Archiv für Literatur,
Kunst und Politik, 28. 10. 1810, Nr. 86, Sp. 689f.: Miszellen aus
Berlin (vom October 1810. Beschluß)\1\
Berliner Abendblätter
Seit dem 1sten October erscheint hier täglich ein gedrucktes Quartblatt, unter dem
Titel: Berliner Abendblätter, das gegen Abend ausgegeben wird. Die
Herausgeber haben sich nicht genannt, auch in der vorläufigen Ankündigung erklärt, wie sie sich über den Plan dieser Flugschrift
nicht auslassen könnten, wodurch sie freylich einen desto freiern Spielraum erhalten;
indeß scheint aus den bisher herausgekommenen Blättern, vorzüglich hervorzugehen, daß
ihre Tendenz dahin gerichtet ist, einige Sarcasmen gegen Individuen in Umlauf zu bringen;
hauptsächlich gegen das hiesige Nationaltheater und dessen Director, Herrn Iffland.
Dies geht sattsam aus einem darin abgedruckten Gedichte: An
unsern Iffland, bei seiner Zurückkunft in Berlin, und aus einer Critik des Stücks: Ton des Tages, Lustspiel von
Julius v. Voß, hervor, wo Ifflands Action mit den Händen,
ironisch gelobt wird. Dieser letztere Aufsatz hat aber zu nachstehendem Epigramm
Veranlassung gegeben.
An den Theater Critiker
Xy.
Du rühmst die Kraft von Ifflands Künstlerhänden,
Wir haben nichts dawider einzuwenden,
Verschaffst Du nur ihm bald Gelegenheit,
Sie, im Gefühl pflichtschuldger Dankbarkeit,
Im vollen Maaß zum Lohne Dir zu spenden.
Aus den mystischen und
metaphysischen Styl in einigen Aufsätzen, und aus den Unterschriften H. v. K. und A. M. schließen einige, daß
die Herren Heinrich von Kleist und Adam Müller, die Herausgeber und vorzüglichsten Mitarbeiter an
diesen Abendblättern sind. So strenge Critiker aber werden sich doch schwerlich solche
Nachläßigkeiten zu schulden kommen lassen, wie z. B. in einer der darin erzählten
Anecdoten, unter der Überschrift: der (!)
Geissel Gottes, worin erzählt wird, daß ein Kloster in Polen, einer Gräfin,
die solchem ihr Vermögen vermacht, einen aus Erz gegossenen Leichenstein habe
setzen lassen. Dies ist doch offenbar ein lederner Schleifstein.
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\1\Das einzige
bekanntgewordene Exemplar dieser Ausgabe, in der Bibliothek des Vereins für
Hamburger Geschichte, ist während des II. Weltkriegs zerstört
worden. Der vorliegende Abdruck folgt der Textwiedergabe in: Helmut
Sembdner, Die Berliner Abendblätter Heinrich von Kleists, ihre Quellen und ihre
Redaktion, Berlin 1939, 10. Datierung und bibliographische Angaben sind übernommen
von Sembdner und Werner Deetjen, der den Text erstmals mitgeteilt hat (Zum Kampf um die
Abendblätter, in: JbKG 1929/1930, 21f.).
Ankündigung] >>Königlich privilegirte Berlinische Zeitung von Staats-
und gelehrten Sachen (Vossische Zeitung), 25. 9. 1810, Nr. 115 (unpag.)
Gedichte] BA 3. Bl./3. X. 1810
Stücks] BA 4. Bl./4. X. 1810
Unterschriften] finden sich viermal bis zum
18. Bl./20. X. 1810 H. v. K.: Ode auf den
Wiedereinzug des Königs im Winter 1809 (5. Bl.), Anmerk. des
Herausgeb. (9. Bl.), Theater. Unmaßgebliche Bemerkung
(15. Bl.); A. M.: Literarische Merkwürdigkeiten (5. Bl.)
Herausgeber] >> Nordische Miszellen, 21. 10. 1810,
Nr. 42, 341-346: Correspondenznachrichten
der (!) Geissel Gottes]recte: Der
Griffel Gottes BA 5. Bl./5. X. 1810; >> Neuer Breslauischer Erzähler, 15. 12. 1810,
Nr. 25, 197f.: Allerlei Curiosa
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