Robert
Keil, Aus Wielands Leben, in: Vom Fels zum Meer (1886), Bd. 2, H. 7 (April),
Sp. 112-135; darin: Sp. 128f.
Kleist bei Christoph Martin Wieland
Noch ist eines interessanten Besuches zu gedenken, welchen Wieland in Oßmannstedt
empfing. Der junge Dichter Heinrich von Kleist kam nach Weimar. Wieland lernte ihn näher
kennen, fand an ihm einen jungen Mann von seltenem Genie, von Kenntnissen und von
schätzbarem Charakter, gewann ihn lieb und ließ sich daher leicht bewegen, ihm ein
Zimmer in seinem Hause zu Oßmannstedt einzuräumen. Dort war Kleist vom Januar bis März
1803, sechs Wochen lang, sein Hausgenosse und manches wurde von ihnen besprochen und
beraten. Der obengenannte Dr. Netto <129:>
erinnert sich noch der Erzählung seines Vaters, des würdigen Pastors Netto, wie Wieland
und Kleist in seinem Beisein über einen Plan, zu dessen Ausführung Wieland den jungen
Mann aufgemuntert, über das Trauerspiel: Die Familie Schroffenstein viel
verhandelt haben. Nur ungern und mit Schmerz nahm Wieland von dem talentvollen jungen
Dichter Abschied.
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