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Ludwig Tieck an Georg Andreas Reimer in Berlin, Ziebingen, 13. 3. 1818 (GSA 96/2977)

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Ziebingen, den 13tn Märtz. 18.

Mein theurer Freund! – ich hätte Ihnen längst Nachricht von mir geben sollen, u. hätte es auch gethan, so wie Sie auch schon die Vorrede zum Kleist u. den Phantasus erhalten hätten, wenn ich nicht wieder schon seit länger als einem Monat sehr an der Gicht litte, nicht bettlägrig u. gefährlich, aber doch so, daß ich mediziniren muß, u. gehindert bin, die angefangenen Sachen zu vollenden, weil das Uebel sich meist auf den Kopf wirft, und nur die unerträglichsten Schmertzen u. Schwindel verursacht. Ich fürchte, wir müssen uns den Kleist u die andern Werke bis nach Ostern lassen; antworten Sie mir doch hierauf, oder ob Sie den Kleist, zwar schwerlich zur Messe, aber doch noch im Sommer drucken wollen. Sie haben mir auch noch nichts wegen des Cumberland, des Waverley, u der Tales of my Landlord geantwortet: der Waverley besonders ist ein in seiner Art herrliches Buch, das, wenn es noch nicht übersezt <26:> ist, gewiß viele Leser auch im Deutschen haben muß, England hat wenigstens seit vielen Jahren ein so originelles Werk nicht gesehn, das, wenn es auch im strengsten Sinne kein Kunstwerk zu nennen ist, doch die Vorzüge einer trefflichen Composition hat, in welcher der Maler unvergleichliche Porträts anbringt. Aus den beiden Theilen des Engl. Cumberland wäre im Deutschen ein mässiger Band zu machen, da der Uebersetzer vieles abkürtzen müste: – auch Wav. würde aus 3 Th. nur

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in zwei mässige zusammengehn; die 4 Th. der Tales würden auch nur 2 etwas stärkere werden, da das Original ziemlich weitläufig gedruckt ist.
Sind Sie von der Güte gewesen, meine Briefe nach England zu besorgen? Ich erwarte mit Ungeduld neue Abschriften von dort; nach meinen Arbeiten muß in Engl. selbst eine neue Ansicht u Kritik ihrer alten Literatur entstehn, u an Ort u Stelle würde ich freilich noch gantz andere Dinge entdecken u. verificiren, als mir in dieser kurtzen Zeit möglich geworden ist. Wenn ich mich nur erst wieder gantz wohl fühlte! Das wird aber wohl wieder erst mit dem besseren Wetter der Fall sein.
Vergeben Sie mir nur noch eine Bitte an Ihre liebe Frau: ich wünschte wohl 2 Strohhüthe, von den grossen, sogenannten italiänischen, zum 24tn dieses Monats zu haben, der eine mit einem grössern Kopf soll für die Mutter, der 2te, mit Kleinerem, für meine älteste Tochter, deren Geburtstag dann ist; die Hüthe gantz ohne allen Band u Aufputz, wie man sie vor einigen Jahren trug, das St. etwa von 5, 6, oder 7 Thalern, ich kenne die Preise nicht: ich bitte aber recht sehr, sie mir zu jenem Tage zu verschaffen (vielleicht kostet d. St. auch 8 Thaler) u vergeben Sie mir die Beschwerde, die ich Ihnen so oft mache. Behalten Sie mir Ihre Freundschaft u ich bleibe

D. ihrige
L. Tieck.

D: Peter Staengle, Übersehene Kleist-Bezüge, in: BKB 13 (2000), 13-27; darin: 25f.

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