Hermann
F. Weiss, Neue Funde zu Heinrich von Kleists Freundes- und Bekanntenkreis um 1809, in:
Jb. des Wiener Goethe-Vereins 96 (1992) [1994], 181f.
Joseph v. Buol-Mühlingen an Friedrich v. Miltitz, Teplitz,
29. 4. 1809
Buol verfaßte den ersten der hier zu erörternden Briefe kurz nach seiner Ausweisung aus
Dresden durch die sächsische Regierung (26. April 1809)\17\ am 29. April 1809 in Teplitz, also in der Nähe der
österreichisch-sächsischen Grenze. Gleich zu Beginn heißt es:
Ihrer Freundschaft und meines
Versprechens eingedenk, sende ich Ihnen unverhehlt und unbefangen die Berichte unserer
Siege und unserer Unfälle. Vielleicht kennen Sie jene gar nicht oder nur zur Hälfte
durch das Vergrößerungsglas unserer Feinde. [
] Von politischen Nachrichten werde
ich laut unserer Abrede für immer schweigen.
Ohne nähere Erläuterung dankt er Miltitz dafür, daß dieser seine
Freundschaft noch in den lezten Augenbliken durch Hilfeleistungen
bewährt habe. Dann fährt er fort:
Meine
Ankunft allhier erfolgte am 26 Abends, ohne irgend einen Unfall oder Hinderniß. Mein
Aufenthalt selbst gehört zu den langweiligsten meines <182:> Lebens. [Absatz] Von
unserm Freunde Pfuel\18\ habe ich nichts
gehört. Grüßen Sie Kleist und alle meine übrigen Freunde in meinem Nahmen. \19\
Hiermit ist erstmals sicher belegt, daß Kleist mit Miltitz gut bekannt war und gerade
während der ereignisvollen Tage vor seiner Abreise aus der sächsischen Hauptstadt
(29. April 1809) mit ihm in Verbindung stand.\20\
\17\ Verf.: Zu Heinrich von Kleists letzten
Wochen in Dresden, in: Archiv für das Studium der neueren Sprachen und Literaturen
134 (1982), 37ff.
\18\ Kleists Freund Ernst von Pfuel gehörte
1809 der von Nordböhmen aus operierenden Fränkischen Legion an. Am 7. Dezember 1809
teilt Buol Miltitz mit: Pfuel, der Sie gräßt, ist wieder frey und los gesprochen
[
] (Staatsarchiv Dresden, Siebeneichen Nr. 69). Pfuel hatte sich im
August 1809 an einer Verschwörung von Offizieren der Legion beteiligt, die einen Ausbruch
nach Norddeutschland zum Ziel hatte, und wurde infolgedessen von österreichischen
Behörden verhaftet; vgl. Ernst Ernstberger: Die deutschen Freikorps 1809 in Böhmen, Prag
1942, 333ff.
\19\ Staatsarchiv Dresden, Siebeneichen
Nr. 69. Im Seifersdorfer Archiv (vgl. Anm. 1) befinden sich keine Briefe
Pfuels an Karl F. M. v. Brühl (frdl. Mitteilung der Sächsischen
Landesbibliothek Dresden vom 5. Juli 1985).
\20\ Schon A. Peters, der Zugang zum
Archiv auf Siebeneichen hatte, erwähnt Pfuel, Kleist, Carlowitz unter den
Freunden von Miltitz, die gegen Napoleon wirkten (Anm. 13, 20). Allerdings belegt er
diese Behauptung nicht.
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