Klaus Kanzog, Rudolf Köpkes handschriftliche Aufzeichnungen der
Kleist-Bemerkungen Tiecks. Zugleich ein Schlußwort zur Manuskript-Lage des
Prinz von Homburg, in: Euphorion 62 (1968), 160-168; darin: 161
Rudolf Köpke: Tieck über seine Begegnung mit Kleist (Dresden 1808) und über
Kleists Werke
auf dReise nach Wien 1808 hält er sich 14 Tage in Dresden auf,
sieht hier im / Goldenen Engel einen blassen jungen Mann den er für H. v. Kleist
hält. lernt / diesen dort wirklich kennen. Dieser ist im vertrauten Umgange mit
Adam Mül / ler, dessen Bek. Tieck erneuert. Er findet ihn absprechend, hochfahrend, katho
/ lisierend, ist ihm widerlich. Kl. verkehrt ferner mit d. General Carlowitz u.
dBru / der Pfuels. Kl. ist treu, wahr, bieder aufrichtig aber d. sonderbarsten
Stimmungen / unterworfen. Es hat sich bei ihm Verachtung d. Welt u. Ingrimm entw. Er /
kann sehr theilnehmend sein, kann aber auch Stunden lang schweigen [schw < sich korrigiert]
vor In / dignation. Er leidet an Einbildungen: so wähnt er in Ad. Müllers Frau, die /
dieser auch entführt hat, verliebt zu sein u. will A. Müller von d. Terras- / se
stoßen. Er hält sich für einen großen Kantianer u. hat offenbar keine / Anlage zur
Phil. Ebenso nimmt er bed. Interesse an Maschinenbau wovon / er auch wenig versteht. S.
zerbrochner Krug ist ein Meisterwerk, es ein Mißgriff / als Göthe ihn in 3 Akte
getheilt aufführen ließ. Welche ächt deutschen Töne / werden nicht
in s. Käthchen bes. im Prinzen v. Homburg angeschlagen! Dieser / eines d. trefflichsten
nationalsten Dramen, wenn uns auch d. mystische Seite fer- / ner liegt. Kl. hatte d.
Stück d. Prinzessin Wilhelm v. Pr. überreichen / lassen im Msc. Diese läßt es liegen,
eine Hofdame giebt es an T. ohne / Wissen d. Pr. der es auf diese Weise rettet. S.
Schroffenstein hat viel Schönes / u. recht Dramatisches, anderes ist platt ja kindisch,
so d. Gesch. mit d. Finger / Trefflich [i-Punkt fehlt] sind dErz. bes.
[< Mich korr.?] Kohlhaas und auf d. Ende mehr noch abgeschlossen ist
die / Marquise v. O. auf Ad. Müllers Antrieb fordert Kl. später im J. 1810 Rau /
mer, der ihm Beiträge für s. Abendblatt versprochen hatte polit. Inhalts / da er damals
in Hardenbergs Kanzlei arbeitet. Diese fallen nicht so reichlich / aus als
Kleist erwartete, er meint R. werde es nun aus Furcht thun. Eine eigentl. /
Freundschaft zw. T. u. Kl. bildet sich nicht. Doch liebt u. ehrt dieser s. bed.
Talent.
H: SBB-PK, Tieck-Nachlaß, Kapsel 8
|