XIII. Saul und 
                            David.
                            (Gemälde des Hrn. v. Kügelchen.)
                          In seiner Burg auf 
                            goldnem Throne
                            Saß König Saul in tiefem Schmerz,
                            Ihm brennt’ auf seinem Haupt die Krone
                            Der Purpur brennt’ auf Brust und Herz;
                            Am Herrn hatt’ er sich schwer vergangen,
                            Sich wider sein Gebot empört, <105:> 
                            Es war der Geist des Herrn von ihm gegangen,
                            Ein böser Dämon nahm sein Herz gefangen,
                            Blickt aus dem Aug’ wild und verstört,
                            Wie gift’ger Nebeldunst auf schwarzer Höhle,
                            Der Fluch liegt auf des Königs Seele,
                            Mit tausend Schrecken wild ihm droht,
                            Und jede Stunde stirbt er einen Tod,
                            Die Menschen flohn, der Sonne Blick
                            Floh selber scheu vor seiner Nacht zurück.
                            So saß er, wie ein Bild von Stein,
                            Da tritt ein schöner Jüngling ein,
                            Mit Harfenspiel und Saitenklang,
                            Und hebt den lieblichen Gesang:
                          Auf den Herren will 
                            ich bauen,
                             Mild 
                            und freundlich ist der Herr!
Mild 
                            und freundlich ist der Herr!
                            Guter Hirt auf grünen Auen
                             Seine 
                            Lämmer weidet Er.
Seine 
                            Lämmer weidet Er.
                            Über seinem treuen Volke
                             Ewig 
                            wacht sein Angesicht,
Ewig 
                            wacht sein Angesicht,
                            Tritt er auch in schwarze Wolke,
                             Bald 
                            erleuchtet uns sein Licht.
Bald 
                            erleuchtet uns sein Licht.
                          Herrlich führte seine 
                            Rechte
                             Uns 
                            durch wilde Meeresfluth,
Uns 
                            durch wilde Meeresfluth,
                            Zog im Grauen tiefer Nächte
                             Vor 
                            dem Heer in heil’ger Gluth,
Vor 
                            dem Heer in heil’ger Gluth,
                            Gab das theure Land den Seinen,
                             Land, 
                            da Milch und Honig fleußt.
Land, 
                            da Milch und Honig fleußt.
                            Lobt in Berg und Thal und Hainen
                             Ihn, 
                            deß Name Gnädig heißt!
Ihn, 
                            deß Name Gnädig heißt!
                          Als die Heiden Bündniß 
                            machten,
                             Fuhren 
                            aus wie Stromes Lauf,
Fuhren 
                            aus wie Stromes Lauf,
                            Rief der Herr zu heil’gen Schlachten
                             Manchen 
                            theuern Helden auf.
Manchen 
                            theuern Helden auf.
                            Richter, recht sein Volk zu richten,
                             Standen 
                            auf in Seiner Kraft,
Standen 
                            auf in Seiner Kraft,
                            Stolze Heiden zu vernichten,
                             Übten sie die Ritterschaft. <106:>
 
                            Übten sie die Ritterschaft. <106:>
                          Preißt den Herrn auf 
                            neuen Saiten!
                             Einen 
                            Mann hat er erweckt,
Einen 
                            Mann hat er erweckt,
                            Für sein heilig Volk zu streiten,
                             Ihn 
                            mit seinem Schild bedeckt,
Ihn 
                            mit seinem Schild bedeckt,
                            Hat ihn auf den Thron erhoben,
                             Zog 
                            ihm selbst den Purpur an –
Zog 
                            ihm selbst den Purpur an –
                            Auf, o König, Ihn zu loben,
                             Der 
                            dieß Wunder dir gethan!
Der 
                            dieß Wunder dir gethan!
                          Auf! den Wassern zu 
                            entsteigen,
                             Die 
                            dir an der Seele stehn!
Die 
                            dir an der Seele stehn!
                            Laßt mit Pauken und mit Reigen
                             Uns 
                            zum Heiligthume gehn!
Uns 
                            zum Heiligthume gehn!
                            Auf! und zeuch nun sonder Zagen
                             Wider 
                            Heiden nah und fern!
Wider 
                            Heiden nah und fern!
                            Durch dich wird der Herr sie schlagen!
                             Fällst 
                            du auch, du fällst dem Herrn.
Fällst 
                            du auch, du fällst dem Herrn.
                          Höre, was der Geist 
                            verkündet,
                             Hör’, 
                            o König, deinen Knecht!
Hör’, 
                            o König, deinen Knecht!
                            Einst aus unserm Blut entzündet
                             Sich 
                            ein göttliches Geschlecht!
Sich 
                            ein göttliches Geschlecht!
                            Eine Wurzel wird ergrünen,
                             Allen 
                            Völkern Schatten streun,
Allen 
                            Völkern Schatten streun,
                            Alle Welt dem Herren dienen,
                             Ein Hirt, Eine Heerde sein.
 
                            Ein Hirt, Eine Heerde sein.
                            
                            So sang der hohe Jüngling in die Saiten,
                            Und rührt die Harfe wohl mit kluger Hand,
                            Und wie die Töne voll und voller gleiten,
                            Der König von den Tod’ erstand,
                            Er fühlt sich mächtig neugebohren
                            Im himmelhebenden Gesang,
                            Es kömmt, der Geist des Herrn, den Saul verlohren,
                            Auf ihn zurück in Harfenklang.
                            Schon längst das Schrecken seiner Knechte,
                            Steht auf der Fürst vom goldnen Thron
                            Und reicht dem Sänger freundlich seine Rechte,
                            Und nennt ihn seinen lieben Sohn, <107:>
                            Und immer, wenn mit neuen Plagen
                            Der böse Geist sein Herz zerreißt,
                            Muß David ihm die Harfe schlagen,
                            Und immer weicht der böse Geist.
                          W.