Minerva (Hamburg), Januar
1811, 67-75: 3. Einige Worte über die neu errichtete Universität in Berlin.
(Unterzeichnet: M r.); darin: 72-74
Berliner Abendblätter
In den Berliner Abendblättern Nro. 24. 1810
wurde die Anfrage gemacht: ob die Naturphilosophie übergangen wäre, mit Absicht,
oder nur in Ermangelung tüchtiger Repräsentanten? mit dem Beisatz: das Letztere
läßt sich nicht voraussetzen, da, so viel wir wissen, Steffens undSchubert noch leben, die der Berliner Universität
wahrscheinlich manches Opfer gebracht haben würden, und an Lehrertalent, literarischem
Ruhm und wissenschaftlicher Begeisterung, keinem weichen. Es muß also eine Absicht
angenommen werden, die sich indeß mit der anderweitigen Liberalität dieser Stiftung
nicht vereinigen läßt.
Ohne Anmaßung, die Bewegungsgründe anzugeben, weshalb man höhern
Orts dieser Philosophie keinen Lehrstuhl eingeräumt hat, dürfte es vielleicht eher
Gewinn als Verlust seyn, wenn man bei der Stiftung eines so wichtigen wissenschaftlichen
Instituts, alles mit Sorgfalt zu entfernen sucht, was ihm eher schädlich als nützlich
werden könnte, und mehr auf dasjenige Rücksicht nimmt, was es dauerhaft begründen kann,
als was ihm nur den Glanz des Augenblickes, Frequenz und Ruf zu geben vermag: denn durch
dergleichen kleinliche Politik wirkt oft eine Lehranstalt zum Schaden der wahren Bildung
einer Nation.
Es scheint, als wenn man allmälig wieder auf dem Wege ist,
einzusehen, daß es besser sei dem eitlen Ruf zu entsagen, daß die neue und neueste
Weisheit neben der alten gelehrt werde, als eine metaphysische Revolution einen neuen
Spielraum zu eröffnen, der leider schon zu sehr um sich gegriffen hat, und überdies
denkt die obere Staatsbehörde zu human, um von Gelehrten Opfer zu verlangen, da sie
vielmehr ihre liberale Denkungsart durch so reiche Besoldungen an den Tag gelegt hat, daß
wenige Universitäten ihr darin zur Seite gesetzt werden können.
Jeder Patriot und jeder Freund solider Kenntnisse muß sich daher
darüber freuen, daß die Tendenz der neugestifteten Universität dahin gehet, den wahren
Geist ächter Einsicht in jede Wissenschaft nach ihrer eigenthümlichen Natur zu erhalten
und für die Wirksamkeit in der practischen Welt zu pflegen; (
)
Nro. 24] 24.Bl./27. 10.
1810: Bescheidene Anfrage
|