Annalen der Literatur und
Kunst in dem österreichischen Kaiserthume, Juli 1809, 31-36 (Rezension:) Bianca della
Porta. Ein Trauerspiel in fünf Aufzügen von (Heinrich Joseph von) Collin (
). (435
Zeilen); darin: 35f. (Z. 391-416)
Die Familie Schroffenstein
Recensent weiß die Talente des Herrn v. Collin, und seine Verdienste um die deutsche
Literatur zu schätzen. Schiller ist todt. Göthes Genie hat seine herrlichsten
Blüthen schon getrieben. Die Erwartungen, zu welchen Hr. von Kleist durch seine Familie
Schroffenstein berechtigte, wurden in seinen späteren Versuchen nicht erfüllt.
Kotzebues blendender Witz, seine grelle haltungslose Färbung, sein Streben nach
starken theatralischen Effecten vertragen sich nicht mit dem Ernste, mit der Innigkeit und
Hoheit der Tragödie. Werner verschmäht es, die Phantasie den Gesetzen der Vernunft
unterzuordnen. Die Grundideen, die Construirung seiner Stücke sind immer phantastisch;
eben so die Charaktere, wenn sie nicht etwa gar in flüchtige Nebel sich verlieren.
Nirgends nimmt der Verstand einen vernünftigen Zusammenhang, Ebenmaß und treue Haltung
wahr. Es ist Schade um die wahrhaft dichterischen Partien, um die originellen, glücklich
ausgedrückten Gedanken, die wie einzelne Sterne durch das zerrissene Nachtgewölk
schimmern. Die seelenlosen Nachahmungen antiker Kunst verdienen keine Erwähnung.
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