Hermann
F. Weiss, Neuentdeckte Phöbus-Spuren, in: ZfdPh 108
(1989), 162-179; darin: 178
Siegfried August Mahlmann an Karl August Böttiger, Leipzig, 4. 4. 1809
[
] Ich sage Ihnen herzlichen Dank, mein Freund, für Ihre Beyträge. Schon
befürchtete ich Sie hätten mich ganz vergeßen da ich in zwey Monaten keine Zeile von
Ihnen erhielt. Sie schreiben mir nichts von Ramdohrs Krieg
gegen die dortigen Künstler. Ich habe viel Schreibens darüber gehabt. So erbittert die
Künstler sind, so zweifle ich doch keinen Augenblick an Rs guter Absicht.\95\ Ja vielleicht verleitete ihn eben diese mehr über das Bild zu sagen
als davon zu sagen war, und seine Farben so stark aufzutragen. Ich kann nicht[s] davon
mittheilen, da ich das Bild nicht sah; aber ich schätze Ramdohrs Kenntniße und
Charakter. Seine Kunst-Ansichten mögen oft zu prosaisch seyn, aber diese Prosa scheint
mir jetzt, wo eine Hyper-Poesie in allen Künsten rast, ein heilsam niedergeschlagenes
Pulver zu seyn. Hartmanns Aufsatz ist mit bösen [sic] aber geistvollen Muthwillen
geschrieben. Desto weniger gefällt mir der Anfang. Ich möchte den Schriftsteller sehen,
dem man nicht tausend Modesprüche aufbürden könnte, wenn man einzelne Stellen seiner
Schriften aus dem Zusammenhang gerißen, neben einander stellt. Wie bey Zahlen bestimmt
die Stellung der Perioden ihren Nennwerth. [
]
\95\ Kügelgen z. B. hatte Ramdohr in seinen
Briefen an Mahlmann vom 21. II. und 1. III. 1809 Böswilligkeit unterstellt
(Funde S. 150f.).
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