schönes und Gutes im edlen, belebten Stil vorgetragen. Besonders
gehaltreich sind die Abhandlungen: der monologische Naturfreund (welches wohl mehr der
monologische Dichter heißen sollte.) vom dramatischen Antheil, und von der schlechten,
von der sogenannten guten und von der schönen Gesellschaft. Nur dürfte doch wohl, Seite
41, der Ausfall auf
Iffland, der uns 20 Jahre mit seinen Schauspielen gelangweilt haben soll,
sehr unbillig, so wie meist alle Ausfälle, seyn. Wird man denn nie ein Verdienst
anerkennen lernen, ohne ein anderes in den Staub herabzustürzen?
Der 6te Aufsatz, über Popularität und Mysticismus, ist zu kurz, um
seinen Gegenstand ganz erschöpfen zu können, und bezieht sich mehr auf den Geist dieser
Zeitschrift, als auf das Allgemeine. Ob der zuletzt aufgestellte Satz: Es giebt keine
Entweihung des Wahren und Schönen, also ist auch die Einweihung nicht vonnöthen, eben
das bedeute, was jenes unsterbliche Wort: des wahren Geheimnisses Eingeweihter ist jeder,
der es versteht, sagen will, möchten wir übrigens sehr bezweifeln; denn leider! liegen
nur zu viele Entweihungen des Wahren und Schönen in unsrer Zeit am Tage.
Der letzte Aufsatz, über den schriftstellerischen Charakter der Frau
von Stael-Holstein, wird jeder, der sich für die Werke dieser Dame interessirt, mit
Theilnahme und Vergnügen lesen.
Das Ganze schließt nun ein Epilog von Heinrich von Kleist. Der eignen
Beurtheilung wegen mag er ganz hier stehn.
Ruhig! Ruhig! Nur sacht! Das saust ja, Kronion, als wollten
Lenker und Wagen und Roß stürzend einschmettern zu Staub!
Niemand, ersuch ich, übergeprescht! Wir lieben die Fahrt schon
Munter gestellt, doch es sind Häls uns und Beine uns lieb.
(Schöner Ausgang des Pentameters!)
Dir fehlt nichts als hinten der Schweif; auf der Warte zum mindsten
Weiß noch versammelt die Zunft nicht wo das aus will, wo ein.
(Ja wohl, in den Kleistischen Versen!)
Führ in die Ställ, ich bitte Dich sehr, und laß jetzt verschnaufen,
Daß wir erwägen zu Nacht, was wir gehört und gesehn.
Weit noch ist, die vorliegt, die Bahn, und mit Wasser, o Phöbus,
Was Du den Rossen auch giebst, kochst Du zuletzt doch, wie wir.
Dich auch seh ich noch schrittweis einher die Prustenden führen,
Und nicht immer, beim Zevs, sticht sie der Haber, wie heut.
Das Außere dieser Zeitschrift ist sehr schön, der Druck korrekt und
angenehm, das Quartformat selbst für den Zweck gut gewählt. Wir hoffen, daß ein Mann,
wie Adam Müller, mit seiner feinen, treffenden und auf mannichfacher Bildung beruhenden,
Kritik gewiß derselben durch strenge Auswahl immer höhern Glanz geben werde.
- cho -
Pastellmalerin Johanna Dorothea (Dora) Stock
(1760 - 1832), Schwägerin und Hausgenossin Gottfried Körners
Ausfall auf Iffland
nicht auf S. 41, sondern auf S. 44.
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