Albrecht
Weber (Hrsg.), Briefe der Familie Körner (1804-1815), in:
Deutsche Rundschau 4 (1878), H. 9 (Juni), 461-479; darin: 472f.
Emma Körner an Friedrich Benedikt Weber, Dresden, 24. 7. 1808
den 24. July 1808.
- Tausend Dank lieber Cousin für die gesendeten Bücher sie haben
uns allen viel Freude gemacht. Eugène de Rothelin ist in einen einfachen sehr
hübschen Styl <473:> geschrieben und ganz der Verfasserin von Adèle de
Senanges würdig; die Novellen der Genlis habe ich mit vielen Vergnügen
gelesen, besonders aber gefällt mir les amans sans amour. Der zweite Theil von le
Siège de la Rochelle hat mir besser wie der erste gefallen, das sujet des
Romans hat viel widriges aber die Sprache darin hat gewiß sehr viel Gutes was besonders
in den zweiten Theil der Fall ist. Ich werde von Ihrer Güte Gebrauch machen, die Bücher
noch einige Zeit zu behalten und sie Ihnen dann unversehrt zurücksenden, wenn ich die
Fichtschen Reden erhalten habe, auf welche ich sehr begierig bin, da sie mir von
allen Seiten so sehr gelobt werden. Oehlenschläger hat sehr viel an seinen Aladdin
verändert, es ist aber nicht alles zum Vortheil des Stücks ausgefallen, manche Scenen
sind dadurch etwas lang geworden, viele aber auch wieder sehr zart durch die neuen
Veränderungen. Herr von Pfuel hat es übernommen, ihn uns vorzulesen, was uns sehr viel
Vergnügen gewährt.
Meine Aeltern und ich sind
jetzt ganz einsam, die Tante ist in Carlsbad und Julie ist vorige Woche nach Weißenfels
zu ihrer Großmutter gereist. Unser kleiner Kreis nimmt immer mehr ab, Schönbergs
Verlust hat uns schon sehr leid gethan und Juliens jetzige Reise ist das Vorspiel zu einer
noch weit größern Trennung. Julie heyrathet, und es thut uns
unendlich weh, sie verliehren zu müssen. Sie werden sich vielleicht erinnern einen Herrn
von Einsiedel bey Blümner gesehen zu haben, er besitzt Gnandstein in der Nachbarschaft
von Blümnern und ist mit letztern sehr bekannt. Dieser Einsiedel wird so glücklich seyn,
meine geliebte Schwester zu besitzen, und o möchte er immer ihren Werth in seinen ganzen
Umfang schätzen, und sie so glücklich machen, als sie es verdient. Ich kenne Herrn von
Einsiedel noch sehr wenig und kann blos Wünsche für meiner theuren Freundin Wohl haben,
die der Himmel in Erfüllung bringen möge.
Man spricht davon, daß der
Krieg zwischen Frankreich und Östreich gewiß ist, die Zukunft ist sehr schwarz und man
muß noch die Gegenwart mitnehmen, die frohen Stunden nicht unbenutzt lassen, und dann in
Ruhe erwarten, was das furchtbare Schicksal wieder über uns verhängt
hat.
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