Allgemeine Deutsche
Theater-Zeitung, 11. 3. 1808, Nr. 21, 88-90: Correspondenz- und Notizen-Blatt; darin: 89f.
Der zerbrochne Krug Aus Weimar.
Am zweyten März gab man den Gefangenen, Oper in einem Akt, von Della
Maria. Hierauf folgte zum ersten Mahle: Der zerbrochene Krug, Lustspiel in 3
Aufzügen. Das Süjet desselben ist recht artig. Ein gewissenloser Dorfrichter wird von
dem Justizrevisor der Niederlande an einem Morgen überrascht, da er noch die Spuren einer
Verwundung vom vorigen Abend an sich trägt. Der Gerichtsrath will einem Gerichtstage
beywohnen, den jedoch der Dorfrichter, da er seine Perücke verbrannt zu haben angiebt, im
bloßen Kopfe halten muß. Es erscheint ein Bauerweib, die ihren künftigen Schwiegersohn
verklagt, daß er, da er ihre Tochter in dunkler Kammer bey einem entflohenen Galan
getroffen, ihren historisch merkwürdigsten Krug zerbrochen. Aus dem scheuen Schweigen der
Tochter, der Verlegenheit und den Wunden des kahlköpfigen Dorfrichters errathen wir
sogleich, daß nur er am Abend unter irgend einem Vorwande bey Jungfer Eve gewesen; aber
hilf Himmel, hilf! nun müssen wir noch den zweyten und den (das ganze Stück verdarb
dritthalb Stunden) eine Stunde währenden, dritten Akt, alles ein einziges Verhör, mit
anhören. Dem Erzähler kommt es wohl zu, und wird bey ihm interessant, aber der
dramatische Dichter darf die entdeckte Wahrheit nicht so unendlich weit vom endlichen
Bekenntniß entfernen. Daß der Verfasser kein Dramatiker ist, beweißt seine Unkunde
jeder dramatischen Regel. Ich höre, daß es ein Herr von Kleist sey. Der tapfere Obrist
(denn ich denke mir durchaus den Verfasser als Soldaten) zog die Socke an, ließ aber die
Sporen nicht ab, und verwickelte sich so in Thaliens Gewand, daß er stundenlang hin und
herziehen mußte; bis er sich, auf Kosten der leichten Bekleidung, endlich heraus zog. Dem
Publikum gereicht es zur Ehre, daß es, am Ende des Stückes (was ich nie hier erlebte)
wirklich pochte. Auch könnte wahrlich nur ein geschmackloser Schulmonarch, der mit
gleicher Geduld zum Valerius Maximus und ins Theater geht, dieses Machwerk interessant
finden. Hr. Becker war als Dorfrichter Adam vortrefflich, seine
Mahlerey sehr passend. Demois. Elsermann, die eigentliche plagende
Erzählerin, Jungfer Eve, hatte sich recht gut kostumirt. Richtig ergriff Hr. Unzelmann
den Ton des Schreibers Licht, Mad. Wolff war Frau Marthe Rull. Gerichtsverwalter Herr Oels,
Frau Brigitte Demois. Silie, der Bauer Ruprecht Hr. Wolff.
Nächstens etwas über die bereits früher gegebene Vorstellung des
Mahomet.
Emendation
Rull] Null D
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