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Briefe an Rudolph Köpke, in: Mitteilungen aus dem Litteraturarchive in Berlin, Neue Folge, Bd. 1 (Berlin: Litteraturarchiv-Gesellschaft 1909), 67f.

Emil Kuh an Rudolf Köpke, Währing, 1. 8. 1869

Hochgeehrter Herr!

Beigeschlossen sende ich Ihnen meine Besprechung der von Ihnen herausgegebenen „Politischen Schriften“ Kleist’s; sie stand in der „Donauzeitung“. Zu besonderer Genugthuung würde es mir gereichen, wenn Ihnen diese Aufsätze einiges Wohlgefallen erwecken. Ich beklage es aufrichtig, daß meine kurze Abwesenheit in Berlin es mir nicht gestattete, Sie öfter zu sehen und verschiedene Materien mit Ihnen durchzusprechen und Ihre Ansichten über Dinge zu vernehmen, die mich seit Jahren ernstlich beschäftigen und die Sie Selbst in Herz und Nieren geprüft haben.
Meine Arbeit über Kleist legte ich vorläufig zurück, weil ich mich denn doch entschloß, das bereits mit Emphase in der „Süddeutschen Zeitung“ angekündigte Buch von Wilbrandt abzuwarten. Wird es Ihnen wirklich möglich sein, mir unge- <68:> druckte Briefe Kleists, die Sie mir in Aussicht stellten, zuzuwenden?
Gropius „Beiträge zur Geschichte der Stadt Berlin“ fand ich leider nicht in den hiesigen Bibliotheken; im Buchhandel ist das Werk vergriffen und antiquarisch konnte ich es mir auch nicht verschaffen, trotzdem ich es im „Börsenblatt“ suchen ließ. Würden Sie etwa so gütig sein, mir das Buch auf vierzehn Tage zu leihen, oder mir – auf meine Kosten – die darin enthaltenen Partien über den Kohlhaas copiren  lassen? Dasselbe möchte ich mir betreffs der Vorrede zum „Phoebus“ erbitten!
Ungemein begierig bin ich, was Sie über meine beigelegten zwei Aufsätze: „Julian Schmidt über Heinrich von Kleist“ und „Die Quelle des Michael Kohlhaas“ äußern werden; den letztgenannten – das einzige Exemplar, das ich besitze – senden Sie mir recht freundlichst wieder zurück!
Frau Rettich, welche jetzt in Berlin gastirt, gab ich einen Brief an Sie, hochgeehrter Herr, mit; ich hoffe, daß Sie nicht bereits eine Badereise unternommen, als meine Empfohlene in Ihrer Stadt eintraf. Ein paar Tage vor der Abreise der Frau Rettich aus Wien las ich derselben, in Gegenwart unseres gemeinschaftlichen Freundes Baron Münch (Friedrich Halm), Einiges aus Ihrem Buche über Tieck vor, und da gedachten wir des Verfassers voll aesthetischer Liebe.
Mit dem Ausdruck ausgezeichneter Hochachtung
Ihr ganz ergebener
Emil Kuh.
Währing bei Wien, 1. August 1869.
Meine Adresse ist: Währing bei Wien, Herrengasse, 234.

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Letzte Aktualisierung 22-Jan-2003
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