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                   Reinhold Steig, Heinrich von Kleists Berliner Kämpfe 
                    (Berlin, Stuttgart: Spemann 1901), 223-225 
                     
                    20. Vier Theaterabende von Friedrich 
                    Schulz.  
                     
                     Solche Artikel, wie den Kleists, 
                    kann eine Zeitung nicht alle Tage bringen; sie muß das weiße 
                    Feld auch ab und zu unschädlicheren Mitarbeitern überlassen. 
                    Friedrich Schulz bewältigte im 49. Abendblatte, vom 26. November 
                    1810, vier Theaterabende in einem Zuge: Die Quälgeister, eine 
                    Bearbeitung von Shakespeares Viel Lärm um nichts, das 
                    Singspiel von Weigl Die Schweizerfamilie, die Novität Das 
                    <224:> zugemauerte Fenster von Kotzebue nebst dessen 
                    beiden Klingsbergen, und die Jungfrau von Orleans. 
                     Frau Bethmann in Shakespeares Drama ist ihm 
                    wieder über alles Lob erhaben. Mit sehr vielen Worten hebt 
                    er auch Herrn Ifflands originelles und lebendiges 
                    Spiel hervor; wo er kritische Bedenken gegen ihn hat, 
                    bekennt er doch gern, daß er nur schüchtern seine bewährte 
                    Meinung der prononcirten Wahl eines praktischen Künstlers 
                    von Herrn Ifflands Geist und Verstand entgegenstelle. 
                    Neben Iffland in den beiden Klingsbergen begrüßt er das keck 
                    und lustig über die Schranken hinausgehende Talent Unzelmanns, 
                    der nach langer Abwesenheit zuerst wieder aufgetreten war: 
                    wo ein Iffland sei, müsse auch ein Unzelmann sein. 
                    Die Anzeige der Jungfrau von Orleans besteht darin, daß Schulz, 
                    von der Madame Schütz angefangen, alle einzelnen Darstellerinnen 
                    der Johanna auf der Berliner Bühne nach einander durchgeht, 
                    um der Mslle Beck vom Mannheimer Theater, die als Gast die 
                    Rolle spielte, ein enthusiastisches Loblied zu singen. Man 
                    hoffe, daß ihre Erscheinung, so unerwartet sie sei, 
                    auf der berlinischen Bühne, die vor andern Mittel und Beruf 
                    habe, die erhabenen tragischen und poetischen Werke ihrer 
                    vaterländischen Dichter würdig und immer würdiger auszustatten, 
                    nicht vorübergehend sein werde. Ebenso wurde das Spiel 
                    der Schauspielerin im Abendblatte vom 30. November, anonym, 
                    in energischen Schutz genommen gegen die Vossische und Spenersche 
                    Zeitung, als habe sie die Rolle der Jungfrau von Orleans mit 
                    Hülfe der Madame Schütz einstudirt und ganz nach deren Anleitung 
                    und Vorbilde ausgeführt. Es kann diese Berichtigung 
                    doch wohl nur auf Anregung der Mslle Beck in die Abendblätter 
                    gekommen sein, da sie einzelne positive Angaben enthält, die 
                    Niemand außer ihr geben konnte. Die Abendblätter galten also 
                    als das Organ, in dessen Schutz <225:> alle mit dem 
                    Theater nicht zufriedenen oder von den alten Berliner Zeitungen 
                    übel behandelten Personen sich flüchten konnten. Mslle Beck 
                    erfreute sich der Gunst der Kleistischen Gruppe, sie wurde 
                    auch wirklich noch 1810 für die Berliner Bühne gewonnen. 
                     
                    
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