Peter Staengle, Übersehene Kleist-Bezüge, in: BKB 13
(2000), 13-27; darin: 15-17
Rühle von Lilienstern an Karl Bertuch in Weimar, Dresden,
11. 1. 1808 (GSA 06/5554)
<1r>
Werthester
Freund!
Der Wechsel
des Jahres, und die gewöhnlich damit verknüpfte Anhäufung
der Geschäfte beruhigt mich über Ihr Stillschweigen. Wie geht
es Ihnen, wie in Ihrer Familie, wie mit Ihren gemeinnützigen
Anstalten und Unternehmungen? Zu meiner großen
Freude habe ich in den öffentlichen Blättern die Nachricht
angetroffen, daß Halle gehalten und gehoben werden soll, und
wünsche nur, daß es noch mit Ihren bereits getroffenen Verfügungen
nicht so weit gediehen sein mag, daß diese Nachricht für Sie
und Frohriep zu spät komt. Mit dem Hauptman Schellig
habe ich verschiedentlich wegen Ihrer Charte gesprochen. Ich
soll Ihnen von seines wegen sagen: daß es wegen neuerdings
geschärfter Befehle mit einigen Schwierigkeiten verknüpft
sei, Materialien zu erhalten und mitzutheilen, daß er indeßen
sehr wahrscheinliche Hoffnung habe, Ihnen sowohl einen tüchtigen
Revisor
<1v>
zuzuweisen, als auch aus Privatsamlungen Ihnen manche gute
Data über die Niederlausitz etc zu verschaffen. Auf manchen
Ämtern soll man sehr gute Spezialcharten einzelner Distrikte
haben. Ich wünschte, daß Sie mir auf einem abgesonderten
Blättchen zur Notiz für Schellig ausführlich noch einmal alle
diejenigen Punkte angäben, die in diesen Gegenstand einschlagen.
Man erwartet Aster in kurzer <16:> Zeit, und ich werde
auch dort für Sie zu wirken suchen, wenn Sie nicht
bereits selbst mit ihm in Verbindung getreten sind.
Beikommend erfolgt endlich die so lange versprochene
Rezension der Schienertschen Situations zeichnung.
Die 2te Lieferung Ihrer vortrefflichen Charte habe ich durch
die Arnoldsche Buchhandlung erhalten. Haben Sie
die Lichtstrahlen schon gelesen? Göthe hat Müller
geantwortet, und versprochen, sobald es Zeit und Gesundheit
erlauben, Beiträge
<2r>
zum Phöbus zu geben. Sie können uns sehr verbinden,
wenn Sie ihm von Seiten Müllers und Kleists und meiner
darüber etwas Schmeichelhaftes sagen wollen. Wie
mag es denn zugehen, daß er an Seckendorf noch nichts
für den Prometheus geschickt hat? Zugleich schreibt
er daß die Rollen für den zerbrochnen Krug ausgetheilt seien.
Schreiben Sie mir doch (aber ganz aufrichtig) wie dieses Stück,
so auch wie das Trauerspiel: Schnitger und Jastram aufgenommen
worden. Können Sie nicht auf irgend eine Weise
den Phöbus unter die Protektion des Primas bringen. Darf man
ihm vielleicht ein Exemplar überreichen? Noch
habe ich eine kleine Bitte an sie, um [di]eine genaue
Angabe über den Lauf und die Beschaffenheit der sogenanten
Weinstraße.
<2v>
Verzeihen Sie meine Unbescheiden <17:> heit und Unerschöpflichkeit
im Fragen, und erfreuen Sie recht bald durch eine Antwort
- Ihren
- Dresden
d. 11tn
[F] Jan 1808.
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herzlich
ergebnen Freund
vRühle
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