BKA-Brandenburger Kleist-Ausgabe Start Übersicht Suchen Kontakt Andere interessante Websites Institut für Textkritik e. V.

[ APPENDIX: MATERIALIEN ]

[ ]

 

Karl Wilhelm Ferdinand v. Funck, Robert Guiscard Herzog von Apulien und Calabrien, in: Die Horen 9 (1797), 1. Stück, 1-58; 2. Stück, 1-33; 3. Stück, 1-14; darin: 1. Stück, 55-58

Der Eifer, mit welchem er den Bau eines neuen Gotteshauses in Salerno betrieb, überzeugte jedermann von seiner grossen Frömmigkeit, und zu allen Zeiten hatte er sich bemüht, den Abt und die Mönche von Monte Casino sich zu verbinden. Reiche Geschenke waren das sicherste Mittel, die Gunst der Klosterherren zu erlangen, und Robert versäumte nicht, sie nach jeder seiner Eroberungen an der Beute Antheil nehmen zu lassen. Freigebig mit Gold, reichen Stoffen oder kostbaren Seltenheiten, hütete er sich jedoch, ihre Macht durch Länderschenkungen zu vermehren. Die Art, mit welcher er seine Opfer darbrachte, und die sinnreichen Anspielungen, welche darunter verstanden wurden, erhöheten ihren Werth. Für die Unter- <56:> stüzung ihrer Gebete überreichte er ihnen nach seiner ersten Seeschlacht das goldne Modell eines Schiffes; ein griechisches mit Perlen und Edelsteinen beseztes Gewand folgte auf die Eroberung von Bari, und von seinem Sicilianischen Zuge brachte er ihnen dreizehn reich gekleidete Sarazenen, auf eben so vielen prächtig aufgepuzten Maulthieren reitend, und Persische Teppiche mit. Die Geldsummen, welche diese Geschenke begleiteten, wurden allemahl in den Münzsorten der so eben von ihm besiegten Feinde ausgezahlt. Auch jetzt, bey der Einweihung seiner Kirche, in welcher er den ganzen Körper des heiligen Mathäus mit grosser Andacht niederlegte, bekamen die Mönche einen neuen Beweis seiner Freigebigkeit. Ein ganzes Armbein, welches man dem Evangelisten abgelöset hatte, wurde in kostbare goldne Kapseln gefaßt. Robert, und seine Söhne trugen jeder ein Stückchen davon, den Rest überbrachte er mit anderen reichen Gaben in Person dem Kloster Casino dem Kloster Casino, und empfahl sich auf das dringendste dem Schutz der frommen Väter.
Von ihren Seegenswünschen begleitet, eilte er nach Calabrien, um die Stadt Santa-Severina zu belagern, wohin sich Abälard nach der Eroberung von Salerno geflüchtet hatte. Er fand hier einen unerwarteten Widerstand. An der Spitze eines Haufens von Abentheurern und Verbannten, die gleich ihrem Anführer nichts mehr zu verlieren hatten, that Abälard wüthende Ausfälle, schlug die stürmenden Belagerer zurück, und machte sie am Ende so muthlos, daß Robert sich begnügen mußte, <57:> die Stadt durch Linien einzuschliessen, und Verstärkungen aus Apulien kommen zu lassen. Auch jetzt siegte Verzweiflung über die Tapferkeit der grössern Anzahl, und Robert war im Begriff, die Belagerung aufzuheben, als das Glück, welches die Söhne Humphreds verfolgte, den jüngsten von ihnen, Herrmann in dem Schlosse Cava bey Salerno in die Gewalt seines Oheims lieferte. Abälard setzte der Bruderliebe jede andre Bedenklichkeit nach, er übergab die Stadt zum Lösegeld für Herrmanns Freiheit, aber der Herzog bediente sich eines unedlen Kunstgriffs, um seine unglücklichen Neffen zu täuschen. Er hatte versprochen, den jüngeren Bruder loszulassen, sobald er auf dem Berge Gargano würde angekommen seyn, und als ihn der Ältere an sein gegebnes Wort erinnerte, antwortete er mit bitterm Spott: Er sey nicht gesonnen, in den nächsten sieben Jahren den Gargano zu besuchen. Abälard verbiß seinen Schmerz, nahm aber die erste Gelegenheit wahr, zu entweichen, und warf sich in das Schloß Santa Agatha an der äusersten Spitze Calabriens. An diesem Orte, wo er aus Griechenland Hülfe erwarten konnte, hielt er eine neue Belagerung aus, und Robert sah sich endlich doch genöthigt, den Gefangnen frey zu lassen, um dafür Santa Agatha wieder zu bekommen.
Auf seinem Rückwege erhielt er zu Troja einen Besuch von dem jungen Hugo von Este, der mit seinem Vater, dem Markgrafen Azo gekommen war, in Person um Roberts zweite Tochter zu werben. Der Herzog feierte diese Vermählung mit ausserordentlicher Pracht. Die <58:> Grossen der Normannen wurden an den Hof berufen, und mit ihrer Einwilligung sagte er seine Tochter dem Prinzen von Este zu. Diese Feierlichkeit, welche die junge Fürstin zu einer so wichtigen Person für das ganze Land machte, beleidigte die Baronen, noch mehr aber die ansehnlichen Beiträge, die sie auf Roberts Verlangen zu der Aussteuer geben mußten. Sie kehrten mißvergnügt auf ihre Schlösser zurück, und das Feuer des Aufruhrs, welches immer in der Asche fort geglimmt hatte, schien nur des leisesten Hauches zu bedürfen, um fürchterlich durch alle Provinzen auszubrechen.

(Die Fortsezung folgt.)


[ MATERIALIEN ]

[ ]

Copyright © 2000 by Institut für Textkritik e. V., Heidelberg
Letzte Aktualisierung 22-Jan-2003
[ Webdesign: RR 2000 ]