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Allgemeine Zeitung (Ulm), 21. 1. 1812, Nr. 21, 84

Verbot des Nachrufs auf Kleist


Preußen.
Zu Anfang dieses Monats starb im Gefängniß zu Liegnitz der ehemalige großherzogl. bergische Officier-Payeur, Ludwig Stachy. Derselbe war am 4 Okt. mit der Regimentskasse aus Perpignan, wo das Regiment stand, bei welchem er engagirt war, entwichen. Unter dem Namen eines Obristlieutenants v. Müller, vom ersten Regiment der Rheinkonföderation des Fürsten von Schwarzburg-Rudolstadt, und unter dem Vorwande, daß er eines unglüklichen Duells wegen habe fliehen müssen, gelang es ihm, bis in die Gegend von Steinau zu entkommen. Dort ward er arretirt, und nach Liegnitz gebracht. Der Stachy, der in seinen vormaligen Dienstverhältnissen angegeben hat, daß er aus Chantilly im Departement de l’Oise gebürtig sey, und zu Fryburg in der Schweiz sonst wohnte, war von geringer Herkunft und in Schlesien auf einem Dorfe im Liegnitzschen Kreise geboren.
Berlin, 11 Jan. Das neue Jahr hat mit heitern Aussichten begonnen. Wir leben hier in tiefem Frieden und haben die sichere Hofnung, ihn lange zu behalten. Unser allgeliebter König genießt der besten Gesundheit und wohnt seit dem 2 d. M. wieder in unserer Mitte. Der jüngere Bruder Sr. Majestät, Prinz Wilhelm, ward vor einigen Tagen durch eine Nervenkrankheit aufs Lager geworfen. Man fürchtete einen Augenblik lang für sein Leben; und die Theilnahme, welche sich dabei aussprach, war um so inniger, als dieser wegen seiner Liebenswürdigkeit verehrte Prinz erst seit Kurzem Vater zweier Söhne geworden ist, und seine Gemahlin zu den edelsten deutschen Fürstinnen gehört. Se. königl. Hoheit befindet sich indeß glüklicherweise besser und nimmt täglich an Kräften wieder zu. – Am 12 d. wird hier ein großes bürgerliches militärisches Fest statthaben; die Fahnenweihe der neuorganisirten Bürgergarde, welche mit vielen Feierlichkeiten auf dem Exerzierplatze vor dem Brandenburger Thore vor sich gehen und mit einem Diner von 300 Kouverts, welches die Bürgergarde den ersten Behörden der Stadt gibt, beschließen wird. – Unsere Schauspiele zeichnen sich fortwährend durch Auswahl und Darstellung aus. Die Generaldirektion derselben veranstaltet jezt auch große Konzerte, die durch Vereinigung der vorzüglichsten Talente glänzen. Auch werden vom 18 d. M. an wieder öffentliche Redouten stattfinden. Außerdem sind eine Menge Künstler aller Gattungen hier, und Berlin vereinigt in diesem Winter aufs Neue alle Annehmlichkeiten einer großen, gebildeten Stadt. – Die Verwaltung des Landes geht unter der einsichtsvollen Leitung des unermüdet thätigen Staatskanzlers ihren festen Gang fort. Das Edikt wegen Einschmelzung und Umprägung der Scheidemünze hat einem Übel abgeholfen, welches Zeitumstände und Maaßregeln benachbarter Regierungen herbeigeführt hatten, und das vorzüglich die ärmere Volksklasse sehr schwer drükte. Mit der wirklichen Einschmelzung wird in nächster Woche der Anfang gemacht. – Im Innern unsers Staats herrscht Fleiß, Ordnung und Ruhe. Noch leidet alles an den Folgen des Krieges, segnet den Frieden des Nordens und wünscht dessen endliche allgemeine Wiederherstellung. Wir leiden bedeutend durch die sehr strenge Handelssperre, welche besonders die See-Handelsstädte verarmen macht. Auch die Fabrikation im Innern ist dadurch sehr gestört, und die Exportation der schlesischen Leinwande unbedeutend gewesen. Nur Garne werden noch begehrt, weil diese zum Theil die Stelle der Baumwolle vertreten. – Unter die außerordentlichen Unglüksfälle, welche sich neuerlichst ereignet, gehört, daß im vorigen Monat bei Wohlau (in Schlesien) ein toller Hund mehrere Menschen und Thiere gebissen hat. Leztere sind sogleich von der Wasserscheue befallen worden; das Schiksal der Erstern ist noch unbekannt, und alle Vorkehrungen gegen üble Folgen bei ihnen getroffen. – Hier wurde heute ein Mann gefänglich eingezogen, der den Verdacht auf sich geladen hat, daß er seine geschiedene Ehefrau durch vergifteten Kaffee habe ermorden wollen. – Allgemeine Indignation hat hier die bekannte, auch in auswärtige Blätter aufgenommene Anzeige über den Selbstmord des Hrn. v. Kleist und der Madame Vogel erregt. Se. königl. Majestät, von dem zartesten Gefühl für Religion und Sittlichkeit belebt, haben solche nachdrüklichst gerügt, Verfasser und Censor dafür in Anspruch nehmen, und die Herausgabe der über jenen Vorfall und das Leben der Ermordeten angekündigten Schrift untersagen lassen.

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Letzte Aktualisierung 11-Feb-2003
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