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Heinrich Düntzer (Hrsg.), Aus Karl Ludwig v. Knebels Briefwechsel mit seiner Schwester Henriette (Jena: Mauke 1858), 328

Henriette v. Knebel an Karl Ludwig v. Knebel, Weimar, 5. 3. 1808

[Weimar] Sonnabend den 5. März 1808.
Unser „Attila“ ist nicht sehr vorgerückt, und wir haben das letztemal nur einen Akt, nämlich den dritten, der etwas lang ist, angehört. Das nächstemal wird sein Einzug in Rom und sein Auszug aus der Welt wohl zusammen kommen. Er hat sich einem weiblichen Dämon anvertraut, einer gewissen Prinzeß Hildegunde, deren Eltern er vertrieben und den Bräutigam erschlagen hat. Diese folgt und verbindet sich mit ihm, um ihn auf einmal recht ins Verderben zu stürzen. Sie ist ein Ungeheuer von Rache und Verstellung, wogegen Attila noch recht honnet erscheint, daß er einen wohl dauern könnte. Für solches Mitleiden wird Napoleon sich zu hüten wissen, wie ich glaube. Es sind einige ganz vorzüglich schöne Stellen in dem Stück, doch bitte ich Gott, daß ich es, wegen der schrecklichen Länge, niemals auf dem Theater sehen möge. Bis jetzt ist auch noch nichts Mystisches vorgekommen, aber Goethe, dem ich meine Freude darüber bezeigen wollte, sagt, daß alles auf die Letzt käme und daß wir keineswegs verschont würden.
Ein fürchterliches Lustspiel, was wir am vorigen Mittwoch haben aufführen sehen und was einen unverlöschbaren unangenehmen Eindruck auf mich gemacht hat und auf uns alle, ist „der zerbrochene Krug“ von Herrn von Kleist in Dresden, Mitarbeiter des charmanten „Phöbus“. Wirklich hätte ich nicht geglaubt, daß es möglich wäre, so was Langweiliges und Abgeschmacktes hinzuschreiben. Die Prinzeß meint, daß die Herrens von Kleist gerechte Ansprüche auf den Lazarusorden hätten. Der moralische Aussatz ist doch auch ein böses Uebel. Ich glaube, bei diesen Herrens hat sich das Blut, was sie sich im Krieg erhalten haben, alles in Dinte verwandelt. Im nächsten „Phöbus“, den Dir die Prinzeß bald schicken wird, tritt dieser selbe Autor auch gleich mit so einer abscheulichen Geschichte auf, lang und langweilig im höchsten Grad. –


abscheulichen Geschichte] „Die Marquise von O....“ in Phöbus II

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Letzte Aktualisierung 23-Jan-2003
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