XVI. Wanderers
Tagereise.
Aus fernem Land kam
ich gezogen,
Weit
von des Aufgangs goldnem Strand,
Viel duldet’ ich auf Meereswogen,
Und
viel auf gottbesä’tem Land,
Und sah der Nacht uralte Stätte,
Und war im Haus der Morgenröthe.
Und als im Reigen
heil’ger Stunden
Wohl
sieben lange Jahre flohn,
Und Alles, Alles schien verschwunden,
Heimath
und Weib und theurer Sohn,
Da führt mich eines Gottes Gnade
Zurück an’s heimische Gestade.
Doch nicht vermag
ich’s zu erkennen,
Das herzgeliebte Vaterland,
Erst muß ein Himmlischer mir’s nennen,
Der klagend mich am Ufer fand,
Er muß den Nebel erst zerstreuen,
Eh’ ich der Heimath mich kann freuen. <52:>
Da war der alte Lorbeer
wieder,
Deß
ich als Kind mich schon gefreut,
Der Zeuge meiner ersten Lieder,
In
dessen süßer Dunkelheit
Oft Himmelsjungfraun zu mir kamen,
Und mich in ihre Arme nahmen.
Und dort vom väterlichen
Heerde
Stieg
noch der liebe Rauch empor!
Ich warf mich auf die heil’ge Erde,
Und
küsse sie wie nie zuvor,
Und eile nun zu meinen Hallen,
Dem edlen Weib an’s Herz zu fallen.
Doch wie ich ruf’
und wie befehle,
Sie
öffnen mir die Pforte nicht,
Von Fremden voll sind meine Säle,
Die
werben um mein Augenlicht,
Ein treuer Hund nur kennt mich wieder,
Und stirbt und schließt die Augenlieder.
Sie fahn und binden
mich mit Stricken,
Ein
Thurm faßt den verstoßnen Mann,
Wohin kein Strahl der Sonne blicken,
Kein
Mond dem Armen leuchten kann.
Zuletzt erbarmen sich die Raben,
Mit Trank und Speise mich zu laben.
Getrost! getrost,
verlaßne Seele!
Es
wird der Kerker nicht dein Grab!
Bald steigt in deine Jammerhöhle
Der
Freiheit güldner Tag hinab,
Die Mauer springt, die Ketten brechen,
Darein mich schlug die Hand der Frechen.
Und offen vor der
Feinde Blicken
Führt
mich ein Himmlischer heraus,
Es beut der Strom mir seinen Rücken,
Und
ich begrüße froh mein Haus.
Der dunkle Zauber muß sich lösen,
Zerbrochen wird die Macht der Bösen. <53:>
Und Götter steigen
aus der Wolke,
Und
salben feierlich aufs neu
Mein Haupt vor dem bestürzten Volke,
Daß
ich ihr ew’ger König sei,
Das Eisen rostet in der Scheide,
Ich herrsch’ aufs neu in Fried’ und Freude.