Helmut Sembdner, Neues
zu Kleist, in: JDSG 7 (1963), 371-382; darin: 380f.
Carl Wilhelm Reinhold an Carl Müchler, Hamburg, 3. 1. 1811
Hamburg den 3t Jan.
1811.
P. P.
Ich fühle mich sehr geehrt
durch Ihre gütige Erlaubniß, Sie, mit Hinweglaßung aller Titulatur, als sehr verehrten
Freund begrüßen zu dürfen.
Hr. von Kleist, hat
sich wie es scheint, an meiner Erklärung genügen laßen. Jetzt hat auch
Hr. Professor Schütz in Halle mich aufgefordert ihm den Einsender des, wie er
sich auszudrücken beliebte, lügenhaften Aufsatzes aus Stettin über seine Frau zu
nennen. Ich habe ihm geantwortet, daß die Ausfindung seine Sache sey, und daß ich nicht
eher Beruf fühlte die Anonymität meiner Freunde zu verletzen, als bis es mir erwiesen
sey in meinem Zutrauen zu denselben mich getäuscht zu haben. Sie sehen daraus, verehrter
Freund, wie wenig meine Korrespondenten befürchten dürfen durch mich compromittirt zu
werden.
Übrigens thut es mir leid
Ihnen sagen zu müßen, daß das Archiv in diesem Jahre nicht fortgesetzt wird.
Mißstände, deren briefliche Mittheilung nicht sehr bequem ist, haben diesen
Entschluß bey mir veranlaßt. Jetzt aber will ich Sie mit einer Sache bekannt machen,
für deren strengste Geheimhaltung ich Ihr Ehrenwort entgegen nehme. Es
kömt von künftiger Woche an hier ein Abendblatt heraus, an dem ich großen
Antheil habe und deßen Ankündigung, die ich Ihnen hier beylege, schon sehr viel
Aufmerksamkeit erregt hat. Von Ihrer Freundschaft erwarte ich nun auch für dieses Blatt
Ihre mir so erwünschte Unterstützung. Gedeiht das Unternehmen, so haben Sie wahrlich an
ein würdiges Honorar mich nicht erst mahnen dürfen. Ich habe gestern Ihre letzte
Einsendung erhalten, wofür ich meinen besten Dank darbringe. Sehr hätte ich gewünscht,
von dem Tumult im Theater früher unterrichtet worden zu seyn.
Sie werden mir nach dem
Gesagten doch erlauben, von Ihren neuesten Einsendungen für das Abendblatt Gebrauch zu
machen? Freylich kann ich die <381:> Miscellen jetzt [nicht] im Zusammenhange geben,
sondern unter verschiedenen Rubriken; sonst ist es um das Incognito geschehen.
Aus der angeschloßenen
Annonce ersehen Sie den Plan des Abendblattes zur Genüge. Nochmals lade ich Sie denn
freundschaftlichst zur Theilnahme ein und nochmals bitte ich Sie um die strengste
Verschwiegenheit, selbst gegen ihre besten Freunde.
Mit wahrem Bedauern habe ich
die Nachricht von Ihrer Unpäßlichkeit gelesen. Meine besten Wünsche für ihre baldige
Herstellung. Möge das Jahr 1811 literarisch und bürgerlich gesegnet seyn und
Ihnen wie allen Guten ein Jahr des Friedens und des Heils seyn. Von Herzen
Ihr freundschaftl. ergebenster
C Reinhold
Verzeihen Sie die
unordentliche Zusammenstellung dieses Schreibens, das in der größten Eile expedirt
werden mußte.
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