Heinrich
W. B. Zimmer (Hrsg.), Johann Georg Zimmer und die Romantiker. Ein Beitrag
zur Geschichte der Romantik nebst bisher ungedruckten Briefen (Frankfurt am Main: Heyder
& Zimmer 1888), 303f.
August Böckh an Johann Georg Zimmer, Berlin, 1. 5. 1811
Lieber Zimmer!
Schon längst hatte ich mir vorgenommen, aus meiner hiesigen Heimath Dir einmal in
das liebe Heidelberg zu schreiben, bin aber jetzt erst dazu gekommen, Dich auf der
Leipziger Messe anzureden. Wenn ich es auch am Ende recht betrachte, so gibt es so viel zu
sagen eben nicht, als so im Allgemeinen, daß man sich recht wohl befindet und ganz
zufrieden ist, was heut zu Tage viel heißen will. Die Leute, welche ich hier vorher noch
nicht kannte, gefallen mir, wo nicht besser, doch eben so gut, als die ich schon kannte.
Besonders hat Fichte einen guten Eindruck auf mich gemacht, besonders durch
sein gerades und doch artiges Wesen, welches er wenigstens jetzt hat, sonst wohl nicht.
Doch wird sich seine Philosophie schwerlich gegen Schleiermacher hier aufrecht erhalten
können. Die Universität ist schon ziemlich zahlreich; bis jetzt zählen wir
418 Studenten, ungeachtet eine Menge Leute, besonders diejenigen, welche schon
anderwärts studirt haben, Collegien hören dürfen, ohne immatriculirt zu sein. Die
Frankfurter Universität ist vermöge eines in diesen Tagen erschienenen königl.
Kabinetsbefehls nach Breslau verlegt, also so gut als aufgehoben.
Brentano
und Arnim gefallen sich ganz ausnehmend; doch ist der erstere hier von allen Seiten wohl
bekannt. Arnim ist der Stifter einer großen Eßgesellschaft, welche sich die
Christlich-Deutsche nennt, und keine Juden, keine Franzosen und keine Philister duldet.
Ich habe neulich auch darin gegessen, und es geht recht Arnimisch darin zu. Daß er sich
auf eine gar originelle Art verheirathet hat, wirst Du bereits wissen.
Ich wünsche Dir viel Heil
und Segen zur Messe, und bin vergnügt, daß ich, wenn es Dir auf der Messe nicht
gefällt, mir keine Vorwürfe machen darf, daran durch meine <304:> Werke schuld zu
sein. Adieu, und grüße mir nach der Zurückkunft Alles in Heidelberg.
Stets der Deinige
Böckh.
Berlin, den 1. Mai
1811.
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