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[ DOKUMENTE UND ZEUGNISSE ]

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Hans v. Wolzogen (Hrsg.), Briefwechsel zwischen Adolf Wagner und Friedrich de la Motte-Fouqué, in: Der Wächter 7 (1924), H. 3, 81-118; darin: 106-108

Friedrich de la Motte-Fouqué an Adolf Wagner, 15./16. 12. 1812

am 15n 10br. (Dezember) 12.

Wir sind einig, lieber Adolf, und Sie haben in der That die Gränzsäule umgestaltet zum „unhindersamen Markstein unsrer Eigenthümlichkeit“ und das ist nun ein Fundament, darauf sich unser Freundesbund um so fester und unzerstörbarer gründet. Es war ein gänzliches Misverstehen meiner Seits, wenn ich es für nöthig hielt, Ihnen noch im mindesten etwas über das Bekennen des Herrn zu Gemüthe zu führen. So wie Er selbst es begehrt, bekennen Sie ihn ja, unumwunden und frei, und was die endlose Fortentwicklung seiner Erscheinung, dies ewige, seelige, lebendige Symbol, das auch wieder Alles in Allem ist, – was dies anbetrifft, da stammeln die Zungen aller wahrhaft begeisterten Dichter in tausendfacher Liedesgestaltung daran, und wenn diese vorwärts ringen dürfen zu dem Aussprechen, ohne Scheu vor dem Zuviel, <107:> weil ihnen Gott an den rechten Stellen schon ganz von selbst die Lippen verschließt, so sollen dagegen die Weisen in ihrem klaren Selbstbewußtsein ihren Mund hüten, und johanneisch zu schweigen wissen, oder doch johanneische Siegel auf ihre Reden drücken, damit das Mysterium nicht unter die Füße des Haufens gerathe. Dahin gehören die Stellen in Vater Böhme, wo er sagt: den Unsern verstanden, dahin seine oeftern Aeußerungen von dem was verdeckt geblieben sei, der Unwürdigkeit der Welt halber und wegen der falschen Magie. Dahin endlich der Geheimnisschleier aller in bestimmtrer Form gehaltnen Geistesbündnisse, von dem zu Eleusis an bis auf die neueste Zeit, und die unendliche Sehnsucht aller Menschen nach diesen Geheimnissen, oder im schlechtesten und rohesten Falle der Haß dawider, indem die Gleichgültigkeit hier durchaus unmöglich ist. Sie sehn und fühlen es, lieber Adolf, wir verstehen uns vollkommen, und Gott sei gepriesen dafür, und daß unsre Hände in einander gefügt für Zeit und Ewigkeit! – Nun will ich auch mit recht neuer Kraft und Liebe wieder an das Studiren von Kanne’s Pantheum gehn, denn was mir vorkam, wie ein fremdes, gewaltiges, zu vielen Zeiten und an vielen Stellen nicht gefahrloses Meer, wird mir nun erscheinen, wie ein geweihetes Reinigungsbad in väterlichen Hallen. – Mir ist sehr wohl und klar geworden, und immer klarer während des Schreibens; ein sichrer Beweis, daß Ihre Worte vollkommen bei mir durchgedrungen sind. Ich erwarte viel Freudiges von Ihnen bei’m Anfange unsrer Bekanntschaft; die Gabe Ihres letztern Briefes überflügelt Alles um ganze Erddiameter, oder um mehr; denn sie ist ja in ganz andern Zonen gereift, als die, worin man überhaupt messen kann.

am 16:

Herzlich danke ich Ihnen, lieber Adolf, für Ihre freundliche Theilnahme an der Genesung meiner Frau. Gottlob, nun sind alle Ueberbleibsel der Krankheit vorbei! Desto achtsamer aber wollen wir Ihrer Warnung gedenken, das Bewahren vor übermäßiger Geistesanstrengung betreffend. Der Arzt hatte schon früher Dasselbe gesagt, und recht, als wolle der Himmel für dessen Stimme recht wackre Bestätigungen aufrufen, lief mit Ihrer Warnung zugleich auch noch die eines andern trefflichen, höchst geschätzten Freundes, meines lieben Perthes aus Hamburg ein. Das hat gar günstige Wirkung auf meine Frau gethan; sie macht sich jetzt, selbst in diesen ungestümen Wintertagen, viel Bewegung, und fühlt mit freudiger Zuversicht, wie wohl ihr das thut.
Mit herzinnigem Verlangen sehe ich Kannes Beiträgen für unsre Zeitschrift entgegen. Sie ist nun glücklicherweise von der bisherigen, unwürdigen Verlagshandlung losgeeist, und in den Händen unsres Freundes Hitzig, wo sie gewiß innerlich und äußerlich recht sichtbar gedeihen wird. Ich lade Sie denn auf’s neue mit besserer Zuversicht ein, uns auch ferner mit Ihren Beiträgen zu unterstützen.
Falk’s Angedenken erfreut mich, und ich bitte Sie, ihn recht herzlich von mir zu grüßen. Er hat mich recht erquickt durch die kräftigen, sinnvollen Worte, die er über Heinrich Kleist – mich dünkt in der Urania\1\ – gesprochen hat. – Ja wohl, mit Heinrich zusammen sah ich ihn vor nun bereits 10 Jahren auf der Dresdner Gallerie, und jener Umstand, wie überhaupt das reiche Blumengewinde mannigfacher Art, welches damals mein Leben umzog, wirft nur ein ganz eigen wehmüthiges Licht auf Falk’s Bild, worin es mir um so liebenswürdiger erscheint. Viele, sehr viele meiner damaligen Blumen sind gewelkt! Ich hätte wohl in der üppig blühenden Zeit die Verluste nicht für möglich, oder doch nicht für ertragbar gehalten. Nun ist es doch damit gegangen, und zwar recht gut. Aber das ist keine Kunst. Bescheerte mir doch <108:> Gott seitdem in Poesie und Freundschaft so unendlich viel, daß ich auch wieder meine damalige Zeit in anderm Sinne recht dürftig und leer nennen möchte im Vergleich mit der Gegenwart. Ja auch zu seiner Erkenntniß hat mich Gott in diesen 10 Jahren eigentlich erst geführt, denn wie ich damals ihn und Christus betrachtete, war es pharisäisch – künstliche und also recht gottlose Geckerei. – Der Name des Herrn sei gepriesen und Euch, Ihr lieben, liebenden Freunde, sei aus vollem Herzensgrunde gedankt. Leben Sie wohl, mein theurer Adolf.
Ich bin mit brüderlicher Innigkeit

ganz der Ihrige,

Fouqué.

\1\ Weder in der Urania noch in einer andern Zeitschrift ist ein Aufsatz oder eine Notiz Falks über H. v. Kleist nachzuweisen.

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Letzte Aktualisierung 22-Jan-2003
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