Hermann
F. Weiss, Unveröffentlichte Zeugnisse zu Heinrich von
Kleists Dresdener Jahren aus den Nachlässen Ernst und Heinrich Blümners, in:
Euphorion 89 (1995), 1-22; darin: 20f.
Christian Gottfried Körner an Ernst Blümner, Dresden, 8. 8. 1808
Es ist sehr schön von Ihnen, theuerster Freund, daß Sie bey dem Erscheinen der
dramatischen Producte, an denen wir so viel Vergnügen fanden, sich unser erinnert haben.
Meine Frau dankt Ihnen verbundenst für das überschickte Exemplar, und meine
Schwägerinn, die jetzt in Löbichau bey der Herzogin von Curland ist, wird es künftig
selbst nachholen. Um Ihren Aufenthalt in Lauchstädt möchte ich Sie fast beneiden. Es
würde mir viel Freude machen einige Stücke von Schiller und Goethe von der Weimarischen
Gesellschaft zu sehen. Auf die Wanda wäre ich auch nicht begierig, und ich begreife
nicht, wie Goethe so viel Geschmack an Wernern finden kann. Es muß dabey irgend eine
Menschlichkeit Einfluß gehabt haben.
Kleisten
gebe ich noch nicht auf, nur wünschte ich ihn aus seinen Umgebungen herausreißen zu
können. Ich weiß aus eigener Erfahrung, daß man ihm viel sagen kann, und daß er von
Natur nichts weniger als anmaßend ist. Aber er lebt unter Menschen, die ihn gerade
in seinen Fehlern bewundern, und ihn gegen das Publikum zu erbittern <21:> suchen,
das seine Producte, ihrer Meynung nach, nicht zu schätzen versteht. Dieß wirkt auf ihn
sehr nachhtheilig, da er eigentlich eine weiche Natur ist.\125\
\125\ KN, S. 230f. 1808 erschien von
H. Blümner Familientheater nach den neuesten französischen Lieblingsstücken.
Aufgeführt auf dem Hoftheater in Weimar. Einige Stücke daraus waren anscheinend im
Körnerschen Hause gespielt worden.
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