C. W. Wippermann,
(Artikel:) Pfuel, in: Allgemeine Deutsche Biographie, Bd. 25 (Leipzig: Duncker
& Humblot 1887), 705-712; darin: 705-707
Biographie Ernst v. Pfuels bis November 1811
Pfuel: Ernst Heinrich Adolf v. P., preußischer General der
Infanterie, Ministerpräsident und Kriegsminister, geb. am 3. November 1779 zu
Jahnsfelde bei Müncheberg im Kreise Lebus des preußischen Regierungsbezirks Frankfurt
a. d. O., stammte aus einer uralten Familie der Mark Brandenburg, welche im
Lande Lebus und Barnim angesessen ist. Der Vater Ernst Ludwig v. P. (geb. am
1. Mai 1718), Erbherr auf Jahnsfelde, hatte in den schlesischen Kriegen mit
Auszeichnung gefochten und 1779 als Oberstlieutenant im preußischen Kürassierregiment
Nr. 6 wegen Versagung des Heirathsconsenses den Abschied genommen. Er lebte seitdem
auf dem Gute, ward aber 1784 von Friedrich dem Großen zum Hofmarschall des damaligen
Prinzen von Preußen und später von diesem (als König Friedrich Wilhelm II.) zum
Generalmajor der Cavallerie und Chef der 2. Abtheilung des Oberkriegscollegs ernannt.
Er starb am 22. Juli 1789. Die Mutter Johanna Sophie, geb. Krantz, war die Tochter
eines Regimentschirurgs und starb schon 1783. P. genoß den ersten Unterricht im
elterlichen Hause; da aber der Vater dienstlich vielfach in Potsdam anwesend sein mußte,
wurde er nebst dem jüngeren Bruder Friedrich zum Hofrath Beuchel in Berlin in Pension
gegeben, von wo er die Realschule besuchte. Nach des Vaters Tode übernahm Criminalrath
Scheede, dann Justizrath Grattenauer, später auf Bitten der Knaben Herr v. Briest
auf Nennhausen die Vormundschaft. Als P. in der Realschule die Reife für Secunda erhalten
hatte, wurde er 1792 in das Cadettencorps in Berlin aufgenommen. Hier gehörte er bald zu
den Befähigteren, welche 1793 in die Ecole militaire übergehen durften. Nach
der Entlassung aus dieser Anstalt wurde er am 12. März 1797 als Fähnrich in
<706:> das Infanterieregiment Nr. 18 nach Potsdam versetzt, dessen Chef der
König war. Hier war er, neben den Dienstobliegenheiten, eifrig bestrebt, den Uebungen im
Fechten, Schwimmen und Klettern bei Officieren und Mannschaften Eingang zu verschaffen.
Nachdem er aber sich lebhaft für philosophische und mathematische Studien zu interessiren
begonnen, gewährte ihm das mechanische Getreibe des praktischen Dienstes keine
Befriedigung mehr, so daß er im Frühjahr 1803 um Abschied bat. Nachdem dieser mehrmals
abgelehnt war, begab er sich in Urlaub nach Dresden zu dem ihm seit 1801 befreundeten
Heinrich v. Kleist. Hier erhielt er durch einflußreiche Verwendung hoher Gönner am
18. Juni 1803 den Abschied als Secondelieutenant. Bald darauf unternahm er mit Kleist
eine Reise, meist zu Fuß, nach der Schweiz. Sie weilten längere
Zeit in Bern und am Thuner See, besuchten Mailand und Venedig, Genf und Lyon und mietheten
dann eine gemeinsame Wohnung in Paris, wo sie Vorlesungen bei Cuvier u. A. hörten. Auch nachdem Kleists beginnende Geistesstörung zu einer Trennung
der Freunde geführt hatte, setzte P. die Studien in Paris fort. Die Erhebung einer
kleinen Erbschaft machte seine Anwesenheit in der Heimat nöthig und hier bestimmten ihn
die Angehörigen zum Wiedereintritt in den Militärdienst. Seine deshalbige Bitte wurde am
11. April 1805 durch Versetzung in das zu Johannisburg in Ostpreußen liegende
Füsilierbataillon Nr. 23 erfüllt. Als die ostpreußischen Truppen im Herbst 1806 an
der Weichsel zusammengezogen wurden, wurde P. als Adjutant dem General und
Divisionscommandeur Grafen v. Schmettau zugetheilt. An dessen Seite befand er sich in
der Schlacht von Auerstädt. Von hier mit den Trümmern des Heeres zurückziehend, wurde
er nach Stettin vorausgesandt, von wo er für den Plan einer Einschiffung des
Blücherschen Corps in Rostock thätig war. Es kam jedoch nicht hierzu und so
gerieth er durch die Capitulation von Ratkau bei Lübeck mit in Gefangenschaft, aus der er
jedoch gegen Ehrenwort, in diesem Kriege nicht wieder gegen Frankreich zu kämpfen,
entlassen wurde. In der Hoffnung, durch Auswechselung seinem Berufe bald wiedergegeben zu
werden, schiffte er sich im Sommer 1806 in Lübeck nach Ostpreußen ein, konnte dort aber
den Wunsch nicht geltend machen. In der Hoffnung, dieses Ziel vielleicht durch die in der
Mark und Schlesien aufgetauchten Freicorps zu erreichen, begab er sich von Königsberg mit
H. v. Kleist zu Fuß über Stettin zunächst nach Berlin. Während hier Kleist
als verdächtig verhaftet und nach Frankreich geschickt wurde, entging P. gleichem
Schicksal durch einen Besuch in Nennhausen. Die Verhältnisse in der Heimat erwiesen sich
ungünstig und so begab er sich wieder von Lübeck zu Schiff nach Königsberg und schloß
sich der von Memel und Pillau nach Vorpommern und Rügen bestimmten Expedition an. Diese
landete hier, aber da der Friede von Tilsit jede Aussicht auf kriegerische Thätigkeit
abschnitt, so bat er wieder um Entlassung, die ihm am 8. October 1807 zu Theil wurde.
Durch Vermittlung des ihm von der Garnison in Potsdam her befreundeten weimarschen Majors
Rühle von Lilienstern erhielt P. in Dresden Anstellung als Lehrer in den
Kriegswissenschaften für den Prinzen Bernhard von Weimar. In Dresden stand er in Verkehr
mit bedeutenden Männern, welche von dem Wunsche nach Befreiung des Vaterlandes vereinigt wurden. Auch fand sich der aus der Gefangenschaft
entlassene H. v. Kleist hier ein. Mit ihm und Adam Müller plante er die
Gründung einer Verlagsbuchhandlung und die Herausgabe eines Kunstjournals
Phöbus. Auch gewann er hier großen Einfluß auf den achtzehnjährigen
Theodor Körner. Im Frühjahr 1808 verheirathete sich P. mit einer Tochter des Generals
v. Byern. Auf Anerbieten des ihm in Dresden befreundet gewordenen kurhessischen
Majors Grafen Karl v. Nostiz trat er den 13. Mai 1809 als Führer einer
Compagnie in die von jenem im Fürstenthum Baireuth für den öster- <707:>
reichischen Dienst gebildete sog. fränkische Legion unter General Radojoritsch, mit
welcher er an unbedeutenden Gefechten bei Eger und in Sachsen Theil nahm. Im Auftrag begab
er sich nach Wien, um über den dortigen Stand der Dinge zu berichten, entging hier aber
nur durch glückliche Zufälligkeiten der Gefangennahme seitens der bald darauf
eingerückten französischen Truppen und gelangte nur auf großem Umwege nach Böhmen
zurück. Nach dem Wiener Frieden vom October 1809 kam P. als Hauptmann in Brix bei Teplitz
in Garnison und brachte in Urlaub an letzterm Orte längere Zeit zu, wo er mit dem Herzog
von Weimar und Goethe verkehrte. Nach Auflösung der Legion wurde P. im September 1810 in
das österreichische Infanterieregiment Erzherzog Rainer nach Prag versetzt. Hier suchte
er das Einförmige des Dienstes dadurch zu beleben, daß er bei Officieren und
Mannschaften das Interesse für gymnastische Übungen, namentlich für das Schwimmen, zu
erwecken wußte. Wie er selbst im December 1811 bei seiner Versetzung nach Wien schrieb,
nahm die von ihm in Prag gegründete Schwimmanstalt den glänzendsten Aufschwung. Er gab
wöchentlich zwei große Productionen, wobei er 150 Schwimmer manövriren ließ. Dem
Hofkriegsrath sandte er ein Project ein, wonach er im folgenden Sommer 30000 Schwimmer
abrichten wolle. In Prag war P. in intime Beziehungen zu dem im Juni 1810 dorthin
übergesiedelten Freiherrn v. Stein gekommen. Im November 1811 wurde er beim
Kriegsarchiv in Wien unter Leitung Radetzkys angestellt. Er schrieb hier mehrere
Aufsätze in Hormayrs historisches Taschenbuch und verkehrte mit Theodor Körner, der hier
seine litterarischen Arbeiten veröffentlichen wollte.
Emendation
des] nach D
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