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[ DOKUMENTE UND ZEUGNISSE ]

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Hermann F. Weiss, Georg Andreas Reimers „Großes Hauptbuch“ als Quelle für das Literarische Leben, in: Archiv für Geschichte des Buchwesens 41 (1994), 261-269; darin: 261f.

Reimers Kontobuch 1810/11


Unter der Jahreszahl 1810 findet sich im Konto „Buchdrucker Petsch“ zwischen einer nicht näher datierten Eintragung für „August“\9\ und einer für „Octbr 6“ folgender Vermerk:\10\ <262:>

L[ieferung] M[ichaelis] M.[esse] Kleists Kätchen 1000 Auflage 12½ B.[ogen] à 4 Th 20 [Groschen] 20 Vel[in] P.[apier] 50 [Taler]

Er dürfte im September 1810 entstanden sein; bekanntlich findet sich das Honorar für das Drama unter dem 23. September 1810 im Konto „von Kleist“ des „Hauptbuchs II“.\11\ Gleichfalls im Konto „Buchdrucker Petsch“ gibt es für das Jahr 1811 folgende Eintragung:\12\

Febr 6

Kleists zerbrochener Krug 800 Aufl 15 VelP à 4 Th 11 [Groschen] 44 [Taler]

Bereits am 30. Januar 1811 vermerkte Reimer das Honorar für den Zerbrochnen Krug im „Hauptbuch II“.\13\ Die damals nicht unbeträchtliche Auflage von 1000 Exemplaren\14\ des Käthchen von Heilbronn deutet evtl. darauf hin, daß der Verleger den Zerbrochnen Krug für leichter verkäuflich hielt, zu Recht, wie sich herausstellen sollte. Darin könnte ihn die Tatsache bestärkt haben, daß das Käthchen von Heilbronn auf der Bühne bereits mehr Anklang gefunden hatte als der Zerbrochne Krug. Über August Wilhelm Petsch ließ sich nur wenig ausfindig machen. Seine Druckerei ist ab 1797 in Berlin belegt.\15\ Als Adresse wird 1812 Scharrnstr. 18 angegeben,\16\ aber selbst das Geburts- und Todesjahr von Petsch ließ sich nicht feststellen.\17\
An den von Reimer verlegten Werken Kleists war noch ein weiterer Drucker beteiligt. Im „Hauptbuch II“ findet sich ohne nähere Zeitangabe unter dem Jahr 1810 im Konto „Gebrüder Wegener, Buchdrucker“ folgender, ebenfalls bisher unbekannter Eintrag:\18\

Kleists Erzählungen 21½ B. 800 Aufl 12 VelP. à 3½ Th 71. [Taler] 16 [Groschen]

Bekanntlich erfüllte Reimer Kleists Bitte, eine größere Type zu wählen, so daß „der Druck so wohl ins Auge fiele, als es sich, ohne weiteren Kostenaufwand, tun läßt …“\19\. Über die Berliner Firma Gebrüder Wegener, die sich 1812 in der Alten Grün-Straße 18 nachweisen läßt,\20\ konnte bisher nur wenig ermittelt werden. Sie wurde August Potthast zufolge 1781 von Ludwig Philipp Wegener (gest. 1819) gegründet und ging 1815 an den Besitzer der Spenerschen Zeitung, Johann Karl Philipp Spener (1749-1827) über.\21\ Vielleicht tauchen eines Tages doch noch Unterlagen der in dieser Arbeit erwähnten Berliner Drucker auf, die sich auf die Realschulbuchhandlung, insbesondere die Werke Kleists beziehen.\22\
Die Forschung hat übrigens auch noch nicht bemerkt, daß im „Hauptbuch II“ erkennbar wird, wer unter den zahlreichen hier aufgeführten Kunden Reimers die bei ihm verlegten Werke Kleists in den Jahren unmittelbar nach 1810 erwarb. Es handelt sich um bedrückend wenige Personen. Schleiermacher erhielt im Dezember 1810 je ein auf Velinpapier gedrucktes Gratisexemplar des Käthchen von Heilbronn und des ersten Bandes der Erzählungen.\23\

\9\ „Schleiermacher Predigt 3¼ B[ogen] 1000 Aufl. à 4 Th 8 [Groschen] 14. [Taler] 2 [Groschen]“ (Hauptbuch II, S. 251).
\10\ Hauptbuch II, S. 251
\11\ Heinrich von Kleists Lebensspuren, Nr. 367
\12\ Hauptbuch II, S. 251
\13\ Heinrich von Kleists Lebensspuren, Nr. 494
\14\ Zum Vergleich mögen die Auflagen der folgenden um 1810 bei Reimer verlegten Werke dienen: K. W. Contessas Schauspiel „Der Fündling“ 750 (Hauptbuch II, S. 174); der romantische Experimentalroman „Die Versuche und Hindernisse Karls“ 850 (Hauptbuch II, S. 247); die Übersetzung von Cervantes „Persiles und Sigismunda“ 500 (Hauptbuch II, S. 247); B. G. Niebuhrs „Römische Geschichte“ 1800 (Hauptbuch II, S. 174); Thaers „Grundsätze der rationellen Landwirtschaft“ 3000 (Hauptbuch II, S. 174); C. F. Rühs „Propädeutik des historischen Studiums“ 1500 (Hauptbuch II, S. 174).
\15\ Potthast: Geschichte, S. 52. Die Druckerei von A. W. Petsch wurde 1832 von seinem Sohn Julius übernommen. Als sie 1858 in Konkurs geriet, erwarb sie Gottfried Hickethier; vgl. Potthast: Geschichte, S. 52
\16\ Sachs: Allgemeiner Straßen- und Wohnungsanzeiger, S. 88
\17\ Im Eintrag zur Taufe des Sohnes Jean Pierre (geb. 1. März 1799) konnte die Kirchenbuchstelle des Evangelischen Zentralarchivs in Berlin feststellen, daß die Mutter Susanne Elisabeth eine geborene du Puy war. Über die Zentralkartei der Autographen in der Staatsbibliothek zu Berlin ließ sich zu Petsch nichts ermitteln.
\18\ Hauptbuch II, S. 174. Bd. 1 der „Erzählungen“ mit den Bogen A-Y hat 20 Bogen mit je 16 Seiten. Bogen X besteht aus 14 und Bogen Y aus 8 Seiten (freundliche Mitteilung von Helmut Sembdner vom 6. Januar 1994).
\19\ H. v. Kleist: Sämtliche Werke, 2. Bd., S. 835 (Kleist an Reimer. Mai 1810).
\20\ Sachs: Allgemeiner Straßen- und Wohnungsanzeiger, S. 88
\21\ Potthast: Geschichte, S. 41. Nach Mitteilung der Haude & Spenerschen Verlagsbuchhandlung Berlin ist das Verlagsarchiv 1945 durch Kriegseinwirkungen verbrannt.
\22\ Peter P. Rohrlach (Berliner Stadtbibliothek), ein Kenner der Berliner Buchdruckergeschichte, konnte keine relevanten Archivalien aus der Zeit um 1810 benennen. Nach Mitteilung der Abteilung Merseburg des Geheimen Staatsarchivs Preußischer Kulturbesitz vom 16. März 1993 wurden u. a. die Bestände Rep. 120 Ministerium für Handel und Gewerbe und 2. 2. 1. Geheimes Zivilkabinett ergebnislos durchsucht. Lediglich im Bestand Rep. 77 Innenministerium fand sich eine Akte über Buchdrucker in der Provinz Brandenburg (1809-1868), die u. a. eine Eingabe der Berliner Buchdrucker bezüglich der Erteilung weiterer Buchdruckerlizenzen enthält. Die Akten zu Buchdruckern im Landesarchiv Berlin beginnen erst mit dem Jahr 1838. Schließlich sei noch erwähnt, daß die Innung für das Druckhandwerk Berlin keine historischen Materialien besitzt.
\23\ Hauptbuch II, S. 84

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Letzte Aktualisierung 22-Jan-2003
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