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<Friedrich Baron de la Motte Fouqué (Pelegrin)>, Othar’s Brautwerbung, 47-55; darin: Sywald und Syrita, 47f.

IV. Othar’s Brautwerbung,
eine Sage des Saxo Grammaticus,
in Romanzen.

Sywald und Syrita.

Hoch im alten Dänenlande,
Wo man Lethra sieht und Röschild,
Und viel andre feste Burgen,
Herrschte Sywald, mächt’ger König,
Ob der Waffen, ob der Schätze,
Mehr ob seiner Tochter fröhlich,
Ob der schönsten aller Mädchen:
Von der Jugend Anhauch röthlich
Ihre Wangen, blau der Augen
Klare Lichter, unauflöslich
All’ der Reize seel’ger Zauber.
Und von süßer Macht genöthigt,
Kamen aus den fernsten Landen
Helden, opfernd solcher Göttinn.
Doch Syritha, keuschen Herzens,
Blieb dem Liebeschmeicheln störrig,
Kalt der glüh’nden Liebesbitte,
Liebesmächten unversöhnlich.
Das vernahm der alte Vater,
Sywald der geehrte König,
Sprach: „Syritha, holde Tochter,
Was mich sehr bekümmert, hör’ ich:
Willst dich keinem Mann ergeben,
Bist den Helden streng und höhnisch.“
„Höhnisch nicht, mein edler Vater,
„Doch in banger Schaam erröth’ ich,
„Kann die Augen nicht erheben,
„Bin vor Männern blöd’ und thöricht.“
„Lehr’ die Augen bessre Sitte!
Lehr’ sie’s noch, so lang’ sie schön sind,
Denn die Jahre ziehn vorüber,
Und ihr schneller Flug verschwört sich
Gegen dich wie gegen andre,
Bist du gleich der schönsten Kön’ginn.“
„Laß sie ziehn, und laß sie fliegen;
„Ihre Drohung überhör’ ich,
„Rauben sie die Maienblüthe
„Diesem Angesicht auch völlig.
„Hier als Jungfrau zu verweilen
„Bei Euch im Pallaste gönnt mir.“
„Nach dem Troste folgt die Reue,
Stolz und eitler Wahn bethört dich.
Kannst das Alter dir nicht denken,
Fühlst es nicht so gar untröstlich. <48:>
Laß doch Jugend nicht verstreichen:
Wenn dir wer gefällt, erhör’ ihn.“
„Keiner möchte mir gefallen,
„Keinen aus der Schaar erkör’ ich,
„Glänzt’ er schön auch wie der Morgen,
„Wär’ an Wuchs und Bildung göttlich,
„Schließ ich Allen ja die Augen,
„Kaum nur ihre Worte hör’ ich.“
„Worte führen seltne Kräfte,
Wandeln Sinn und Regung plötzlich.
Schließ du nur die Strahlenaugen!
Wohl ein glücklich Wort beschwört sie,
Und die Schönheit eines Helden
Trifft den kalten Hochmuth tödtlich.“
„Glaubt Ihr das, geliebter Vater,
„Trauter Vater, so erhört mich,
„Gebt mir Keinen zum Gemahle,
„Der mich nicht mit Worten nöthigt,
„Ihm die Augen zu erschließen.“
„Tochter ja, und das beschwör’ ich.“
„Hättet Ihr die höchsten Burgen,
„Lethra mir verliehn und Röschild,
„Und die besten sonst im Lande,
„Nimmer säht Ihr mich so fröhlich,
„Als da nun ich bei Euch bleibe,
„Trauter Vater, mächt’ger König.“

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Letzte Aktualisierung 28-Mär-2003
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