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[ DOKUMENTE UND ZEUGNISSE ]

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Peter Staengle, Schlotheim an Rühle, April 1807, in: BKB 7 (1994), 43-45; darin: 43

Hartmann v. Schlotheim an Otto August Rühle v. Lilienstern, April 1807

<1r>

Lieber Rühle

Es giebt nichts dringendres zu thun als das gewonnene Geld in einen Wechsel umgesetzt nach Frankfurth am Main zu schicken und es dort in einen anderen zu verwandeln (durch die Gebrüder Bethman oder Frese) der in Neuf Chatell oderoder Nancÿ zahlbar ist. Der Brief der unter der Addresse von Kleist den Wechsel enthält muß dann in folgende Addresse an den Commendanten eingeschloßen sein.
A
Monsieur monsieur le Commandant de la place de Joux
à
Joux
dans le Departement
du Doubs.
Leb wohl lieber Freund für jetzt fehlt habe ich Dir nichts
<1v>
Zeit mehr zu schreiben, als daß wenn Du jenes Geld etwa noch nicht hast mir schnell davon Nachricht zu geben.

Dann wird Ulrike Rath schaffen aber Heinrich braucht es nicht zu wissen

H: BJK (Sammlung Autographa, s. v. Schlotheim): 2 S. quer-gr.-8°; mit Bibliotheksstempeln: Meusebach (1r, oben links; darunter handschriftlicher Eintrag: v. Schlotheim); Bibl. Reg. | Berol. (rechteckig gerahmt; 1v, Seitenmitte unter dem Nachsatz)
Lieber Rühle] Zum Zeitpunkt dieses Schreibens bestand keine direkte Briefverbindung zwischen Kleist und Rühle (vgl. Z. 7). Der erste überlieferte Kleist-Brief, der aus der Gefangenschaft an Rühle gerichtet war, datiert vom 13. 7. 1807. Daß den beiden darin erwähnten Schreiben noch weitere vorausgegangen sind, ist nicht auszuschließen; da Kleist im Brief an seine Schwester Ulrike (Châlons, 8. 6. 1807) jedoch andeutet, er habe seine Information über Rühles Abschluß mit dem Verleger Arnold („Rühle hat ein Manuskript […] für 24 Louisd’or verkaufen müssen“) nicht aus Dresden direkt, sondern durch Schlotheim erhalten („der Wechsel […], den du mir durch Schlotheim überschickt hast “), so läßt sich vermuten, daß die Korrespondenz zwischen Kleist und Rühle erst mit den beiden erwähnten Schreiben von Mitte/Ende Juni 1807 wieder aufgenommen worden ist.
nichts dringendres] Schlotheim, wahrscheinlich frühzeitig über Kleists Mittellosigkeit unterrichtet („Man fieng damit an, meinen beiden Reisegefährten alles Geld abzunehmen […]; mir konnte man keins abnehmen, denn ich hatte nichts“ [Kleist an Ulrike von Kleist, Châlons, 23. 4. 1807]), fungierte während der Inhaftierung seines Freundes offenbar als dessen Sachwalter, dem es – neben Marie von Kleist – oblag, Wünsche des Internierten entgegenzunehmen und an Nahestehende weiterzuleiten; cf. Kleists Brief an Rühle (Châlons, 15. 7. 1807): „Solltest du […] von Schlotheim und der Kleisten Aufträge erhalten […].“, und an Ulrike von Kleist (Châlons, 23. 4. 1807): „Wenn du meinen Brief von ohngefähr dem 8t oder 10t Febr. erhalten hast […]. Ich setze voraus, daß dir dieser Brief richtig durch Schlotheim zugekommen ist […].“.
das gewonnene Geld] Honorar für den „Amphitryon“; zu Rühles Rolle im Zusammenhang mit der Druckgeschichte des Lustspiels cf. BKA I/4, 143-145. – Schlotheims Brief reagierte auf die Nachricht, Rühle habe mit Arnold abgeschlossen, und rechnete – wohl irrtümlicherweise (cf. etwa Kleist an Rühle, Châlons, 13. 7. 1807) – damit oder hoffte zumindest darauf (vgl. Z. 18), daß das Honorar unmittelbar bei Vertragsschluß ausbezahlt worden war bzw. in Kürze bezahlt werden würde.
Wechsel] Kleist hat den Wechsel für das „Amphitryon“-Honorar offenbar erst bei seiner Rückkehr nach Berlin erhalten; cf. Kleist an Rühle, Berlin, 14. 8. 1807.
Addresse] Cf. Kleist an Christoph Martin Wieland, Fort de Joux, 10. 3. 1807: „Ihr Brief geht am Sichersten, adressirt an Commendant du Château de Joux (Doubs) Ms. v. Bureau.“.
vSchlotheim] Über Hartmann von Schlotheim (1772-1810) und sein Verhältnis zu Kleist ist nur wenig bekannt; Pionierarbeit geleistet haben Sigismund Rahmer (Heinrich von Kleist als Mensch und Dichter [Berlin 1909], bes. 19-24, 94, 103, 361, und Aus dem Leben Heinrichs von Kleist, in: Sonntags-Beilage Nr. 20 zur National-Zeitung, 15. 5. 1904) und Paul Hoffmann (Heinrich von Kleist und Wilhelm Reuter. Zur Feier des einhundertfünfzigsten Geburtstages des Dichters [Berlin 1927] und Zu Heinrich von Kleists Reise ins Riesengebirge, in: Das literarische Echo 18 [1915], H. 1, 61-63).
Ulrike Rath schaffen] Da Rühle noch nicht über das „Amphitryon“-Honorar verfügen konnte, mußte Ulrike von Kleist helfend einspringen; vgl. Kleist an Ulrike von Kleist (Châlons, 8. 6. 1807): „Wie willkommen ist mir der Wechsel gewesen, den du mir durch Schlotheim überschickt hast.“; die im selben Brief gegebene Erklärung, Kleist habe fast vier Wochen mit einem Brief an seine Schwester gewartet, um sie „nicht zu neuen, allzufrühzeitigen Vorstellungen zu verleiten“, deutet daraufhin, daß ihn der besagte Wechsel um den 15. Mai erreicht hat.
Heinrich braucht es nicht zu wissen] Kleists Verhalten in Königsberg hatte zu einem schweren Zerwürfnis mit seiner Schwester geführt, das Kleist im nachhinein äußerst peinlich war (cf. Kleist an Ulrike von Kleist, Châlons, 14. 7. 1807); vgl. auch Kleist an Rühle (Châlons, 13. 7. 1807): „aber wenigstens meiner Schwester Ulrike davon Nachricht geben, so höchst unangenehm mir auch dieser Schritt wäre.“

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Letzte Aktualisierung 04-Feb-2003
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