Zeitung
für die elegante Welt, 8. 1. 1808, Nr. 5, Sp. 39f.: Korrespondenz- und Notizen-Blatt
Phöbus
- Aus Dresden.
Unsere Künstlerwelt ist in reger Bewegung.
Schon werden Zurüstungen zur Ausstellung gemacht. Auch die Kunst möchte gern unserm
allverehrten König mit dem Besten huldigen, was sie vermag. Davon weiter, wenns Zeit seyn
wird. Jetzt erzähle ich Ihnen nur, daß ich so eben ein höchst geistreiches, liebliches
Kinderköpfchen nach der Natur von unserm Hofmaler Vogel sah, das jeden
Beschauer mit unwiderstehlichem Reiz fesseln muß. Darin ist der Mann einzig. Man muß
aber auch selbst so kindlich gut und anspruchslos seyn, wie er ist, um in dieser
Kinderwelt sein Himmelreich zu finden. Bei einem Kupferstecher sah ich
eben den Umschlag zum Phöbus, dem neuen Journal für die Kunst, herausgegeben von Kleist
und Müller. Ich schrieb Ihnen einmal von einer geistvollen Skizze, die
unser Ferdinand Hartmann entwarf, als von einem neuen Theatervorhang die Rede
war. Diese liegt hier zum Grund. Phöbus Apollo tritt mit seinem uns mit voller Stirn
zugekehrten Sonnenwagen seine Laufbahn an! Überhaupt wird durch Hartmanns Vereinigung mit
den Herausgebern dieses Journals gewiß Kunst und Geschmack gefördert! Doch von allem
diesen wollte ich eigentlich nicht reden. Es lag nur so auf meinem Weg und da ists schwer,
dem Horazischen Weisen gleich, ohne einen Seitenblick vorüberzugehn. Ich wollte Ihnen
vielmehr meine Freude über die neuen Landschaftsgemälde unsers wackern Kaaz
mittheilen, die ich so eben in der Kunstwerkstätte dieses als Menschen und Künstler
gleich achtbaren Mannes betrachtete. Es sind 4 Gegenden aus jenen Hesperidengärten
Italiens, wo des Künstlers Phantasie goldne Früchte brach und sie nun zur Erquickung
aller im Norden schmachtenden und sich nach Süden sehnenden Beschauer hier wieder
ausstellt. Er hatte mit seiner Familie (seine Gattin ist die würdige Tochter unsers
wackern Graff) den verflossenen Sommer eine Reise in die schönen Rhein- und
Neckargegenden gemacht. Gestärkt und vielfach erfrischt kehrte er im Spätherbst wieder
in seine hiesige Heimath und vollendete nun mit einer Schnelligkeit, die doch nie
Eilfertigkeit gescholten werden kann, aber wirklich Bewunderung verdient, 4 Landschaften
in einer ihm eigenen Manier, die Aquarell mit Gouache verbindet, von 1 Elle Breite und 18
Zoll Höhe, die so viel Beifall finden, daß schon von allen Duplicate bestellt sind und
wahrscheinlich unser Veith sich bewogen finden dürfte, sie zu radiren. Zwei
davon sind nach der Natur, die eine gibt uns den See von Nemi oder den sogenannten
Dianenspiegel, die andere den See von Albano auf der entgegengesetzten Seite von der, die
Gmelin wählte. Besonders gefällt der See von Nemi in frischer Beleuchtung eines
italienischen Frühlingsmorgens mit einem Zauber, der sich nur empfinden läßt. Gerade in
der Mitte, wo der alte Emissarius des Sees noch bemerkt wird, schließt sich die Aussicht
durch das romantisch auf schroffer Felsenwand liegend Genzano. Zwei andere Landschaften
sind mehr nach der Phantasie komponirt. Die eine erinnert durch ihr Gebäude im Mittelplan
an eine Villa außer Rom. Auf der andern sieht man Hirten der Apenninen. Herbstliche
Farbentöne in der Luft und an den Gewächsen. In allen sieht man den Meister, der mit
Stoffen und Formen frei zu schalten und seine reiche Fülle doch mit Einsicht und klarer
Anschauung zu ordnen und haushälterisch zu spenden versteht. Mit Vergnügen haben alle
hiesige Kunstfreunde das gerechte Urtheil der Stuttgarter Kunstrichter vernommen, die in
der durch den wackern Buchhändler Cotta veranstalteten Preiskonkurrenz unserm Kaaz den
Preis von 70 Dukaten zuerkannten. Die Aufgabe war bekanntlich eine reiche Landschaft
von ernstem Charakter aufzustellen, die einen Dichter erheben und begeistern
könne. Kaaz hatte eine reiche italienische Gegend mit Ruinen und dem Meerstrand im
Hintergrund in der zauberischen Beleuchtung, die kurz nach Untergang der Sonne sich über
eine schöne Gegend gießt und abstuft, dargestellt. Aber, wie wir die Landschaft
hier sehn, that diese auf den ernsten Charakter, der zur Bedingung gemacht war, so wohl
berechneten Dämmerung der Deutlichkeit und Auseinandersetzung der Gegenstände auf allen
Planen nicht den geringsten Eintrag. Wenn daher die Kunstrichter im Morgenblatt über
Düsterheit und Lichtmangel klagen, so können wir uns dieß nicht anders erklären, als
daß das Bild, welches sehr frisch eingepackt und fortgeschickt werden mußte, sehr
eingeschlagen ist, eine Verdunkelung, der mit geringer Mühe abzuhelfen wäre.
B.
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