Morgenblatt für gebildete
Stände, 18. 2. 1808, Nr. 42, 165f.: Museum der Alterthums-Wissenschaft (
). 1807.
(Unterzeichnet: C. W. Sp.; 145 Zeilen); darin: 165 (bis Z. 51)
Die Familie Schroffenstein, Phöbus
Museum der Alterthums-Wissenschaft.
Ersten Bandes erstes Stück. Berlin, in der Real-Schulbuchhandlung. 1807.
Zu keiner Zeit war in der literarischen, oder vielmehr in der lesenden
Welt die Journalform beliebter, als in der jetzigen. Es ist sehr leicht, dieser
Erscheinung auf den Grund zu kommen. Die meisten Leser wollen durch die Lektüre nur
amüsirt seyn. Ihr Nachdenken darf man höchstens nur auf einige Augenblicke in Anspruch
nehmen. Um ein ernstliches, gründliches Wissen, um eine ächte, gediegene Bildung des
Geistes und des Herzens ist es ihnen nicht zu thun. Um diesem verdorbenen Zeitgeiste zu
huldigen, erschien mit jedem Tage auf dem literarischen Jahrmarkte ein neues Erzeugniß,
entweder der Spekulation eines gewinnsüchtigen Buchhändlers, oder der Schreibseligkeit
eines allzeitfertigen Büchermachers. Eine große Menge dieser ephemerischen Erscheinungen
wurde bald durch den Strom der Zeit in den uferlosen Ozean der Vergessenheit mit
fortgeschwemmt, und man wußte oft heute nicht mehr, daß sie gestern dagewesen waren.
Aber es erschienn auch Zeitschriften von einem innern kernhaften
Gehalt, welche die ganze Achtung und Dankbarkeit des Publikums in einem ausgezeichneten
Grade verdienten. Die ersten Köpfe unsers Vaterlandes, Goethe, Schiller, Herder,
Wieland, Fichte, Friedrich und August Wilhelm Schlegel, Schelling und
Andere stellten sich an die Spitze bewährter, hochgeachteter Männer, und in Verbindung
mit ihnen haben sie Werke geliefert, die den wohlthätigsten Einfluß auf ihre
bildungsfähige Zeitgenossen hatten. Sie wählten die Form der Journale, weil sie wohl
wußten, daß diese Mode-Lektüre einen bedeutenden Einfluß auf den Geschmack und
Charakter ihrer Nation hatte.
Jetzt ist wiederum die Geburt dreyer Zeitschriften
angekündigt, von denen man mit Recht etwas Vorzügliches erwarten darf. Adam H. Müller,
der sich durch seine Vorlesungen über die deutsche Wissenschaft und Literatur
ein vollkommenes Recht erworben hat, über deutsche Wissenschaft und Kunst ein
vollgültiges Urtheil zu fällen, wird in Verbindung mit Heinrich von Kleist,
dem genialen Verfasser der Familie Schroffenstein, einen neuen Phöbus
Apollo an dem literarischen Horizonte heraufführen. Der Graf Ch. B. von Benzel-Sternau,
der berühmte Verfasser des goldenen Kalbs, will in Verbindung mit einer
Gesellschaft edelbürtiger Männer auf dem goldenen Vliesse eine Beschiffung
des großen Reichs der Wahrheit und Menschenkunde unternehmen. Die herrlichste und
erfreulichste Erscheinung aber ist die Verbindung zweyer in Absicht der
Alterthums-Wissenschaften klassischer Männer, F. A. Wolf und Phil. Buttmann,
zur Herausgabe des oben genannten Museums.
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